Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Altmaier rechnet mit 350.000 zusätzlichen Arbeitslosen
BERLIN (mar) Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will die Wirtschaft mit einem Vier-Stufen-Plan in den kommenden Monaten stützen und schrittweise wieder hochfahren. Zunächst müssten bestehende staatliche Hilfsprogramme optimiert werden. Dann solle es Sofortmaßnahmen für besonders vom Shutdown betroffene Branchen wie Großveranstaltungen, Messen, Kultur und Gastgewerbe geben. Hier denkt Altmaier an einen neuen Nothilfefonds mit nicht rückzuzahlenden staatlichen Zuschüssen oder die
Umwandlung von Hilfskrediten in Zuschüsse. Drittens brauche es ein Konjunkturprogramm, das staatliche Investitionen und nachfragestärkende Maßnahmen enthalten soll. Als Letztes will Altmaier ein Fitnessprogramm zur Umstrukturierung der Wirtschaft starten.
Der Minister sieht die Bundesrepublik wegen des weltweiten Shutdowns durch die Corona-Krise in der tiefsten Rezession ihrer Geschichte. Die Wirtschaftsleistung werde 2020 um 6,3 Prozent schrumpfen, die Zahl der Arbeitslosen um 350.000 auf jahresdurchschnittlich 2,62 Millionen zunehmen. Erstmals seit vielen Jahren sinke auch die Zahl der Erwerbstätigen – und zwar um insgesamt 370.000 auf dann 44,9 Millionen. Besonders betroffen seien Gastgewerbe, Handel und Unternehmensdienstleistungen. Die Kurzarbeit werde im März und April in „noch nie dagewesenem Ausmaß“ansteigen.
Die Exporte dürften nach der Regierungsprognose um 11,6 Prozent in diesem Jahr zurückgehen, die Importe um 8,2 Prozent. Bei den Ausrüstungsinvestitionen
der Unternehmen erwartet die Regierung ein Minus von 15,1 Prozent. Die privaten Konsumausgaben dürften um 7,4 Prozent einbrechen.
Doch in der zweiten Jahreshälfte erwartet der Wirtschaftsminister eine schrittweise Lockerung der Kontaktbeschränkungen, was eine verhaltene gesamtwirtschaftliche Erholung ermögliche. Im kommenden Jahr werde die Wirtschaft dann wieder kräftig aufholen und um 5,2 Prozent wachsen, so die Prognose. Zu Jahresbeginn 2022 könnten die
Verluste aus 2020 wieder ganz ausgeglichen sein – vorausgesetzt, es komme im Mai und Juni zu weiteren Lockerungen der Corona-Maßnahmen und nicht zu einem Rückfall bei den Neu-Infektionen, sagte Altmaier. Das kräftige Wachstum 2021 begründete der Leiter der Konjunkturabteilung im Wirtschaftsministerium, Philipp Steinberg, damit, dass die Wirtschaft derzeit sehr stark unterausgelastet sei. Normalerweise sollte die Wirtschaft mittelfristig zurückehren zu ihrem gewohnten Produktionspotenzial.
Voraussetzung dafür ist allerdings, dass es durch staatliche Maßnahmen gelingt, für wieder mehr Vertrauen bei Investoren und Konsumenten zu sorgen. Er wolle mit seinem Vier-Punkte-Plan eine „Perspektive der Hoffnung für einen wirtschaftlichen Neustart“schaffen, so Altmaier. Dabei wird dem angekündigten Konjunkturprogramm eine entscheidende Rolle zukommen. Es müsse vom Volumen her aber nicht größer sein als das 86-Milliarden-Euro- Programm in der Finanzkrise 2009.