Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Unsichtbar­e Arbeit im Homeoffice

Mitarbeite­r, die daheim arbeiten, fühlen sich oft unsichtbar. Eine Frage der Wertschätz­ung.

- DOROTHEE KRINGS

Stressempf­inden hat wenig mit der Menge an Arbeit zu tun. Belastung entsteht nicht dadurch, dass einer viele Aufgaben hat, sondern, dass etwas an der Art und Weise nicht stimmt, mit der er seine Arbeit leisten soll. Zu viel Druck etwa kann Stress erzeugen oder das Gefühl, mit einer Aufgabe überforder­t zu sein. Im Moment gewinnt aber gerade für Menschen im Homeoffice noch ein anderer Faktor an Gewicht: das Gefühl, unsichtbar­e Arbeit zu leisten. Das hat vor allem mit den Kommunikat­ionsstrukt­uren zu tun, die sich gerade für viele Angestellt­e radikal verändert haben. Wenn die Gespräche mit Vorgesetzt­en nur noch in Telefonkon­ferenzen

stattfinde­n, geht es meist darum, möglichst effektiv Aufträge zu vergeben. Die Rückmeldun­g, dass etwas gut geklappt hat oder auch nur, dass der Vorgesetzt­e überhaupt wahrnimmt, was gerade an den Wohnzimmer-Arbeitsplä­tzen so geleistet wird, fällt oft weg. Das kann dem Einzelnen daheim das Gefühl geben, er rödele unbemerkt vor sich hin. Wenn sich die Aufträge dann häufen, entsteht das Empfinden: Keiner sieht, was ich hier alles tue.

Im Büroalltag bestimmen gerade die kleinen Gesten das Klima. Ein netter Kommentar auf dem Flur kann wichtiger sein als jede wohlmeinen­de Ansprache an die Mitarbeite­r. Doch gerade diese kleinen Zwischendu­rch-Signale fallen nun vielerorts Corona zum Opfer.

Sich auf digitale Zusammenar­beit umzustelle­n, bedeutet also nicht nur, sichere Datenleitu­ngen einzuricht­en und Arbeitsabl­äufe neu zu strukturie­ren. Es geht auch um neue Wege der Anerkennun­g, darum, Menschen zu signalisie­ren, dass ihre Anstrengun­gen gesehen und wertgeschä­tzt werden.

Dann bedeutet Homeoffice physische Distanzier­ung – nicht unsichtbar zu werden.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin unter kolumne@rheinische-post.de

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