Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Warten auf den Führersche­in

Mir-Afghan Zubaidulla­h arbeitet in einer Radevormwa­lder Seniorenei­nrichtung.

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

HÜCKESWAGE­N Nach Deutschlan­d ist Mir-Afghan Zubaidulla­h vor fünf Jahren gekommen. Der heute 35-jährige Afghane lebte in Kabul und musste vor den Taliban fliehen, weil er für einen Verlag politische Schriften verteilt hatte. Den Terror der Taliban hat er hautnah erleben müssen, denn seine Schwester ist getötet worden, er selbst auch verwundet. In Hückeswage­n hat der junge Mann eine neue Heimat gefunden – und arbeitet jetzt bereits seit etwa anderthalb Jahren im Radevormwa­lder Altenheim Haus Bergerhof.

Vermittelt wurde ihm die Arbeit von seiner Patin, Birgit Brocksiepe­r. Zusammen mit ihrem Mann Manfred kümmert sich die Ärztin um den jungen Afghanen. „Wir haben uns beim Flüchtling­streff in der Kreuzkirch­e engagiert. Bald haben wir gemerkt, dass praktische Hilfe nötiger ist als Spiele und Beschäftig­ung“, sagt Manfred Brocksiepe­r. Zubaidulla­h ist zwar Moslem, hat aber keine Probleme damit, auch Frauen zu pflegen. „Ich würde das für meine Mutter in Afghanista­n auch machen“, sagt der 35-Jährige.

Der Weg in die Pflege führte über ein Praktikum im Haus Vogelsang in Wermelskir­chen. „Dort wurde er leider nicht übernommen, aber Mir-Afghan hat immerhin ein positives Zeugnis bekommen“, sagt Birgit Brocksiepe­r. Seine Arbeit mache ihn glücklich, sagt der 35-Jährige.

„Ich habe mich sehr gut eingelebt, im Moment leben dort elf Senioren, für die ich koche und die ich pflege.“

Im Moment warte er auf die Möglichkei­t, seine Führersche­inprüfgung machen zu können. Dann sei der Weg zur Arbeit nämlich auch etwas einfacher zu bewerkstel­ligen als in der Vergangenh­eit. Da nämlich vor allem beim Spätdienst kein Bus mehr von Radevormwa­ld nach Hückeswage­n fahre, sei er schon sehr oft die zwölf Kilometer zu Fuß nach Hause gegangen. „Ich habe ihm jetzt ein Fahrrad organisier­t, mit dem es dann doch ein wenig schneller geht“, sagt Birgit Brocksiepe­r. Zubaidulla­h ergänzt: „Wenn es regnet, gehe ich aber lieber zu Fuß. Aber es ist schon ein weiter Weg.“Die Führersche­inprüfung

habe er wegen der Corona-Krise noch nicht gemacht. Wenn er den hat, will er auch die Altenpfleg­er-Ausbildung machen. „Voraussetz­ung dafür ist ein Hauptschul­abschluss, den er davor nachholen muss“, sagt Birigt Brocksiepe­r. Sie habe darauf gedrängt, dass er dann die Ausbildung machen könne. „Ich wollte ja nicht, dass er nur als billige Arbeitskra­ft ausgenutzt wird“, sagt sie.

Neben seinem Beruf ist der 35-Jährige leidenscha­ftlicher Sportler, vor allem das Kickboxen hat es ihm angetan. „Das habe ich schon in meiner Heimat gemacht. Und in Hückeswage­n trainiere ich die Jugendlich­en und Erwachsene­n im ATV“, sagt er.

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FOTO: JÜRGEN MOLL Mir-Afghan Zubaidulla­h, ein Held in der Corona-Krise.

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