Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Bestatter Andriessen sieht keinen Grund zum Jammern.

Bestatter Udo Andriessen fühlt sich durch die Schutzmaßn­ahmen gegen das Coronaviru­s nicht benachteil­igt. Sein Mitgefühl gilt aber vor allem den Menschen, deren Angehörige alleine sterben müssen.

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

WERMELSKIR­CHEN Das Schwierigs­te an der derzeitige­n Corona-Krise sind für Bestatter Udo Andriessen nicht die Arbeit mit Atemschutz­masken, die Abstandsvo­rschriften oder die Hygienereg­eln. Genau genommen ist es gar nicht seine Arbeit, wenn er an schlimme Auswirkung­en der Pandemie denkt. „Ich finde es besonders furchtbar, dass viele Menschen nicht wie vor der Krise von ihren Angehörige­n Abschied nehmen können, sie nicht auf dem letzten Weg begleiten können“, sagt er nachdenkli­ch. Er fügt an: „Wie kann man da Trost spenden?“Denn natürlich sei genau das eine der Hauptaufga­ben des Inhabers des Familienbe­triebs an der Berliner Straße. „Ich darf die Menschen, die mit dem Todesfall im Angehörige­nkreis zu mir kommen – und die ich teilweise sogar persönlich kenne – nicht in den Arm nehmen. Wir müssen Abstand halten. Und das ist schwer und belastend“, sagt Udo Andriessen.

Zwar gebe es in Nordrhein-Westfalen die Ausnahme, dass Beerdigung­en von der allgemeine­n Kontaktspe­rre ausgenomme­n seien. „Aber die unterschie­dlichen Friedhöfe setzen diese Vorgaben ganz verschiede­n um“, sagt der Bestatter. Teils sehr streng, teils etwas lockerer. In diesem Zusammenha­ng lobt Udo Andriessen sowohl die Stadtverwa­ltung als auch die Friedhofsv­erwaltung. „Die Kooperatio­n ist so hervorrage­nd, wie man es sich unter diesen Umständen wünschen kann“, sagt er. Schwierige­r seien etwa die Auflagen der Evangelisc­hen Kirche im Rheinland für die Trauerfeie­rn. „Da gibt es die Regel, dass nur sieben Gäste an einer Beerdigung teilnehmen dürfen. Das stellt gerade größere Familien vor echte Herausford­erungen – wem will man die Teilnahme erlauben, wem sie versagen?“, sagt Udo Andriessen. Und bei allem Verständni­s für die notwendige­n Hygienemaß­nahmen sei Trauer ein Bereich, den man nicht nachvollzi­ehen könne, wenn man ihn nicht selbst erlebt habe, ist sich der Bestatter sicher. Auch wenn alle Trauerfeie­rn in den vergangene­n Wochen hätten stattfinde­n können – „das Wetter war da tatsächlic­h auf unserer Seite, weil es bis auf zwei Tage nicht geregnet hat“, sagt Udo Andriessen -, sei es doch nicht schön, wenn sich die Gesichter hinter Masken verstecken müssten. „Man sieht keine Mimik, dabei wird gerade in so sensiblen Momenten wie einer Trauerfeie­r darüber viel mitgeteilt“, sagt der Bestatter. Für sich und seine Mitarbeite­r habe er zudem Masken in grauem Stoff nähen lassen, die über die FFP-2-Masken gezogen werden können. „Dann wirkt das nicht so steril-weiß, sondern ist etwas dezenter“, sagt er.

Auf den Umgang im Bestattung­shaus in Zeiten von Corona habe er sich mit seinem Team umfassend vorbereite­t. „Es gibt separate und abschließb­are Klimakamme­rn, in denen Verstorben­e, die Covid-19 hatten, aufgebahrt werden“, sagt Udo Andriessen. Allerdings seien solche Fälle in Wermelskir­chen bislang zum Glück sehr selten gewesen. „Wir haben aber auch unsere Büros umgebaut, so dass die Schreibtis­che sich nicht mehr gegenübers­tehen. Dazu haben wir in den vergangene­n Wochen Schichtdie­nst gefahren, um im Falle einer Ansteckung eines Mitarbeite­rs in der anderen Schicht handlungsf­ähig zu bleiben“, sagt der Bestatter. Er lobt an dieser Stelle besonders seine beiden Mitarbeite­r, die Auszubilde­nde Yasmin Hupperich und den Gesellen Jan-Lukas Boes. „Beide sind voll mit an Bord, so dass wir reibungslo­s für unsere Kunden da sein können“, betont Udo Andriessen.

Das sei letztlich das Hauptaugen­merk seiner Arbeit – ob nun mit Corona oder ohne. „Das Ziel, den Angehörige­n eine würdevolle und schöne Trauerfeie­r zu ermögliche­n, werden

wir nie aus den Augen verlieren. Ich kann nur den Menschen die Angst nicht nehmen, dass ihre Angehörige­n alleine sterben müssen“, sagt der Bestatter. Er selbst sei allerdings über das Jammern auf dem hohen Niveau in Deutschlan­d verärgert. „Die Maßnahmen sind doch zum Schutz meiner Person und dem Schutz aller anderen. Es geht uns doch wunderbar hierzuland­e. Ich habe Freunde, die in Indien waren. Dort liegen die Leichen am Straßenran­d. Von solchen Zuständen sind wir doch meilenweit entfernt“, sagt Udo Andriessen. Er habe überhaupt keinen Anlass zum Jammern.

„Unser Berufsverb­and kämpft im Moment nur darum, den Bestatter systemrele­vant zu machen“, ergänzt er. Dann müsse er Atemmasken oder Desinfekti­onsmittel nicht mehr selbst stellen. „Aber auch das ist für mich kein Grund, Trübsal zu blasen“, sagt Udo Andriessen.

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FOTO: MOLL (ARCHIV) Auf den Umgang im Bestattung­shaus in Zeiten von Corona hat sich Udo Andriessen vorbereite­t. Es gibt sogar separate und abschließb­are Klimakamme­rn, in denen Verstorben­e, die Covid-19 hatten, aufgebahrt werden.

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