Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Studie: Kinder so ansteckend wie Erwachsene
Forscher der Charité warnen deshalb vor einer schnellen und umfassenden Öffnung von Kitas und Schulen.
BERLIN Kinder sind robuste Wesen. Sie meistern mitunter Krankheiten, die Erwachsene erst einmal ins Bett befördern. Was die neue Lungenkrankheit Covid-19 angeht, galten sie sogar lange als beinahe unverwundbar – es gab bisher kaum Berichte oder Studien über infizierte Kinder, die krank wurden. Unklar war auch, ob Kinder das Virus SarsCoV-2 überhaupt weitergeben, also ob sie infektiös sind.
Eine Studie der Berliner Charité gibt jetzt Antworten auf diese Frage. Die wichtigste Zusammenfassung twitterte Chefvirologe Christian
Drosten selbst: „Kein signifikanter Unterschied zwischen Kindern und Erwachsenen.“Die Studie ergab, dass Kinder in ihrer infektiösen Phase andere Menschen, etwa in der eigenen Familie, so häufig anstecken wie Erwachsene. Einen offenkundigen Unterschied gibt es aber: Die Kinder erkranken viel seltener nach einer Infektion. Während gut die Hälfte der infektiösen Erwachsenen Symptome zeigte, übertragen die meisten Kinder die Viren ohne jede Spur von Krankheit.
Die Schlussfolgerung der von Terry Jones angeführten Forschergruppe im Drosten-Labor lautet: „Auf der Grundlage dieser Ergebnisse müssen wir vor einer unbegrenzten Wiedereröffnung von Schulen und Kindergärten in der gegenwärtigen Situation warnen. Kinder können genauso infektiös sein wie Erwachsene.“Untersucht wurden für die Studie von Januar bis April fast 60.000 Patienten. Bei 6,2 Prozent (3712) konnte eine Covid-19-Infektion nachgewiesen werden. 37 der positiv Getesteten waren im Kindergarten, 16 in der Grundschule und 74 an einer weiterführenden Schule. Der Rest waren Studenten und andere Erwachsene. Das Team um Jones schreibt, dass die Ergebnisse nicht eindeutig als Hinweis zu verstehen seien, in welchen Altersgruppen
wie häufig Infektionen vorkommen. „Vielmehr legt die niedrige Rate der Sars-CoV-2-Erkennungen bei den getesteten Kindern nahe, dass die Symptome kein guter Prädiktor (Vorhersagevariable, Anm. d. Red.) für eine Infektion sind.“
Die Autoren verweisen deshalb auch auf eine italienische Studie, die in der Kleinstadt Vo durchgeführt wurde. 80 Prozent der Bevölkerung wurden innerhalb von zwei Wochen zweimal auf das Virus getestet. Etwa die Hälfte der Bevölkerung war infiziert, zeigte aber keine Symptome. Die Viruslast bei Patienten mit und ohne Symptome war jedoch gleich hoch.