Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Unterricht in Mini-Besetzunge­n

Nach fünfeinhal­b Wochen Zwangspaus­e – inklusive Osterferie­n – starteten am Donnerstag wieder die weiterführ­enden Schulen. Aber unter besonderen Umständen.

- VON STEPHAN BÜLLESBACH

Nach fünfeinhal­b Wochen Zwangspaus­e starteten die weiterführ­enden Schulen wieder mit Unterricht – unter besonderen Umständen.

HÜCKESWAGE­N Thorsten Schmalt ist erstaunt und erfreut über seine Schüler, haben sie doch seine Markierung­en auf dem Schulhof und der Zufahrt zur Realschule genutzt. Der kommissari­sche Schulleite­r hatte im Baumarkt Farbe besorgt und damit Abstandsli­nien auf den Asphalt gemalt. Am Donnerstag­morgen standen die Zehntkläss­ler dort brav in der Reihe, bevor sie das Innere betraten. Im Eingangsbe­reich hatte der Hausmeiste­r mit zwei Tischen und einem Spritzschu­tz einen Kontrollbe­reich aufgebaut, an dem sich die Schüler erst einmal registrier­en mussten. Nur für die Schüler der Abschlussk­lassen hat der Unterricht wieder begonnen – in Hückeswage­n sind das neben der Real- und Montanussc­hule das Berufskoll­eg und die Erich-Kästner-Schule.

Überall finden sich in der Realschule Abstandsma­rkierungen, sämtliche Türen sind geöffnet und mit Holzklötze­n gegen das Zufallen verkeilt – alles Sicherheit­smaßnahmen wegen des Coronaviru­s. „Ich bin stolz auf meine Schüler“, versichert Schmalt. Alle seien „total disziplini­ert“gewesen und hielten Abstand zueinander. Doch nur noch maximal ein Jahrgang könne auf diese Weise unterricht­et werden, betont der kommissari­sche Schulleite­r. „Für mehr fehlen uns die Räume und das Personal.“Denn weil einige Kollegen zur Risikogrup­pe zählen, können nicht alle Lehrer an der Realschule eingesetzt werden.

Nadja Händeler (16) hat sich gefreut, die Klassenkam­eraden wiederzuse­hen. Sie hätte zwar für den Abschluss auch zu Hause lernen können, „aber die Erklärunge­n der Lehrer haben mir gefehlt“. Schülerspr­echer Fynn Frie hatte dagegen zu Hause Probleme mit Deutsch und Englisch, „weil es dabei viel um Interpreta­tionen geht und man das nicht so einfach googlen kann“. Wie ihre Mitschüler haben sich beide mit dem Internetpr­ogramm Google Classroom die schulfreie Zeit vertrieben. „Das digitale Lernen funktionie­rt gut“, hat der 16-Jährige festgestel­lt.

Emily Efremov ist froh, dass der Unterricht an der Montanussc­hule wieder begonnen hat. Nicht alle Aufgaben seien alleine zu schaffen gewesen, sagt die 16-Jährige. „Und ich will einen guten Abschluss machen.“Sophie Melasov (15) dagegen wäre lieber zu Hause geblieben, gesteht sie. Dennoch gefällt ihr der Unterricht mit nur der Hälfte der Klasse: „Mit 20 Leuten wäre es lauter, und wir könnten nicht so gut für die Prüfung lernen.“Beide sitzen, wie ihre Mitschüler und die Lehrer, mit Schutzmask­en im Unterricht. Die will Sophie auch außerhalb der Schule tragen: „Wegen der Gesundheit“, betont sie.

Das Team um den kommissari­schen Schulleite­r Karlheinz Rennau hat viele Sicherheit­smaßnahmen ergriffen. So werden etwa Computerta­staturen mit Frischhalt­efolie umwickelt und nach Ende der Arbeiten für den nächsten Nutzer mit einer neuen bespannt. Die Schüler hätten sich am Morgen „spektakulä­r gut“verhalten, lobt er. „Sie haben automatisc­h Abstand gehalten.“Noch am Mittwoch hatte der stellvertr­etende Schulleite­r Klaus Kruska ein YouTube-Erklärvide­o zu den Verhaltens­regeln an der Schule herumgesch­ickt. Unterricht­et wird aber nur jeweils eine Hälfte der Abschlusss­chüler: An einem Tag kommt die eine, am anderen die andere zum Unterricht. Mehr als ein weiterer Jahrgang kann aber auch an der Montanussc­hule nicht unterricht­et werden, sollten die Schutzmaßn­ahmen in dieser Form aufrechter­halten werden.

Am Berufskoll­eg büffeln sechs Abiturient­en – je drei Kaufleute und Techniker. Dabei ist bislang keine Stunde ausgefalle­n: „Wir haben Online-Unterricht gemacht, und die Qualität war gut“, bestätigt Dr. Alexander Geist, Leiter Kaufmännis­che Ausbildung. Der digitale Unterricht

habe sich bewährt. Das sehen auch Selina Stratemeye­r (19) und Anna Zang (20) so. Letzlich käme das aber aufs Fach an, sagt die Jüngere: „Deutsche und englische Texte schreiben geht auch zu Hause. Aber Mathe kann man besser an der Tafel erklärt bekommen.“Den Unterricht genießt Anna Zang vor allem deshalb, weil die sozialen Kontakte weniger geworden waren. „Es ist schön, die anderen wieder zu sehen.“

An der Erich-Kästner-Schule (EKS), Hauptstand­ort der Förderschu­le Nordkreis, werden acht Abschlusss­chüler unterricht­et. Zuvor hatten Schulleitu­ng und Lehrer einen festen Raum- und Sitzplan für die Jungen und Mädchen ausgearbei­tet. „Unterricht­et wird nun in „ganz kleinen Gruppen“mit zwei bis maximal neun Schülern, erläutert Stephanie Langmesser, die stellvertr­etende Schulleite­rin. „Das ist eine gute Prüfungsvo­rbereitung.“Noch ein Jahrgang könnte unter diesen Umständen an der EKS unterricht­et werden – im Gespräch ist das vierte Schuljahr. „Aber dann kämen wir an unsere Kapazitäts­grenzen.“

 ??  ?? Englisch-Unterricht an der Montanusch­ule mit nur wenigen Schülern der Abschlussk­lasse.
Englisch-Unterricht an der Montanusch­ule mit nur wenigen Schülern der Abschlussk­lasse.
 ??  ?? Bevor sie die Klassen betraten, wurden die Realschüle­r im Eingangsbe­reich vom kommissari­schen Leiter Thorsten Schmalt erst einmal registrier­t.
Bevor sie die Klassen betraten, wurden die Realschüle­r im Eingangsbe­reich vom kommissari­schen Leiter Thorsten Schmalt erst einmal registrier­t.
 ??  ?? Sicherheit­shinweise am Eingang zur Verwaltung der EKS.
Sicherheit­shinweise am Eingang zur Verwaltung der EKS.
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Den Mundschutz von Alexander Geist ziert das Berufskoll­eg-Logo.

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