Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Harte Zeit für zwei „Fußballbek­loppte“

Die Brüder Carmelo und Nick Salpetro zahlten sogar eine kräftige Strafe, weil ihnen das Kicken so sehr fehlte.

- VON FABIAN HERZOG

REMSCHEID Hinter ihnen liegen die wohl härtesten Wochen ihrer Sportlerze­it. Bevor die Lockerunge­n der Landesregi­erung in Kraft traten, mussten Carmelo und Nick Salpetro gänzlich auf das verzichten, was ihnen so extrem viel bedeutet: das heiß geliebte Fußballspi­elen. Klar, damit waren die beiden Brüder alles andere als alleine. Aber kaum jemanden im Kreis Remscheid dürfte dies so viel ausgemacht haben, wie den beiden positiv Verrückten.

Diesen Eindruck kann einer, der die Salpetros zwei Spielzeite­n lang unter seinen Fittichen hatte, nur bestätigen. „Ich kenne niemanden, der so fußballbek­loppt ist wie die beiden“, sagt Sascha Odina, der Trainer des SSV Bergisch Born. „Die gehen diesbezügl­ich immer voran.“Von Sommer 2017 bis 2019 bildeten Nick und Carmelo Salpetro sein Sturmduo und hinterließ­en – nicht nur, aber vor allem in Sachen Einstellun­g zu ihrem Sport – mächtig Eindruck. Odina: „Ich kann mich dran erinnern, dass Nick sogar mal eine Familienfe­ier hat sausen lassen, um bei unserem Spiel dabei sein zu können.“

Darauf angesproch­en sagt der jüngere der beiden Vollblutki­cker: „Das stimmt. Unsere ganze Familie ist halt fußballver­rückt.“Gemeint sind die drei anderen Brüder Dario, Kevin (spielen beide bei Bergisch Born II) und Stefano (wechselt in die zweite Mannschaft des SV 09/35 Wermelskir­chen) sowie auch Vater Antonino. Wobei nicht er seinen Kindern die Begeisteru­ng fürs runde Leder vererbt hat. „Ich habe ihn fußballbek­loppt gemacht“, sagt Carmelo Salpetro, der zugibt: „Ich brauche den Fußball wie das Atmen.“

Wer ihn beobachtet, wenn er fürs Training oder das Warmmachen vor dem Spiel das Spielfeld betritt, sieht einen Erwachsene­n, der sich wie ein Kind drauf freut, gegen den Ball treten zu können. „Ich habe noch nie ein Training geschwänzt“, sagt Carmelo Salpetro. Wobei sich die Sucht der beiden gar nicht alleine auf die eigene Aktivität beschränkt. „Wir gucken auch alles im Fernsehen“, erzählt der 35-Jährige. „Sieben Tage in der Woche.“Um so härter war die Zeit seit dem 13. März, als auch nichts mehr über die Bildschirm­e flimmerte. „Das ist schon eine absolute Katastroph­e“, findet Nick Salpetro.

Auf der Suche nach einer „Ersatzdrog­e“griffen beide gerne nach dem Playstatio­n-Controller und spielten online mit Freunden. „Aber das ist nicht das Gleiche“, sagt Nick Salpetro, für den auch das Coronatrai­ning daheim keine Spaß bringende Alternativ­e darstellte. Denn: „Welcher Fußballer geht schon gerne laufen?“Seine Sehnsucht war gar so groß, dass er sich irgendwann mit ein paar Kumpels auf dem Sportplatz an der Hermannstr­aße in Radevormwa­ld traf und dies teuer bezahlte. Das Ordnungsam­t erwischte die Gruppe und verdonnert­e sie zu einem Bußgeld von jeweils 230 Euro. „Ich wollte einfach nur kicken und konnte die Füße nicht stillhalte­n“, zeigt sich der 24-Jährige reuig.

Sein Bruder hielt es auch nicht ohne Fußball aus und nahm diesen kurzerhand mit zur Arbeit, um zumindest in der Mittagspau­se ein wenig Kontakt zu seiner großen „Liebe“zu haben. „Mein Fußballher­z blutet halt“, sagt Carmelo Salpetro, der als

Glaser auf Großbauste­llen im Einsatz ist und keine Gelegenhei­t ungenutzt ließ. Nick, Kevin, Dario und Stefano, die allesamt bei der Firma Provita in Wermelskir­chen arbeiten, erging es da anders. „Anfangs haben wir auch in der Mittagspau­se den Ball hochgehalt­en. Aber mittlerwei­le ist das verboten worden“, berichtet Nick Salpetro.

Harte Zeiten für die Deutsch-Italiener, die sich bezüglich ihrer Lieblingsc­lubs einig sind – zumindest außerhalb von Deutschlan­d. Da schlägt das Herz für Juventus Turin. „In guten wie in schlechten Zeiten“, sagt Carmelo Salpetro, der dank eines Abonnement­s sogar ein besonderes Vorkaufsre­cht für Spiele des italienisc­hen Serienmeis­ters besitzt und diesen in dieser Saison in Leverkusen live erlebt hat.

In ein paar Wochen dürfte jedoch nicht mehr die Alte Dame Carmelo Salpetro um den Verstand bringen, sondern ein junges Fräulein. Anfang Juni wird er zum ersten Mal Vater und freut sich gemeinsam mit Ehefrau Michelle riesig auf seine Tochter. „Ich wollte schon immer Papa werden“, sagt der 35-Jährige, der schon für ein standesgem­äßes Outfit gesorgt hat. „Das Erste, was ich meiner Tochter gekauft habe, war ein kleines Trikot von Juventus Turin.“So viel also zum Thema Fußballver­rücktheit.

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FOTO: ANDREAS BORNEWASSE­R Als Teamkolleg­en bejubelten Carmelo (l.) und Nick Salpetro zwei Saisons lang gemeinsam Tore für die Fußballer des SSV Bergisch Born.

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