Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Unsichtbare Arbeit im Homeoffice
Mitarbeiter, die daheim arbeiten, fühlen sich oft unsichtbar. Eine Frage der Wertschätzung.
Stressempfinden hat wenig mit der Menge an Arbeit zu tun. Belastung entsteht nicht dadurch, dass einer viele Aufgaben hat, sondern, dass etwas an der Art und Weise nicht stimmt, mit der er seine Arbeit leisten soll. Zu viel Druck etwa kann Stress erzeugen oder das Gefühl, mit einer Aufgabe überfordert zu sein. Im Moment gewinnt aber gerade für Menschen im Homeoffice noch ein anderer Faktor an Gewicht: das Gefühl, unsichtbare Arbeit zu leisten. Das hat vor allem mit den Kommunikationsstrukturen zu tun, die sich gerade für viele Angestellte radikal verändert haben. Wenn die Gespräche mit Vorgesetzten nur noch in Telefonkonferenzen
stattfinden, geht es meist darum, möglichst effektiv Aufträge zu vergeben. Die Rückmeldung, dass etwas gut geklappt hat oder auch nur, dass der Vorgesetzte überhaupt wahrnimmt, was gerade an den Wohnzimmer-Arbeitsplätzen so geleistet wird, fällt oft weg. Das kann dem Einzelnen daheim das Gefühl geben, er rödele unbemerkt vor sich hin. Wenn sich die Aufträge dann häufen, entsteht das Empfinden: Keiner sieht, was ich hier alles tue.
Im Büroalltag bestimmen gerade die kleinen Gesten das Klima. Ein netter Kommentar auf dem Flur kann wichtiger sein als jede wohlmeinende Ansprache an die Mitarbeiter. Doch gerade diese kleinen Zwischendurch-Signale fallen nun vielerorts Corona zum Opfer.
Sich auf digitale Zusammenarbeit umzustellen, bedeutet also nicht nur, sichere Datenleitungen einzurichten und Arbeitsabläufe neu zu strukturieren. Es geht auch um neue Wege der Anerkennung, darum, Menschen zu signalisieren, dass ihre Anstrengungen gesehen und wertgeschätzt werden.
Dann bedeutet Homeoffice physische Distanzierung – nicht unsichtbar zu werden.
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