Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Gutachten sieht 42-Millionen-Lücke

Corona-Folgen könnten die städtische­n Finanzen bis ins Jahr 2075 belasten.

- VON HENNING RÖSER

REMSCHEID Diese Rechnung beunruhigt alle Kommunen in NRW. Verluste in der Höhe zwischen 4,5 und 9 Milliarden Euro als Folge der Corona-Pandemie sagt ein Gutachten des langjährig­en Bochumer Kämmerers Manfred Busch für die Jahre 2020 bis 2022 den Städten und Gemeinden voraus, das dieser im Auftrag der Grünen Landtagsfr­aktion erstellte. Anfang April wurde es vorgestell­t.

Gut einen Monat später geht Remscheids Kämmerer Sven Wiertz (SPD) davon aus, „dass wir wahrschein­lich mit dem Worst Case rechnen müssen“. Runtergere­chnet auf Remscheid bedeutet die Neun-Milliarden-Prognose von Busch ein Minus von 42,5 Millionen Euro.

Wie aber soll eine Stadt, die trotz aller Konsolidie­rungserfol­ge der vergangene­n Jahre nach wie vor überschuld­et ist, diese Belastung verkraften? In Düsseldorf laufen Überlegung­en, den Städten die Aufnahme von langfristi­gen Krediten mit einer Laufzeit von bis zu 50 Jahren zu erlauben, mit deren Rückzahlun­g auch erst 2025 begonnen werden müsste. „Bilanzieru­ngshilfe“heißt offizielle Begriff dafür. Das könne man grundsätzl­ich so machen, sagt Wiertz. Es bedeute allerdings, dass man kommenden Generation­en die Corona-Last überlässt. Die Verpflicht­ung, 850.000 Euro pro Jahr zusätzlich einnehmen zu müssen, wären bei dieser Lösung praktisch schon in die Haushaltsp­läne der Zukunft eingeschri­eben. Noch gar nicht eingerechn­et sind dabei

„Wir wollen nicht vergessen werden und müssen mit unter den Rettungssc­hirm des Landes.“

Sven Wiertz Kämmerer und Stadtdirek­tor

mögliche Zinslasten für diese Kredite.

Für die Remscheide­r Gegenwart bleiben die akuten Probleme damit aber bestehen. Denn die zusätzlich­en Ausgaben etwa für Schutzklei­dung oder den Umbau der Neuenkampe­r Halle zu einem Notkranken­haus müssen bezahlt werden. Im Haushalt für 2020 waren sie nicht eingeplant. Zugleich brechen Einnahmen unter anderen aus der Gewerbeste­uer weg.

Wichtig ist für Wiertz daher das

Bekenntnis, dass die Kommunen nicht alleine für die Folgen der Corona-Krise aufkommen werden. Über einen Anteil der Lasten von zehn bis 20 Prozent könne man reden, beim Rest aber seien Land und Bund gefragt, sagt der Kämmerer. Seine Forderung bleibt daher: „Wir wollen nicht vergessen werden und müssen mit unter den Rettungssc­hirm.“

Ein wichtiges Datum bei diesem Thema ist die Steuerschä­tzung in diesem Monat. An ihrem Ergebnis wird besser abzulesen sein, wie nahe die besorgnise­rregende Prognose von Manfred Busch der Wahrheit kommt. Eine Botschaft, die der Kämmerer auch in die Lokalpolit­ik sendet.

Als in der vergangene­n Woche nach fast zwei Monaten Corona-Pause der Finanzauss­chuss wieder tagte, standen dort gleich mehrere Prüfanträg­e und Anfragen auf der Tagesordnu­ng, deren Umsetzung die Stadt Geld kosten würde. Noch vor der Abstimmung darüber kündigte Wiertz an, dass die Stadt zunächst die Botschaft der Landesregi­erung abwarten will, bis sie den Fraktionen zur Umsetzung und ihrer Auswirkung auf die Finanzsitu­ation der Stadt Ende Mai einen Vorschlag machen wird.

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