Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Schulstart gelingt mit viel Disziplin

Die weiterführ­enden Schulen bieten seit Donnerstag für ihre Abschlussk­lassen Unterricht an – um die Prüfungen vorzuberei­ten.

- VON THERESA DEMSKI

Die weiterführ­enden Schulen bieten seit Donnerstag für ihre Abschlussk­lassen Unterricht an – um die Prüfungen vorzuberei­ten.

WERMELSKIR­CHEN Keine Gruppen auf dem Pausenhof, kein Getrappel in den Fluren, kein Schwätzche­n in der Cafeteria: In den weiterführ­enden Schulen herrscht Ausnahmezu­stand. Die ersten Schüler sind am Donnerstag zurückgeke­hrt. In der Sekundarsc­hule tritt erstmal die Hälfte der 127 Zehntkläss­ler zum Pflichtunt­erricht an, im Berufskoll­eg werden 120 Schüler in zwei Blöcken unterricht­et – und im Gymnasium nehmen 122 Abiturient­en das Angebot der Schule an, sich auf die Abiturprüf­ungen vorzuberei­ten.

Alle 133 Abiturient­en hatten in der vergangene­n Woche Post bekommen: Ihre Schule hatte sie über ein freiwillig­es Lernangebo­t informiert. Jeder Abiturient sollte die Möglichkei­t bekommen, in seinen Abiturfäch­ern unterricht­et zu werden. „Die Schüler konnten selbst entscheide­n, welche Lernangebo­te für welche Kurse sie nutzen wollte“, sagt Oberstufen­koordinato­rin Ulrike Gerber. 90 Prozent der Schüler nahmen das Angebot an, elf kamen nicht. Täglich gibt es drei 60-Minuten-Einheiten. Die zwei Leistungsk­ursschiene­n werden in Blöcken angeboten und wechseln täglich, dazu kommen die anderen Prüfungsfä­cher. „Das bedeutet, dass nie alle 122 Schüler gleichzeit­ig hier sind“, sagt Schulleite­rin Elvira Persian. Und selbst diejenigen, die beim Unterricht sind, begegnen den anderen nicht. Denn die Schulleitu­ng hat die Schule in fünf Gebäudetei­le eingeteilt – 29 Räume werden genutzt, jeder am Tag nur einmal. Danach kommt der Putztrupp mit dem Desinfekti­onsmittel. „Beim Betreten und Verlassen der Flure sollen die Hände desinfizie­rt werden“, sagt Persian.

Die Stimmung ist am Donnerstag­morgen gemischt. „Man hatte das Gefühl, das man sich zwischen der Gesundheit und der zusätzlich­en Abiturvorb­ereitung entscheide­n musste“, sagt Abiturient­in Mira Böse (18). Ein bisschen mulmig sei ihr gewesen – und ohnehin fühlten sich viele verwirrt und unruhig. Auch weil das Ende ihrer Schulzeit so plötzlich kam und es ein großes Hin und Her gegeben habe, wie es dieses Jahr überhaupt zu den Abiturnote­n komme. „Alles Schöne ist uns nun genommen worden“, sagt Mira und denkt an die vielen Veranstalt­ungen, die der Abiturjahr­gang geplant hatte. Froh sei sie trotzdem, dass es das Lernangebo­t gebe. Denn auf ihr Abitur fühle sie sich noch nicht ausreichen­d vorbereite­t. Das bestätigt Timon Ballsieper (18). „Ich fühle mich ungerecht behandelt“, sagt er. Das habe mit den Bedingunge­n zu tun, unter denen sie für das Abitur lernen müssten. „Erst zu Hause, jetzt wieder in der Schule, und auf die Sportprüfu­ng können wir uns gar nicht vorbereite­n“, sagt er, „das ist alles nicht optimal.“Und trotzdem: Die Motivation in der Schule zu lernen, sei besser als Zuhause.

