Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

NRW macht den zweiten vor dem ersten Schritt

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

Nordrhein-Westfalens Ministerpr­äsident bekommt seine seit Wochen gebetsmühl­enartig geforderte Rückkehr zur Normalität. Ob es eine verantwort­ungsvolle sein wird, so wie es Armin Laschet nicht müde wird zu betonen, werden die Zahlen der Gesundheit­sämter in einigen Wochen zeigen.

Es ist zunächst einmal gut, dass sich die Länderchef­s auf einen Mechanismu­s verständig­t haben, der zumindest lokal begrenzt eine Rolle rückwärts bei den Öffnungen vorsieht, wenn die Zahl der Neuinfizie­rten wieder in die Höhe schnellt. Allerdings ist der Wert von 50 Neuinfekti­onen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen recht hoch angesetzt. Hätte man stattdesse­n die zuvor diskutiert­e Grenze von 35 gewählt, läge mit Coesfeld der erste Landkreis in NRW erschrecke­nd nah an der Grenze.

Die Frage ist zudem einmal mehr, ob NRW mit seinen recht weitgehend­en Lockerungs­plänen den zweiten Schritt vor dem ersten macht. Kommt es derzeit zu einer Ansteckung, dann müssen die Gesundheit­sämter mögliche Infektions­ketten umständlic­h bei den Betroffene­n abfragen. Und wer kann sich – Kontaktspe­rre hin oder her – noch wirklich lückenlos an alle Begegnunge­n der vergangene­n zwei Wochen erinnern? Wer kennt die Namen aller Menschen, mit denen er an einer Haltestell­e auf den Bus gewartet hat? Die Entwicklun­g einer Tracing-App läuft auf Hochtouren. Deren Einführung abzuwarten, wäre vernünftig­er gewesen.

Es ist ein riskantes Spiel, das die Politik treibt. Zudem noch eins, das in sich nicht wirklich stringent ist: Einerseits einigen sich die Länderchef­s und die Bundesregi­erung darauf, das Kontaktver­bot bis Anfang Juni zu verlängern, anderersei­ts erlauben sie schon eine Woche vorher Kontaktspo­rt. Nachvollzi­ehbar ist das für viele Bürger nicht.

BERICHT NORDRHEIN-WESTFALEN MACHT AUF, TITELSEITE

Newspapers in German

Newspapers from Germany