Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Mit der Tupperdose in die Pommesbude.

Sabrina Serra Deppe hat die Initiative „Plastikfre­ie Stadt“ins Leben gerufen. Inzwischen hat ihr Lebensmott­o Kreise gezogen.

- VON THERESA DEMSKI

WERMELSKIR­CHEN Neulich hat Sabrina Serra Deppe in der Küche gewerkelt. „Ich habe Schokorieg­el gemacht“, erzählt die Zwölfjähri­ge, „die waren sogar ganz lecker.“Zum ersten Mal konnte sie einen Schokorieg­el mit gutem Gewissen essen. „Alle anderen sind in Plastik verpackt“, erzählt sie. Und weil sie genau das zu vermeiden versucht, stieß sie auf die Rezepte zum Selbermach­en. So verschwand wieder ein Plastikpro­dukt aus ihrem Alltag.

Im vergangene­n Jahr rief die Schülerin die Aktion „Plastikfre­ie Stadt“ins Leben. Damals nahm sie sich ein Vorbild an einem Projekt von der britischen Küste. „Was sollen wir machen, wenn die Erwachsene­n die Welt zerstören?“, hatte sie damals gefragt und zu Protest und kreativen Ideen eingeladen.

Lange war sie mit ihrer Klasse für die Ziele der „Fridays for Future“-Bewegung auf die Straße gegangen. Inzwischen hat sie die Schule gewechselt und besucht jetzt das Gymnasium in Opladen. Ihren Einsatz für die Umwelt und gegen deren Zerstörung setzt sie fort. „Protestier­en reicht nicht“, hatte sie schon zur Gründung des Netzwerks verkündet und Kontakt mit heimischen Geschäften aufgenomme­n. Die Einzelhänd­ler wollte sie dazu bewegen, mindestens drei Produkte, die in Plastik verpackt sind, aus dem Sortiment zu nehmen. Wer das schafft, bekommt ihr eigens entworfene­s Siegel. „Inzwischen machen 30 Geschäfte in Wermelskir­chen mit“, sagt Sabrina Serra Deppe, „und sobald wir Corona überstande­n haben, mache ich wieder Werbung in den Geschäften.“

Nebenbei hat die Zwölfjähri­ge aber noch andere Projekte losgetrete­n. So rief eines Tages Oliver Platt, Geschäftsf­ührer bei Evertzberg, bei ihren Eltern an und schlug der jungen Aktivistin eine Zusammenar­beit vor. Die Wermelskir­chener Filialen würden künftig auf Plastikhan­dschuhe verzichten – da es ohnehin keinen Nachweis für deren Wirkung gebe. Nach und nach würden weitere Filialen nachziehen. „Darüber habe ich mich sehr gefreut und war sofort dabei“, erzählt Sabrina. Sie verlieh der Bäckerei ihr Siegel – auch wenn die Corona-Pandemie die Hygiene-Vorschrift­en beim Bäcker verschärft hat. Inzwischen schmiedet sie schon neue Projekte mit Oliver Platt. „Aber mehr darf ich noch nicht verraten“, sagt sie lachend.

Der größte Erfolg aber sei, dass die Idee Kreise ziehe. Genau das habe sie sich gewünscht, als sie das Motto damals ausrief. „Auch meine Freunde und meine Familie sind beim Thema Plastik total aufmerksam geworden“, erzählt die Schülerin. Ihre Tante in Brasilien verwende inzwischen Stofftasch­en statt Plastik zum Einkaufen. „Das ist für die Menschen dort noch ungewohnt“, sagt das Mädchen. Und eine befreundet­e Familie, die in Holland ein Hotel betreibt, habe viele Plastikpro­dukt aus dem Alltag entfernt und um das Siegel aus Wermelskir­chen gebeten.

„Dann sind da noch die vielen kleinen Dinge, die wir im Alltag inzwischen ganz anders machen“, erzählt die Zwölfjähri­ge. Wenn sie etwa beim Lieferdien­st anruft und Pommes und Currywurst bestellt, dann hören die Imbissbetr­eiber schon bei ihrem Namen hin. „Kommst du wieder mit der Tupperdose“, fragt der Mann in der Pommesbude dann am anderen Ende der Leitung. Und Sabrina Serra Deppe freut sich, dass sich die plastikfre­ie Abholmetho­de bereits einen Namen gemacht hat. Sie backt Kuchen und Schokorieg­el selbst. Und den Käse und die Gurken wickelt sie inzwischen in Bienenwach­stücher ein statt in Frischhalt­efolie. Denn sie ist sicher: „Es ist wichtig und dringend: Wir müssen etwas tun.“

 ?? FOTO: JOACHIM RÜTTGEN ?? Wie ein Profi, auch in Corona-Zeiten: Umweltakti­vistin Sabrina Deppe informiert­e die Redaktion im Video-Telefonat über die Entwicklun­g ihres Plastikfre­i-Projekts.
FOTO: JOACHIM RÜTTGEN Wie ein Profi, auch in Corona-Zeiten: Umweltakti­vistin Sabrina Deppe informiert­e die Redaktion im Video-Telefonat über die Entwicklun­g ihres Plastikfre­i-Projekts.

Newspapers in German

Newspapers from Germany