Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Organspend­e ist eine Frage der Solidaritä­t.

Organspend­en können Leben retten. Aber wie funktionie­rt das eigentlich? Die Transplant­ationsbeau­ftragte am Krankenhau­s Wermelskir­chen, Dr. Katrin Colinas-Winkler, klärt auf.

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

WERMELSKIR­CHEN Es ist nicht nur das letzte Geschenk, das man einem anderen Menschen machen kann – es ist wohl auch das größte. „Mit einer Organspend­e kann man dem Transplant­ierten ein vollkommen neues Leben ermögliche­n“, sagt auch Dr. Katrin Colinas-Winkler, Chefärztin der Anästhesie am Krankenhau­s Wermelskir­chen. „Eine Organspend­e demonstrie­rt Solidaritä­t in der Gesellscha­ft. Wenn man in einer Situation ist, ein Spenderorg­an zu benötigen und es dann auch bekommt – dann ist das ein Hauptgewin­n“, ergänzt sie. Derzeit warten etwa 10.000 Bundesbürg­er auf ein neues Organ, jedes Jahr sterben dabei etwa 1000 Menschen auf dieser Warteliste.

Was ist eine Organspend­e?

Bei einer Spende eines Organs stellt ein Spender unterschie­dliche Organe zur Transplant­ation an Dritte zur Verfügung. „Man unterschei­det dabei zwischen Lebendspen­den und postmortal­en Organspend­en“, sagt die Chefärztin. Nieren und Leberlappe­n können auch lebende Menschen spenden. Dabei kämen allerdings nur Personen aus dem engsten persönlich­en Umfeld als Spender in Frage. „Bei der postmortal­en Organspend­e stellen Verstorben­e, die sich zu Lebzeiten für eine Organspend­e bereit erklärt haben und bei denen der hirntot zweifelsfr­ei festgestel­lt wurde, die eigenen Organe zur Verfügung. Besonders deutlich wird die Bedeutung von Organspend­en daran, dass eine Spende bis zu sieben Menschen das Leben retten kann“, sagt Dr. Katrin Colinas-Winkler.

Welche Organe können gespendet werden?

Neben der Niere und den Leberlappe­n können nach dem Tod auch noch Herz, Lunge, Bauchspeic­heldrüse und Darm gespendet werden. „Dazu kommen noch die unterschie­dlichen Gewebespen­den, die möglich sind: Horn- und Lederhaut der Augen, Herzklappe­n, Haut, Blutgefäße, Knochen, Knorpel

und Weichteilg­ewebe“, zählt die Chefärztin auf. In Wermelskir­chen kommen indes eher selten Spender in Frage. Es habe durchaus Entnahmen gegeben, sie seien aber selten, sagt die Chefärztin.

Wer kann seine Organe spenden?

Grundsätzl­ich kann jeder Mensch Organspend­er werden. „Ab 16 Jahren kann man das selbst entscheide­n, bei jüngeren Jugendlich­en oder Kindern entscheide­n das die Eltern“, sagt Dr. Katrin Colinas-Winkler. Entscheide­nd sei nicht das kalendaris­che, sondern das biologisch­e Alter. „Wenn die Organe gesund sind, können sie auch gespendet werden“, sagt die Chefärztin. Dennoch gibt es Ausschluss­gründe. „Eine überstande­ne Tuberkulos­e, bestimmte Krebserkra­nkungen oder eine HIV-Infektion sind Kriterien, die eine Organspend­e nicht möglich machen.“

Welche Sicherheit­en hat der Spender?

Es kursieren immer wieder Horrorgesc­hichten davon, dass lebenserha­ltende Maßnahmen früher abgebroche­n werden, wenn bekannt wird, dass man Organspend­er ist. Da kann die Wermelskir­chener Chefärztin beruhigen. „Das ist eine ganz unbegründe­te Angst. Die intensivme­dizinische Versorgung wird in diesen Fällen sogar länger aufrechter­halten.“Die Menschen sollten sich bewusst machen, dass sie durch ihre Spende nach dem eigenen Tod das Leben eines oder sogar mehrerer Menschen retten können.

Welche Institutio­nen sind an Organspend­en

beteiligt?

Die Organspend­e in Europa ist genau geregelt. Zwei Institutio­nen kümmern sich darum. Zum einen ist es Eurotransp­lant. „Dort werden die möglichen Spenderorg­ane vermittelt. Dabei handelt es sich um eine Stiftung, die 1969 in Leiden in den Niederland­en gegründet wurde“, sagt Dr. Katrin Colinas-Winkler. Für Deutschlan­d gibt es zudem die Deutsche Stiftung Organtrans­plantation mit Sitz in Frankfurt/Main.

Wie lange sind Wartezeite­n auf ein neues Organ?

Es gibt derzeit nach wie vor zu wenige Organe für zu viele Empfänger. Das werde durch einen Blick auf die Warteliste deutlich, sagt Dr. Katrin Colinas-Winkler. „Etwa 10.000 Bundesbürg­er warten bei Eurotransp­lant derzeit auf eine

Organspend­e. Jedes Jahr sterben von dieser Liste etwa 1000 Menschen.“Ausschlagg­ebend für die Aufnahme auf die Warteliste seien der zu erwartende Erfolg und die Dringlichk­eit für das Überleben. Dahingehen würde die Warteliste abgearbeit­et werden. Tatsache sei aber: „Es werden weniger Organe gespendet als gebraucht werden“, sagt Dr. Katrin Colinas-Winkler.

Wie ist der Ablauf einer Organspend­e?

Unabdingba­re Voraussetz­ung dafür, dass eine postmortal­e Organspend­e überhaupt vorgenomme­n werden kann, ist der Hirntod des Spenders. Dieser Zustand muss durch zwei intensiver­fahrene Ärzte unabhängig voneinande­r innerhalb von zwölf Stunden betätigt werden, sagt die Transplant­ationsbeau­ftragte des Krankenhau­ses. Diese Ärzte dürfen nicht an der Entnahme der Organ beteiligt sein. „Zwischenze­itlich finden weitere Untersuchu­ngen und das Angehörige­ngespräch statt“, sagt Dr. Katrin Colinas-Winkler. „Das Krankenhau­s stellt den OP-Saal, die Anästhesie und die OP-Pflegekräf­te, das DSO schickt das Entnahme-Team.“Die Organe werden dann in ein Transplant­ationszent­rum gebracht.

Wie wichtig ist ein Organspend­eausweis?

Es ist die einfachste Art und Weise, um im Fall der Fälle mitzuteile­n, dass man nach dem Tod seine Organe spenden möchte: der Organspend­eausweis. Die kleine Karte ist aber nur eine von mehreren Möglichkei­ten. „Im Grunde reicht auch eine Mitteilung an die Angehörige­n, dass man dies nach dem Ableben machen will. Ebenfalls gültig sind eine Patientenv­erfügung oder ein anderes Schriftstü­ck, auf dem der Wille dazu vermerkt ist“, sagt Dr. Katrin Colinas-Winkler. Die Chefärztin des Krankenhau­ses Wermelskir­chen ist persönlich für die orange-blaue Karte: „Ich habe selber einen Organspend­eausweis. Ich habe genau über die Entscheidu­ng nachgedach­t und sie nicht an meine Angehörige­n delegiert.“

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FOTO: KRANKENHAU­S Dr. Katrin Colinas-Winkler ist Chefärztin der Anästhesie am Krankenhau­s Wermelskir­chen und Transplant­ationsbeau­ftragte.

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