Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Den Bundesligen läuft die Zeit davon
Der Vorsitzende der Sportkommission im Deutschen Rollhockey-Verband spricht über mögliche Szenarien bei einem Saisonabbruch.
Herr Ullrich, vor einigen Wochen hieß es, dass bis Ende April eine Entscheidung fallen würde, ob und wie im Rollhockey die Bundesligen und die Pokalrunde beendet werden. Mittlerweile sind auch die ersten Tage im Mai rum. Wie ist der Stand der Dinge?
ULLRICH Wir hatten beziehungsweise haben immer noch die Hoffnung, dass wir die Deutschen Meister und die Pokalsieger noch sportlich ausspielen können. Allerdings läuft uns mehr und mehr die Zeit weg, dies bis Beginn der Schulferien in NRW, die Ende Juni beginnen, über die Bühne zu bringen.
Dabei reden wir aber nicht mehr davon, dass die noch ausstehenden letzten Spieltage und die normalen Play-offs über die Bühne gehen, oder?
ULLRICH Von diesem Gedanken haben wir uns bereits Ostern verabschiedet. Wir müssen uns aber mehr und mehr der Möglichkeit stellen, dass gar nichts mehr geht – auch wenn es bald die ersten Lockerungen bei den Trainingsmöglichkeiten geben sollte. Wir sind aber eine Hallensportart, die noch hinten ansteht. Und die Teams brauchen nach der langen Pause mindestens zwei, besser sogar drei Wochen Training, um wieder Spiele zu bestreiten.
Sie haben den Beginn der Sommerferien als endgültigen Termin genannt. Gibt es nicht die Möglichkeit, die Entscheidungen noch weiter in den Sommer zu verschieben ?
ULLRICH Zum einen können wir die Saison nicht endlos vor uns herschieben. Irgendwann muss es zeitnah vorbei sein. So oder so. Zum anderen wäre völlig unklar, ob und welche Hallen in den einzelnen Städten überhaupt während der Ferien geöffnet hätten. Die Halle Hackenberg, die Heimstätte der IGR Remscheid, ist dann normalerweise geschlossen. Und auf Spekulationen, dass es in diesen Zeiten nun anders wäre, wollen wir uns nicht einlassen.
Was passiert im Falle eines Abbruchs ? Gibt es in den Ligen einen Meister?
ULLRICH Es gibt Überlegungen, aber noch keine endgültige Entscheidung. In der Schweiz gibt es nach dem Abbruch keinen Meister. Die komplette Saison ist annulliert worden. Es wird zwar noch in den entsprechenden Gremien beraten, und auch die Vereine werden gehört. Aber ähnlich wie beim Handball könnte bei den Männern und den Frauen die aktuelle Tabelle und unter Umständen auch ein Koeffizient herangezogen werden. Obwohl nicht alle die gleiche Anzahl von Spielen haben, würden dann wohl
Germania Herringen bei den Männern und die IGR bei den Frauen als Deutsche Meister feststehen.
Was passiert mit den Startplätzen für den Europapokal ?
ULLRICH Da bin ich erstmal sehr gespannt, in welchem Modus der überhaupt gespielt werden würde.
Wegen Corona und der eingeschränkten Reisemöglichkeiten? ULLRICH Nein. Da geht es zunächst einmal nur indirekt um die Pandemie. Es gibt eine neu zusammengesetzte Europäische Kommission, die in der kommenden Saison eigentlich eine neue Spielordnung umsetzen wollte.
Können Sie da ins Detail gehen? ULLRICH Wie bereits jetzt schon in der Euroleague der jeweiligen Landesmeister, sollte es auch beim Europe-Cup von Beginn an eine Gruppenphase geben. Bedeutet für jedes teilnehmende Team drei Heim- und drei Auswärtsspiele.
Mit entsprechenden Reisekosten kreuz und quer durch Europa ... ULLRICH Und das ist genau das Problem. Wenn dieser Modus umgesetzt wird, könnte es aktuell eine sehr kleine Runde von Teams geben, die aus finanziellen Gründen überhaupt teilnehmen können. Gerade in Italien, Spanien und auch Portugal muss man abwarten, wie es sich bei den Vereinen entwickelt. Natürlich nicht beim FC Barcelona, bei Benfica Lissabon oder beim FC Porto. Aber bei den kleineren Clubs. Es könnte also durchaus sein, dass der alte Modus zunächst einmal beibehalten wird. Und für die Qualifikation unserer Teams könnte dann die derzeitige Tabelle herangezogen werden.
Sie haben mögliche finanzielle Probleme der südeuropäischen Clubs angesprochen. Droht das auch Teams in der deutschen Bundesliga ?
ULLRICH Wahrscheinlich weniger. Zumal die Bundesliga-Spieler hier ja auch keine Profis sind. Aber auch unsere Vereine sind, gerade wenn sie international spielen wollen, auf Sponsoren angewiesen. Bei den aktuellen wirtschaftlichen Aussichten könnte es im Sponsoring wohl eher zu Abstrichen kommen. Für den einen oder anderen Verein könnte aber auch hinter dem dauerhaften Verbleib ihrer ausländischen Spieler
ein Fragezeichen stehen. Andererseits ist aber auch die wirtschaftliche Situation in Südeuropa nicht unbedingt besser.
Welche Auswirkungen drohen bei der aktuellen Situation in Hinblick auf die neue Saison ? Zumal ja auch keiner die Frage beantworten kann, wann sie überhaupt beginnen kann ?
ULLRICH Beim Start in die Saison 2020/21 sind wir sehr flexibel. Natürlich hoffen wir auf den September. Aber auch später wäre kein Problem. Selbst im Januar nächsten Jahres wäre es möglich.
Die Spieler wären dann möglicherweise mehr als ein halbes Jahr ohne Wettkampfpraxis. Könnte der Randsportart Rollhockey da nicht ein Exodus drohen ?
ULLRICH Bei den Senioren mit Sicherheit nicht. Da wechselt doch keiner zum Fußball oder Handball. Anders ist das im Nachwuchsbereich. Da könnten die derzeitigen Spieler schneller auf die Idee kommen, sich anderen Freizeitaktivitäten zu widmen.