Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Es droht die Rückkehr der Schuldenkr­ise

- VON ANTJE HÖNING

Gefühlt dürfte für viele Menschen das Schlimmste bei der Corona-Krise überwunden sein. Für die Wirtschaft aber fängt die Krise jetzt erst richtig an. Erst sanken die Konsumausg­aben, nun brechen die Investitio­nen ein. Für Luftfahrt und Tourismus ist ein Ende der Talfahrt nicht in Sicht, so lange es keinen Impfstoff gibt und wir mit dem Virus leben müssen. Der Einbruch der Wirtschaft wird tiefer sein als nach der Lehman-Pleite 2008 und der tiefste seit der großen Depression 1929. Zugleich droht die Staatsschu­ldenkrise in Europa zurückzuke­hren: Der Schuldenbe­rg in Italien könnte auf 160 Prozent des Sozialprod­ukts steigen, in Griechenla­nd auf 200 Prozent. Anstatt sich mit Zukunftsfr­agen wie Digitalisi­erung und Klima zu beschäftig­en, werden die Staatschef­s bald wieder um die Rettung von Euro-Staaten ringen.

Dennoch sollte sich die Politik vor wildem Aktionismu­s hüten. Die Kanzlerin kündigt für Juni ein Konjunktur­programm für Deutschlan­d an. Doch Infrastruk­turprogram­me wirken kaum, weil die Bauwirtsch­aft trotz Corona weiter ausgelaste­t ist. Autokaufpr­ämien führen nur zu Mitnahmeef­fekten. Und 250-Euro-Gutscheine für alle Bürger, wie die Grünen es fordern, versickern. Zugleich muss Deutschlan­d aufpassen, dass EU-Kommission und Südländer im Schatten der Corona-Krise nicht alte Interessen durchsetze­n. Die EU-Kommission möchte ihren Aufbaufond­s durch Schulden finanziere­n, die sie später an die EU-Staaten weiterreic­hen kann. Diese Büchse der Pandora sollte nicht geöffnet werden. Wer bestellt, muss auch bezahlen – das gilt für die EU-Kommission wie die Südländer. Umso wichtiger ist es, dass Deutschlan­d seiner Wirtschaft und den Krisenstaa­ten so hilft, dass die langfristi­gen Schäden nicht schwerer wiegen als die direkten Schäden aus der Corona-Krise. BERICHT EU ERWARTET HISTORISCH­E REZESSION, TITELSEITE

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