Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

„Kitas erfinden sich jeden Tag neu“

Die Zahl der Kinder in Notbetreuu­ng steigt. Inzwischen liegt sie bei über 300 von insgesamt 4000 Kindern. Jugendamts­leiter Peter Nowack arbeitet an Personalei­nsatzpläne­n. Nicht jede Erzieherin steht zur Verfügung.

- VON CHRISTIAN PEISELER

REMSCHEID Die Notfallver­sorgung in den Remscheide­r Kindertage­sstätten funktionie­rt. Aber der Alltag ist durch die Sorge um die Gesundheit bei den Erzieherin­nen belastet. Und der spärliche Kontakt zur Mehrheit der Kinder, die nicht ihre vertraute Spielstätt­e aufsuchen dürfen, endet immer mit der sehnsüchti­gen Botschaft: „Wir vermissen euch.“

Die Zahl der Kinder, die einen Anspruch auf Notbetreuu­ng haben, ist in den vergangen zwei Wochen kontinuier­lich gestiegen, von anfänglich 100 auf aktuell 302. Grund dafür ist die Erweiterun­g der Gruppen mit sogenannte­n systemrele­vanten Berufen. In Remscheid haben 49 von 60 Kindertage­sstätten geöffnet. Viele Erzieherin­nen arbeiten im Home-Office oder unterstütz­en den Telefondie­nst im Gesundheit­samt.

Peter Nowack, Abteilungs­leiter des Jugendamte­s, erreichen häufig Anrufe, ob Eltern, die von zu Hause aus arbeiten, auch ihre Kinder schicken dürfen. „Wer im Home-Office an Video-Konferenze­n teilnehmen oder Gesprächsz­eiten garantiere­n muss, der kann keine Kinder betreuen“, sagt Nowack. Jeder Fall werde besprochen und nach einer guten Lösung gesucht. Viele Eltern hätten sich gut organisier­t, sagt Nowack.

Das bestätigt auch Heike Schmidt. Sie ist Leiterin der Kindertage­sstätte in Vieringhau­sen. „Wer Hilfe braucht, bekommt Hilfe. Aus den Gesprächen mit Eltern habe ich den Eindruck, dass die große Mehrheit sehr vernünftig mit der Situation umgeht“, sagt Schmidt. Ihr wäre es lieb, wenn die Rückkehr zu einem Normalbetr­ieb nicht überstürzt werde. „Ich spüre eigentlich den größten Druck von der Politik, es müsse alles schneller gehen“, sagt Schmidt. Das verstärke die Sorge für die Gesundheit ihrer Kolleginne­n.

„Wir erfinden uns eigentlich täglich neu“, erklärt Nowack. Inzwischen landete die 16. Fachverord­nung auf seinem Schreibtis­ch, in dem das Familienmi­nisterium seine Beschlüsse weiterreic­ht. In der nächsten Woche werden weitere folgen. Wann kommen die Schulanfän­ger-Kinder zurück? Gibt es bald eine Betreuung am Vormittag und am Nachmittag. Oder wird es einen Wechsel von einer Woche auf die andere geben? 4000 Kinder besuchen in normalen Zeiten die städtische­n Einrichtun­gen und die der freien Trägern. Zurzeit werden unter zehn Prozent betreut.

Die Anzahl der Kinder, die die Kita Honsberg zurzeit besuchen, ist überschaub­ar. Es sind zehn von 92. Leiterin Jennifer Schmitz und ihre

Kolleginne­n tragen keine Schutzmask­en. „Das verträgt sich nicht mit unserer Arbeit“, sagt sie. Kinder brauchen die unverstell­te Ansprache. Und wenn ein Kind getröstet werden muss, nimmt die Erzieherin es in den Arm. „Wir machen das Beste draus“, sagt sie. Auch die anderen 82 Kinder werden nicht vergessen. „Wir schreiben ihnen Briefe und rufen an“, sagt Schmitz.

Schutzmask­en aus Plexiglas hat Nowack zum Testen in einigen Kindergärt­en verteilt. In der nächsten Woche bekommt er Rückmeldun­g, ob das eine Alternativ­e zu Stoffmaske­n sein könnte. „Wichtig ist, dass wir Kinder nicht wie Aussätzige behandeln“, sagt Nowack. Außerdem muss er sich einen Überblick verschaffe­n, wie viele Erzieherin­nen und Erzieher eingesetzt werden können. Alle Personen, die älter als 60 Jahre sind sowie Personen mit chronische­n Erkrankung­en stehen nicht zur Verfügung. Nowack rechnet damit, dass etwa ein Drittel an Personal nicht einsetzbar sei. Entspreche­nd geringer werde das Angebot ausfallen.

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FOTO: DPA „Wir vermissen euch“— das ist die zentrale Botschaft, die zwischen Erzieherin­nen und Kindern, die zuhause bleiben müssen, ausgetausc­ht wird.
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FOTO: CIP Hinweis auf das Abstandsge­bot an der Kita Hagedornwe­g.

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