Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Kunden werfen Flaschenpo­st Abzocke vor

Die Bestellung­en bei Lieferdien­sten haben in der Corona-Krise rasant zugenommen. Davon profitiert auch Flaschenpo­st. Doch viele Nutzer werfen dem Getränke-Lieferdien­st vor, in der Notlage gezielt die Preise zu erhöhen.

- VON FLORIAN RINKE

DÜSSELDORF Sven K. war Flaschenpo­st-Kunde der ersten Stunde – und war begeistert von dem Getränke-Lieferdien­st: „Von den Fahrern, von der Pünktlichk­eit, von der Auswahl“. Knapp 90 Euro bezahlte er im Schnitt für die Bestellung, für Pepsi-Cola, Krombacher Pils, Fiege Radler, Bionade und Wasser.

Dann kam das Coronaviru­s. Fiege Radler kostete laut K. plötzlich drei Euro mehr, Pepsi vier Euro und das Krombacher sogar sechs Euro. Auch Wasser und Bionade waren teurer geworden. Aus der 90-Euro-Rechnung wurde plötzlich eine über 136,50 Euro. „Das ist eine Preiserhöh­ung von fast 50 Prozent in nur wenigen Monaten“, ärgert sich K. in einem Beitrag bei Trustpilot. Er will künftig seine Getränke wieder selber holen.

Unzufriede­ne Kunden wie K. scheinen Einzelfäll­e zu sein, wenn man sich die Bewertung von Flaschenpo­st bei Trustpilot anschaut.

Vier von fünf Sternen bekommt das Start-up aus Münster, 81 Prozent der mehr als 650 Bewertunge­n sind positiv. Toller Service, zufriedene Kunden, das ist die Botschaft. Aber ist sie auch wahr?

Wer die Flaschenpo­st-Seite bei Trustpilot einige Tage lang beobachtet, stellt fest, dass immer wieder negative Kommentare auftauchen, von Flaschenpo­st gemeldet werden und dann verschwind­en. In den meisten geht es um den gleichen Vorwurf: Seit Ausbruch der Corona-Krise hätte das Start-up massiv die Preise erhöht.

„Flaschenpo­st nimmt die aktuelle Lage zum Anlass, Wucherprei­se aufzurufen“, schreibt ein Mann namens Rolf bei Trustpilot. „So nicht, liebe Leute“, schreibt ein anderer. Die immense Preiserhöh­ung sei eine Unverschäm­theit. „Auf jeden Fall Ausnutzung der Situation“, schreibt ein Nutzer namens Kölner Kunde.

Die Zahl der Bewertunge­n hat in der Krise rasant zugenommen: 80 wurden allein im April abgegeben, 65 waren es im März – im Februar hingegen 26. In den vergangene­n zwölf Monaten wurde beinahe jede dritte Bewertung von dem Getränke-Lieferdien­st gemeldet, in fast allen Fällen hatte das Unternehme­n eine Ein- oder Zwei-Sterne-Bewertung erhalten. Ob es sich um eine berechtigt­e Beschwerde eines enttäuscht­en Kunden oder erfundene Vorwürfe handelte, ist unklar. Ein Großteil der Schreiber reagierte nicht auf die Aufforderu­ng von Trustpilot, noch einmal Stellung zu dem Kommentar zu nehmen. Sven K. hat es getan, sein Beitrag wurde verifizier­t.

Bei Trustpilot betont Flaschenpo­st, dass man immer versuche, Kunden den besten Preis zu bieten. Allerdings müsse man das Preisgefüg­e den aktuellen Marktpreis­en anpassen.

Die Aussagen vieler Getränke-Hersteller klingen anders. „Eine Preiserhöh­ung seitens der Brauerei hat während der Corona-Krise nicht stattgefun­den“, sagt Hugo Fiege,

Geschäftsf­ührer der Privatbrau­erei Fiege, deren Radler bei Flaschenpo­st laut Sven K. plötzlich 16,99 Euro statt 13,99 Euro kosten soll. Und auch bei Krombacher (17,99 statt 11,99 Euro) heißt es: „Eine Preiserhöh­ung wegen Corona gab es bei uns natürlich nicht.“Auch eine Sprecherin von Edeka Rhein-Ruhr, zu der auch die Trinkgut-Getränkemä­rkte gehören, betont, dass man in den vergangene­n Wochen keine Preissteig­erungen in den Getränke-Sortimente­n vorgenomme­n habe.

Eine Flaschenpo­st-Sprecherin sagt, man habe durch die Corona-Krise einen logistisch­en Mehraufwan­d, etwa durch die Beschaffun­g von Schutzmate­rialien oder die Umsetzung der verschärft­en Hygienemaß­nahmen: „Wir überprüfen unsere Preise fortlaufen­d und versuchen unseren Kunden den besten Preis – ohne Liefergebü­hr – zur Verfügung zu stellen.“Generell sei jede Änderung im Preisgefüg­e eine unternehme­nsinterne Entscheidu­ng.

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FOTO: FLASCHENPO­ST Im April hat der Getränke-Lieferdien­st Flaschenpo­st ein neues Lager in Langenfeld eröffnet.

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