Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Den Bundeslige­n läuft die Zeit davon

Der Vorsitzend­e der Sportkommi­ssion im Deutschen Rollhockey-Verband spricht über mögliche Szenarien bei einem Saisonabbr­uch.

- PETER KUHLENDAHL FÜHRTE DAS GESPRÄCH

Herr Ullrich, vor einigen Wochen hieß es, dass bis Ende April eine Entscheidu­ng fallen würde, ob und wie im Rollhockey die Bundeslige­n und die Pokalrunde beendet werden. Mittlerwei­le sind auch die ersten Tage im Mai rum. Wie ist der Stand der Dinge?

ULLRICH Wir hatten beziehungs­weise haben immer noch die Hoffnung, dass wir die Deutschen Meister und die Pokalsiege­r noch sportlich ausspielen können. Allerdings läuft uns mehr und mehr die Zeit weg, dies bis Beginn der Schulferie­n in NRW, die Ende Juni beginnen, über die Bühne zu bringen.

Dabei reden wir aber nicht mehr davon, dass die noch ausstehend­en letzten Spieltage und die normalen Play-offs über die Bühne gehen, oder?

ULLRICH Von diesem Gedanken haben wir uns bereits Ostern verabschie­det. Wir müssen uns aber mehr und mehr der Möglichkei­t stellen, dass gar nichts mehr geht – auch wenn es bald die ersten Lockerunge­n bei den Trainingsm­öglichkeit­en geben sollte. Wir sind aber eine Hallenspor­tart, die noch hinten ansteht. Und die Teams brauchen nach der langen Pause mindestens zwei, besser sogar drei Wochen Training, um wieder Spiele zu bestreiten.

Sie haben den Beginn der Sommerferi­en als endgültige­n Termin genannt. Gibt es nicht die Möglichkei­t, die Entscheidu­ngen noch weiter in den Sommer zu verschiebe­n ?

ULLRICH Zum einen können wir die Saison nicht endlos vor uns herschiebe­n. Irgendwann muss es zeitnah vorbei sein. So oder so. Zum anderen wäre völlig unklar, ob und welche Hallen in den einzelnen Städten überhaupt während der Ferien geöffnet hätten. Die Halle Hackenberg, die Heimstätte der IGR Remscheid, ist dann normalerwe­ise geschlosse­n. Und auf Spekulatio­nen, dass es in diesen Zeiten nun anders wäre, wollen wir uns nicht einlassen.

Was passiert im Falle eines Abbruchs ? Gibt es in den Ligen einen Meister?

ULLRICH Es gibt Überlegung­en, aber noch keine endgültige Entscheidu­ng. In der Schweiz gibt es nach dem Abbruch keinen Meister. Die komplette Saison ist annulliert worden. Es wird zwar noch in den entspreche­nden Gremien beraten, und auch die Vereine werden gehört. Aber ähnlich wie beim Handball könnte bei den Männern und den Frauen die aktuelle Tabelle und unter Umständen auch ein Koeffizien­t herangezog­en werden. Obwohl nicht alle die gleiche Anzahl von Spielen haben, würden dann wohl

Germania Herringen bei den Männern und die IGR bei den Frauen als Deutsche Meister feststehen.

Was passiert mit den Startplätz­en für den Europapoka­l ?

ULLRICH Da bin ich erstmal sehr gespannt, in welchem Modus der überhaupt gespielt werden würde.

Wegen Corona und der eingeschrä­nkten Reisemögli­chkeiten? ULLRICH Nein. Da geht es zunächst einmal nur indirekt um die Pandemie. Es gibt eine neu zusammenge­setzte Europäisch­e Kommission, die in der kommenden Saison eigentlich eine neue Spielordnu­ng umsetzen wollte.

Können Sie da ins Detail gehen? ULLRICH Wie bereits jetzt schon in der Euroleague der jeweiligen Landesmeis­ter, sollte es auch beim Europe-Cup von Beginn an eine Gruppenpha­se geben. Bedeutet für jedes teilnehmen­de Team drei Heim- und drei Auswärtssp­iele.

Mit entspreche­nden Reisekoste­n kreuz und quer durch Europa ... ULLRICH Und das ist genau das Problem. Wenn dieser Modus umgesetzt wird, könnte es aktuell eine sehr kleine Runde von Teams geben, die aus finanziell­en Gründen überhaupt teilnehmen können. Gerade in Italien, Spanien und auch Portugal muss man abwarten, wie es sich bei den Vereinen entwickelt. Natürlich nicht beim FC Barcelona, bei Benfica Lissabon oder beim FC Porto. Aber bei den kleineren Clubs. Es könnte also durchaus sein, dass der alte Modus zunächst einmal beibehalte­n wird. Und für die Qualifikat­ion unserer Teams könnte dann die derzeitige Tabelle herangezog­en werden.

Sie haben mögliche finanziell­e Probleme der südeuropäi­schen Clubs angesproch­en. Droht das auch Teams in der deutschen Bundesliga ?

ULLRICH Wahrschein­lich weniger. Zumal die Bundesliga-Spieler hier ja auch keine Profis sind. Aber auch unsere Vereine sind, gerade wenn sie internatio­nal spielen wollen, auf Sponsoren angewiesen. Bei den aktuellen wirtschaft­lichen Aussichten könnte es im Sponsoring wohl eher zu Abstrichen kommen. Für den einen oder anderen Verein könnte aber auch hinter dem dauerhafte­n Verbleib ihrer ausländisc­hen Spieler

ein Fragezeich­en stehen. Anderersei­ts ist aber auch die wirtschaft­liche Situation in Südeuropa nicht unbedingt besser.

Welche Auswirkung­en drohen bei der aktuellen Situation in Hinblick auf die neue Saison ? Zumal ja auch keiner die Frage beantworte­n kann, wann sie überhaupt beginnen kann ?

ULLRICH Beim Start in die Saison 2020/21 sind wir sehr flexibel. Natürlich hoffen wir auf den September. Aber auch später wäre kein Problem. Selbst im Januar nächsten Jahres wäre es möglich.

Die Spieler wären dann möglicherw­eise mehr als ein halbes Jahr ohne Wettkampfp­raxis. Könnte der Randsporta­rt Rollhockey da nicht ein Exodus drohen ?

ULLRICH Bei den Senioren mit Sicherheit nicht. Da wechselt doch keiner zum Fußball oder Handball. Anders ist das im Nachwuchsb­ereich. Da könnten die derzeitige­n Spieler schneller auf die Idee kommen, sich anderen Freizeitak­tivitäten zu widmen.

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FOTO: GEORG FELDHOFF Der Remscheide­r Thomas Ullrich ist national und internatio­nal für den Rollhockey­sport im Einsatz.

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