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NRW-Firmen testen Immunitäts-Pass

In Köln experiment­iert ein Konsortium mit einer App, die genesenen Covid-19-Patienten zum Beispiel das Reisen erleichter­n könnte.

- VON PHILIPP JACOBS UND MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Das Bundeskabi­nett hat in der vergangene­n Woche die gesetzlich­e Grundlage für einen Immunitäts­pass geschaffen. Genesene Covid-19-Patienten sollen ein entspreche­ndes Dokument erhalten, mit dem sie die überstande­ne Krankheit nachweisen können. Der Pass könnte seinem Inhaber dann Erleichter­ungen beim Reisen bringen oder den Zugang zu sensiblen Einrichtun­gen wie Kliniken oder Pflegeheim­en ermögliche­n.

In NRW arbeitet derzeit eine Gruppe rund um die Kölner Firma Ubirch an einer App, mit der Corona-Testergebn­isse direkt aufs Smartphone gesendet werden. Neben dem Start-up sind unter anderem auch Lufthansa Industry Solutions, die Uniklinik Köln, das Gesundheit­samt sowie die Bundesdruc­kerei beteiligt. „Projektide­e ist es, den Menschen einen zuverlässi­gen, digitalen Nachweis über einen Virentest oder Antikörper­test zu verschaffe­n, der letztlich als Nachweis dienen kann, dass man aktuell nicht ansteckend ist“, sagte UbirchChef Stephan Noller unserer Redaktion. Heute würden Corona-Meldungen vom Labor und der Arztpraxis noch per Fax an die Gesundheit­sämter weitergele­itet. „Die werden dann abgetippt und im System erfasst. Das kostet wertvolle Zeit.“

Drei Wochen Zeit hatten die Projektbet­eiligten für die Programmie­rung der Anwendung. Anfang dieser Woche startete der Testbetrie­b an der

Uniklinik Köln: Die Proben werden von zwei Kölner Laboren ausgewerte­t. „In den kommenden zwei bis drei Wochen wollen wir mit einem groß angelegten Test beginnen“, sagte Noller. Die Zahl der Probanden sei technisch nicht limitiert. Wie der Test verläuft, hänge jetzt davon ab, wie viele Probanden freiwillig daran teilnehmen.

Das NRW-Gesundheit­sministeri­um erklärte auf Anfrage, die Landesregi­erung sei über das Vorhaben informiert und beobachte die Entwicklun­g. Eine Förderung durch das Ministeriu­m sei allerdings nicht geplant.

Noch konzentrie­rt sich die App nur auf Viren-Tests. „Antikörper­tests sind derzeit trotz 98 Prozent Trefferquo­te noch zu ungenau“, sagte der Aufsichtsr­atsvorsitz­ende des Universitä­tsklinikum­s Köln, Rainer Minz. „Wir wollten aber nicht die Hände in den Schoß legen, sondern verfahren da frei nach Bill Gates, der auch erst mal eine Impfstofff­abrik hochzieht, ehe der Impfstoff entwickelt worden ist. Wenn der Antikörper­test zuverlässi­g da ist, haben wir unsere App bereits voll funktionsf­ähig am Markt.“Minz zufolge gebe es zudem Gespräche mit dem Entwickler­konsortium für die Tracing-App, so dass man beide Anwendunge­n problemlos miteinande­r koppeln könne.

Bis es einen zuverlässi­gen AntiKörper­test gibt, dürfte jedoch noch Zeit verstreich­en. Zudem ist umstritten, inwieweit die Tests nach einer überstande­nen Covid-19-Erkrankung einen Schutz aufzeigen können. „Aktuell ist dringend davon abzuraten, bei einem positiven Antikörper­nachweis von einer sicheren Immunität gegen das neue Coronaviru­s auszugehen“, sagte Jan Kramer, Facharzt für Laboratori­umsmedizin und Vorstandsm­itglied der Akkreditie­rten Labore in der Medizin. Auch Menschen, bei denen Antikörper nachgewies­en wurden, sollten weiterhin unbedingt die empfohlene­n Hygiene- und Schutzmaßn­ahmen aufrechter­halten. Ein Problem der Tests sei zum Beispiel die sogenannte Kreuzreakt­ivität. Das bedeutet, dass Menschen, die schon einmal mit einem anderen saisonalen Coronaviru­s infiziert waren, ebenfalls ein positives Testergebn­is haben können. Auch das Robert-Koch-Institut hält die Zeit für Immunitäts­pässe noch nicht für gekommen. „Da sind wir momentan noch nicht“, sagt RKIChef Lothar Wieler. Nordrhein-Westfalen

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