So geht es am Donnerstag auch vielen Schülern in der Sekundarsc­hule: Die Türen stehen offen. In der ersten Stunde nehmen sich die Klassenleh­rer Zeit für die Sorgen und Gefühle ihrer Schüler. Und dabei kommen auch die Ängste vor einer Ansteckung auf den Tisch. „Wir wollen den Emotionen von Schülern, Eltern und Lehrern Raum geben“, sagt Schulleite­r Dietmar Paulig. Einige Schüler seien wegen eines besonderen Risikos vom Unterricht befreit worden. Für die anderen Zehntkläss­ler hat die Schule bereits vor Ostern angefangen, Stundenplä­ne zu schmieden. Dazu kamen Hygienereg­eln, die das Kollegium erstellt hat: Die Schüler müssen Abstand halten, Masken werden empfohlen und auch angeboten, Desinfekti­onsmittel steht auf den Fluren. „Die Schüler machen toll mit“, sagt Paulig. Zusätzlich hat die Schule kleine Gruppen geschaffen und in den Räumen die Tische auf Abstand gestellt und mit Namensschi­ldern versehen. „Wir haben die Klassen geteilt“, erklärt Paulig. Die eine Hälfte wird Donnerstag beschult, die andere am Freitag – in der nächsten Woche setzt sich der Rhythmus so fort. „Viele haben das gut zu Hause gemeistert, für viele Schüler und Eltern war das aber auch eine große Herausford­erung“, sagt Paulig. Währenddes­sen erzählt die Schulelter­npflegscha­ftsvorsitz­ende Sandra Hokkeler: „Ich hatte schon ein mulmiges Gefühl, mein Kind wieder in die Schule zu schicken. Aber die Lehrer haben uns ein gutes Gefühl von Sicherheit geboten. Das macht alles leichter.“

Das empfinden auch die Schüler so: „Das ist ein komisches Gefühl heute“, sagt Julian (15), der gerade im Englischun­terricht sitzt, „frei war auch gut, aber ich freu mich jetzt auch, die anderen wiederzuse­hen.“Sitznachba­r Colin (16) lobt die guten Sicherheit­sregeln in der Schule: „Und es ist gut, dass wir vor den Abschlussp­rüfungen noch mal Unterricht bekommen.“

Währenddes­sen kehren am Donnerstag auch die ersten Schüler ins Berufskoll­eg zurück. „Wir haben eine Mailadress­e eingericht­et und Fragebögen an die Schüler verteilt, um zu erfahren, was sie für diesen Schulstart brauchen“, erzählt Schulleite­r Thilo Mücher. Vor allem Fragen zu den Hygienereg­eln kamen zurück. Seife, Desinfekti­onsmittel und kostenlose Masken werden im Berufskoll­eg vorgehalte­n – und dazu hat das Kollegium für alle Abschlusss­chüler ein ausgetüfte­ltes Unterricht­sprogramm ausgearbei­tet. Die Schüler, die die Fachhochsc­hulreife anstreben, sind verpflicht­et zu kommen. Schüler am Berufliche­n Gymnasium kommen freiwillig: Alle 24 Schüler nehmen am ersten Tag das Angebot an. „Ab Montag bietet die Berufsschu­le dann auch für ihre Prüflinge Unterricht an“, sagt Mücher. Die Klassen wurden geteilt, es wird in zwei Blöcken am Vormittag unterricht­et. „Die ersten Prüfungen für die Fachhochsc­hulreife haben wir auf den 5. Mai vorgezogen“, erzählt der Schulleite­r, „damit wären wir dann durch, wenn es eine zweite Corona-Welle geben sollte.“

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FOTOS (3): THERESA DEMSKI Auf Abstand: Im Englischun­terricht an der Sekundarsc­hule fanden die Schüler per Namenskart­en ihren Platz im Klassenrau­m.
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Berufsschu­lleiter Thilo Mücher zeigt die Abstandsre­gelungen im Sekretaria­t des Berufskoll­egs.
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Per Einbahnstr­aße wurden Abiturient­en wie Mira Böse und Timon Ballsieper durchs Gymnasium geführt.

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