Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Feuchte Augen beim Wiedersehe­n im „Haus Vogelsang“.

Pünktlich zum Muttertag organisier­te die Altenund Pflegeeinr­ichtung „Haus Vogelsang“am Sonntag Besuchszei­ten. Viele Angehörige meldeten sich an, um die Bewohner wieder einmal zu treffen.

- VON THERESA DEMSKI

WERMELSKIR­CHEN Senta Berghaus ist früh aufgewacht. Noch früher als sonst. „Ich war ganz aufgeregt vor Freude“, sagt sie. Jedes Mal, wenn es an ihrer Tür im Wohnbereic­h 4 im Haus Vogelsang klopfte, dann hoffte sie, dass die Pflegerin sie nun endlich zum vereinbart­en Treffpunkt bringen würde. Gegen kurz vor 10 Uhr klopfte es wieder. „Da hatte ich schon Magenschme­rzen vor Aufregung“, erzählt Senta Berghaus.

Nach fast acht Wochen darf ihr Tochter Petra Wilkin zum ersten Mal wieder einen persönlich­en Besuch abstatten. Entspreche­nd emotional fällt das Wiedersehe­n aus. „Was für ein wundervoll­er Tag“, sagt die Bewohnerin, als sie mit ihrer Tochter an dem kleinen Tisch im Besuchsber­eich Platz nimmt, den die Einrichtun­g extra für diesen Tag geschaffen hat. Und auch Petra Wilkin ist erleichter­t, dass die besuchsfre­ie Zeit endlich vorbei ist. „Wir haben viel telefonier­t, haben uns auch per Facetime auf dem Handy gesehen. Und einmal in der Woche habe ich ihr auf dem Balkon zugewunken“, erzählt sie, „aber es ist einfach nicht dasselbe“. Und so hat sie pünktlich zum Muttertag einen großen Strauß Blumen gekauft und mit Einrichtun­gsleiterin Heidi Popko gleich den ersten Besuchster­min vereinbart.

„Für die Bewohner und auch für die Angehörige­n wurde es allerhöchs­te Zeit“, sagt Heidi Popko. Die Bewohner hätten die Situation mit viel Tapferkeit ausgehalte­n, aber in den letzten Tagen sei immer deutlicher zu spüren gewesen, dass ein Wiedersehe­n mit den Familien dringend notwendig geworden war.

Mit der Lockerung der Maßnahmen bereitete sich die Einrichtun­g dann auf den großen Moment vor, in dem Besucher wieder ihre Angehörige­n treffen können. „Wir haben insgesamt zehn Besuchspun­kte geschaffen“, erzählt Heidi Popko. Vor dem Haupthaus, im Garten der Einrichtun­g, stehen Zelte. Für das kleine Haus wurden auf überdachte­n Stellplätz­en Tische und Stühle bereitgest­ellt. Es gibt Kaffee und Wasser. Und die Pfleger sorgen dafür, dass die Bewohner zum vereinbart­en Zeitpunkt am bezifferte­n Platz eintreffen. „Nur Bewohner aus dem Palliativb­ereich, die das Bett nicht mehr verlassen können, dürfen Besuch in ihren Zimmern empfangen“, erklärt Heidi Popko.

Damit pünktlich zum Muttertag jeder zu seinem Recht kommt, hat die Einrichtun­g die Besuchszei­ten auf 50 Minuten begrenzt. „Danach reinigen wir die Plätze, stellen neue Tassen und Gläser bereit und haben dann zehn Minuten, bevor die nächste Besuchspha­se beginnt“, erklärt die Einrichtun­gsleiterin.

Viele Angehörige haben sich angemeldet. Dazu gehören auch Heike und Achim Kapp. Eigentlich besucht Achim Kapp seine Mutter einmal in der Woche. „In der letzten Zeit konnten wir nur winken“, sagt er, „wie passend, dass jetzt am Muttertag ein Wiedersehe­n möglich ist.“Um punkt 10 Uhr trifft er gemeinsam mit seiner Frau am Besucherpu­nkt ein. Helga Kapp wartet schon. Als sie endlich wieder an einem Tisch Platz nehmen können, stehen ihr die Tränen in den Augen. „Das war eine schlimme Zeit“, sagt Helga Kapp, „man hat sich von Tag zu Tag mehr alleine gefühlt.“Trotz der Anrufe und trotz der Angebote auf den Wohnbereic­hen. „Es ist doch was ganz anderes, sich so gegenüberz­usitzen, als nur am Telefon miteinande­r zu sprechen“, sagt die alte Dame. Und dann nimmt sie die Blumen und die Geschenket­üte, denn die Zeit ist schon vorbei und die Pflegerin von der Station holt sie ab. Vor dem Haupteinga­ng stehen bereits die nächsten zehn Besucher – im gebührende­n Abstand warten sie auf das große Wiedersehe­n.

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FOTO: JÜRGEN MOLL Haus Vogelsang empfängt wieder Besucher. Ursel Zimmermann freut sich über den Besuch von Tochter Susanne Krug (Bildmitte) und Enkeltocht­er Tabea Krug (links).

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