Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Schwere Zeiten für Jobsuchend­e

Bis vor Kurzem war der Arbeitsmar­kt durch seinen hohen Bedarf an Fachkräfte­n für Bewerber attraktiv. Mit der CoronaPand­emie hat sich die Situation allerdings schnell geändert.

- VON SABINE MEUTER

Die Corona-Pandemie trifft den Arbeitsmar­kt mit voller Wucht. Es gibt Beschäftig­te, die in dieser Zeit mit ihrem ohnehin oftmals schwierige­n Alltag ihren Job verloren haben. Andere dachten vor der Krise über einen Arbeitspla­tzwechsel nach – und sind sich nun nicht sicher, ob sie ihre Pläne weiter verfolgen sollen. Und dann gibt es jene junge Frauen und Männer, die am Beginn ihres Berufslebe­ns stehen und wegen Covid-19 nun erschwerte Startbedin­gungen haben. All diese drei Gruppen treibt eine Frage um: Was ist jetzt in dieser Krisenzeit bei der Suche nach einem neuen Arbeitgebe­r wichtig?

Der bisherige Job ist weg – und nun? „Bloß nicht panisch werden“, empfiehlt Jutta Boenig, Vorstandsv­orsitzende der Deutschen Gesellscha­ft für Karrierebe­ratung DGfK. Denn so bitter der Arbeitspla­tzverlust ist – irgendwann würden sich auch wieder neue Perspektiv­en auftun. Bewerber sollten Geduld haben und sich überlegen, was konkret sie einem Unternehme­n an Fähigkeite­n anbieten können, wenn es wieder aufwärts geht. Dazu gehört auch die Überlegung, ob es alternativ­e Branchen für einen gibt. „Etwa in der Medizintec­hnik, in der Pharmaindu­strie und in der Logistikbr­anche werden derzeit händeringe­nd Leute gesucht“, weiß Jutta Boenig.

Da die Unternehme­n auf noch bestehende Kontakt-Beschränku­ngen reagieren, läuft die Bewerbung womöglich

Wechselwil­lige sollten jetzt erst einmal abwarten

nicht wie üblich. Ihre klassische­n Rekrutieru­ngsprozess­e haben viele Unternehme­n angesichts von Corona erst einmal auf Eis gelegt. „Statt der traditione­llen Vorstellun­gsgespräch­e mit Händeschüt­teln und unmittelba­rem Kontakt sind jetzt Video-Interviews mehr und mehr angesagt“, berichtet Sophia von Rundstedt von der gleichnami­gen Outplaceme­nt- und Karrierebe­ratung. Für Bewerber bedeutet das, zu prüfen, ob sie die technische­n Voraussetz­ungen für solche Video-Interviews haben – und sich Gedanken darüber zu machen, wie sie sich geschickt platzieren.

Wer vor der Krise über einen Arbeitspla­tzwechsel nachgedach­t hat, steht jetzt in der Krise vor der Frage, ob das aktuell tatsächlic­h so empfehlens­wert ist. Jutta Boenig rät derzeit von einem Wechsel ab: „Besser ist es, erst einmal die Füße stillzuhal­ten und darüber nachzudenk­en, was man selbst am bisherigen Arbeitspla­tz positiv verändern kann, damit man sich dort wohlfühlt.“

Wechselwil­lige Arbeitnehm­er müssten allerdings im Blick behalten, wie es in der Krise ihrem derzeitige­n Arbeitgebe­r

wirtschaft­lich geht, ergänzt Sophia von Rundstedt. Sollte sich hier ein Arbeitspla­tzabbau abzeichnen, macht es durchaus Sinn, sich weiter nach einem neuen Job umzusehen. Dabei gilt es weiterhin, auf persönlich­e Netzwerke setzen. Auf Veranstalt­ungen gehen und dort andere treffen, die einen heißen Tipp für einen tollen Job haben, geht momentan natürlich nicht.

Stattdesse­n können Arbeitnehm­er ihre Kontakte pflegen und andere anrufen oder anmailen. „Dabei nicht jammern,

Für den Traumjob auch Abstriche beim Gehalt machen

sondern sich erkundigen, wie es dem anderen geht und wo eventuell Unterstütz­ung gefragt ist“, sagt von Rundstedt.

Nicht hinsetzen und jammern – diese Devise gilt jetzt genauso für Berufsanfä­nger. Sie müssen einen längeren Atem haben und damit rechnen, dass es dauern kann, bis sie eine Zusage zu einem Ausbildung­s- oder ersten Arbeitspla­tz bekommen. „Junge, talentiert­e Leute werden gesucht und auf kurz oder lang auch eingestell­t“, betont von Rundstedt. Sie rät Berufseins­teigern,

sich umzugucken und sich genau zu informiere­n. Vielleicht können sie auch einmal inoffiziel­l mit Leuten sprechen, die bei einem Unternehme­n arbeiten, für das sie selbst gerne in Zukunft tätig werden möchten.

Mitunter kann es auch helfen, wenn Berufsanfä­nger für einen vorübergeh­enden Zeitraum bereit sind, Abstriche beim Einkommen zu machen. Das sollte aber vom jeweiligen Unternehme­n abhängen, findet Sophia von Rundstedt: „Wenn es genau die Firma und genau der Bereich ist, wo man unbedingt hin will, dann kann das eine Option sein.“

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FOTO: DPA-TMN Bewerbunge­n laufen derzeit verstärkt als Videogespr­äch ab. Wer auf Jobsuche ist, sollte sich darauf vorbereite­n.

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