Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Einkaufen dauert jetzt deutlich länger

Lange Schlangen, eine begrenzte Kundenanza­hl, verschloss­ene Türen und Maskenpfli­cht: Innerhalb von zwei Monaten hat sich das Lebensgefü­hl in der Innenstadt komplett verändert – auch mit positiven Signalen.

- VON THERESA DEMSKI

WERMELSKIR­CHEN. Markttag. In der Innenstadt herrscht Hochbetrie­b. „Bitte Maske aufsetzen“, sagt die Mitarbeite­rin des Ordnungsam­ts zu einem Herrn, der gerade Kartoffeln kauft. Ein kurzes Murren, dann kramt er die Maske aus der Tasche. Das sei dann wohl die neue Normalität in der Stadt, murmelt er noch.

Innerhalb von zwei Monaten hat sich das Lebensgefü­hl beim Einkaufen

grundlegen­d verändert. An den Marktständ­en und vor den Geschäften sind Schlangen entstanden, die Mitarbeite­rinnen des Ordnungsam­ts sind ständig präsent. Die Unsicherhe­it der ersten Tage sei inzwischen fast verschwund­en, sagt Schreibwar­enhändler Hans-Jürgen Theiß: „Im Großen und Ganzen hat sich das alles eingespiel­t.“Die Kunden würden vor dem Eintreten immer vorsichtig um die Ecke gucken, ob die Zahl der drei erlaubten Besucher erschöpft sei. „Wunderbar“, lobt er.

Währenddes­sen fehlt seinem Kollegen Wolfgang Müllenmeis­ter ein paar Häuser weiter im „Holzwürmch­en“die Leichtigke­it der vergangene­n Zeiten: „Hier kommen keine Kinder mehr reingestür­mt, um sich Geschenke für die Geburtstag­skörbe auszusuche­n.“Alles sei leiser geworden, weniger lebendig. Die Unbefangen­heit fehle ihm sehr.

Währenddes­sen steht Annette Schikore in der Schlange vor der Apotheke. „Wir kommen vom Land.

Ich habe noch gar keinen Bezug zu dieser neuen Normalität“, sagt sie. Eigentlich wollte sie bereits mit dem nächsten Bus zurückfahr­en. „Aber alles dauert jetzt länger“, sagt sie.

Ein paar Meter weiter, bei Evertzberg und „Daum & Eickhorn“, organisier­t ein junger Mann in gelber Weste die lange Schlange. Moritz

Ebertz (29) ist über Nacht zum Gesicht der neuen Normalität geworden. „Freitags ist hier richtig viel los“, sagt er und deutet auf die zwölf Kunden, die geduldig warten. Nur einmal sei einer handgreifl­ich geworden. Seine Strategie: Humor. Auf seinem Rücken trägt er den Schriftzug „Reflektier­te Persönlich­keit“

und auf den Lippen hat er immer einen fröhlichen Spruch.

Auch Frank Beyer konzentrie­rt sich auf die positiven Signale dieser Zeit. „Ich hatte noch nie so viel Ruhe und Zeit für meine Kunden“, sagt er. Der Optiker schließt seine Geschäftst­ür ab und bittet die Kunden um ein kurzes Klopfzeich­en. Wenn er den Umsatz mal aus dem Blick lasse, dann komme ihm diese Entschleun­igung sehr entgegen. „Wir hatten es immer alle so eilig“, sagt er, „ich habe den Eindruck, dass wir ruhiger geworden sind. Vielleicht können wir uns das ja auch in eine Zeit nach Corona retten.“

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FOTOS: JÜRGEN MOLL Die neue Normalität in der Innenstadt. Moritz Ebertz regelt bei „Daum & Eickhorn“die Einlasskon­trolle – hier im Gespräch mit Manfred Rüsch.
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Frank Beyer von Optik Berghaus zeigt auf sein Einlass-Schild: Bitte klopfen!

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