Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Viel Disziplin aufbringen, um die Müdigkeit zu überwinden
Leichtathletik: Der Solinger Läufer Philipp Bannies absolvierte eine 4 x 4 x 48 benannte Challenge über insgesamt 76 Kilometer innerhalb von 48 Stunden.
SOLINGEN Die Zeit mit all den Einschränkungen, Verboten und Verlusten, die Covid-19 mit sich bringt, stellt gerade viele vor Herausforderungen. Gleichzeitig gibt es aber weiterhin Menschen, die sich ganz bewusst ihre eigenen Herausforderungen suchen, auch weil sie sich anderen nicht stellen können, da diese in diesem Jahr einfach nicht durchführbar sind.
Der in Solingen lebende Läufer Philipp Bannies gehört zu diesem Personenkreis und suchte sich zuletzt den sportlichen „Kick“. Der 31-jährige Krankenpfleger und Medizin-Student schloss sich einer Internet-Aktion an, die wiederum eine Idee eines amerikanischen Elite-Soldaten aufgriff, der unter anderem mit der 4x4x48 benannten Challenge sein Übergewicht bekämpfte.
Hinter diesen Zahlen steckt eine Idee: Im Zeitraum von 48 Stunden tritt ein Sportler zwölf Mal alle vier Stunden einen Lauf über vier Meilen (6,4 Kilometer) an. Man läuft also genau 48 Meilen innerhalb von 48
Stunden – oder eben umgerechnet etwas mehr als 76 Kilometer. Dokumentiert und „bewiesen“wird das Durchhalten durch Fotos und Videos im Internet. Die gelaufenen Zeiten sind nebensächlich.
Das durchaus beträchtliche Kilometerpensum, so berichtet der erfahrene Solinger Läufer, sei allerdings weniger das Problem gewesen: „Die meiste Disziplin musste man aufbringen, um die Müdigkeit zu überwinden. Der Schlafmangel über die zwei Lauftage hat mir am meisten zu schaffen gemacht.“Kein Wunder: Um Mitternacht des beginnenden ersten Tages startete er – am Abend des darauffolgenden schnürte er abends um 20 Uhr das letzte Mal für diesen Wettbewerb die Turnschuhe. Zu dem Zeitpunkt kämpfte Philipp Bannies nicht mehr nur alleine ums Wachbleiben: „Auf den letzten beiden Runden habe ich Beschwerden
mit dem Oberschenkel bekommen. Aber da ich fast durch war, gab es keinen Gedanken ans Aufgeben.“
Gelaufen ist Bannies auf Strecken in der Nähe der Innenstadt, bewusst „ohne viele Höhenmeter“. In den Nachtläufen stattete er sich mit Stirnlampe und reflektierender Jacke aus. Um seine Sicherheit machte er sich ansonsten keine Gedanken: „In der Corona-Zeit ist nachts sowieso keiner mehr unterwegs. Ich hatte die Straßen ganz für mich.“
Alleine war Bannies jedoch nicht immer: Seine Freundin begleitete ihn auf dem Rad, Freunde von ihm liefen auf Teilstücken mit. Der in Solingen gut bekannte SLC-Leichtathlet Dirk Voigt-Krämer war gleich auf drei der zwölf Runden Partner und Unterstützer – dennoch immer den nötigen Sicherheitsabstand wahrend. Zum Austausch der Läufer untereinander dienten jedoch vor allem die sozialen Netzwerke des Internets.
„In der Corona-Zeit ist nachts sowieso keiner mehr unterwegs“
Dort wurden die Fotos und Videos kommentiert, die Leistungen anerkannt. „Das ist ein bisschen, als ob man sich unterhält. Aber nur ein bisschen, denn die realen Unterhaltungen vor, nach oder manchmal auch während eines längeren Laufes kann auch das Internet nicht ersetzen.“
Trotzdem: Die Aktion des Solingers stieß auf Resonanz: „Viele, von denen ich länger nichts gehört habe, schrieben mich an, was denn bei mir gerade los sei“, erzählt dieser angetan. Langfristig wünscht sich der auf den langen Strecken beheimatete Läufer jedoch die realen Wettkämpfe wieder herbei. Vielleicht klappe es ja noch mit den 100 Kilometern beim Remscheider Röntgenlauf im Herbst. Und eine andere Marke hat Bannies im Visier: „Meine Marathon-Bestzeit steht bei 3:10 Stunden. Ich traue mir durchaus zu, die drei Stunden zu unterbieten.“Die Herausforderungen werden kommen – spätestens nach Corona.
Philipp Bannies