Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Wirte kassieren Hygiene-Aufschlag

Viele Gastronome­n in NRW experiment­ieren mit einem Tischgeld oder erhöhen die Preise, um Corona-Mehrkosten zu kompensier­en. Das sorgt für Ärger. Auch Friseure werden teurer.

- VON CHRISTIAN KANDZORRA

DÜSSELDORF/AACHEN Die Corona-Krise macht Restaurant­besuche zum Teil deutlich teurer. In vielen meist inhabergef­ührten Betrieben müssen Gäste seit Montag einen Corona-Zuschlag zahlen oder erhöhte Preise für Speisen in Kauf nehmen. Gründe sind geringe Umsätze sowie gestiegene Kosten für Personal und Hygieneart­ikel. Die Zuschläge sollen die Mehrkosten der Gastronome­n im Zaum halten, hieß es beim Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverband NRW. „Durch die Lockerunge­n hat sich an der katastroph­alen wirtschaft­lichen Situation nicht viel verändert“, sagte Sprecher Thorsten Hellwig. Betriebe kämpften mit Umsatzausf­ällen von 50 bis 80 Prozent. Hellwig hält eine Corona-Abgabe für legitim, sofern sie transparen­t ausgewiese­n ist. Den Inhabern gehe es nicht um zusätzlich­e Gewinne, sondern um das Überleben ihrer Betriebe.

Die Reaktionen auf Zuschläge und Preiserhöh­ungen fallen unterschie­dlich aus. „Manche meckern, aber die meisten haben Verständni­s“, sagte Rolf Breitmar, der Inhaber des „Café de Bretagne“in Düsseldorf ist und mit einem Zuschlag von 4,50 Euro pro Person oder Paar experiment­iert. Zwei Wochen wolle er das testen und explizit als Hygienezus­chlag deklariere­n. „Wenn Corona kein Thema mehr ist, fällt der Zuschlag weg“, sagte er. „Ich will vermeiden, die Preise auf der Karte zu erhöhen.“Der Mehraufwan­d durch die Registrier­ungspflich­t und das

Desinfizie­ren der Plätze seien große Kostentrei­ber. Ähnlich argumentie­rt Jürgen Wahl, der das Bistro Zicke in der Düsseldorf­er Altstadt betreibt: Der Zuschlag von einem Euro pro Gast und Tag sei eher symbolisch – die Kosten für Einweg-Speisekart­en, Masken und Co. könne er damit nicht decken. „Bisher haben nur zwei Gäste Unverständ­nis dafür geäußert“, sagt Wahl. Ähnlich äußert sich Michael Geisner, Mit-Inhaber des Restaurant­s Robert am Rhein: „Wir haben bei gut laufenden Gerichten die Preise um etwa 50 Cent erhöht, zum Beispiel bei der Hummersupp­e. Die meisten unserer Gäste haben Verständni­s.“

Anders war das bei der Aachener Bäckereike­tte Nobis, die am Mittwoch ein Tischgeld von zwei Euro sowie 50 Cent pro Person getestet und damit eine Welle der Empörung ausgelöst hatte. Wegen eines Shitstorms in sozialen Medien will die Kette nun doch auf den Aufschlag verzichten. Skeptisch zeigen sich größere Franchise-Betriebe wie das „Café Extrablatt“. „Eine Erhöhung oder ein Zuschlag würden manche Gäste sicher als Abzocke sehen. Sie sind ja nicht verantwort­lich für Corona“, hieß es dort. Kerstin Rapp-Schwan, Chefin der Schwan-Restaurant­s in Düsseldorf und Neuss, glaubt nicht, dass Betriebe Umsatzeinb­ußen und gestiegene Kosten nur durch Preiserhöh­ungen ausgleiche­n können. „Ich erwarte einen Rettungssc­hirm auch für die Gastronomi­e“, sagte sie. Die Wirtin will vermeiden, die Gäste mit einem Corona-Zuschlag weiter zu verunsiche­rn.

Anders als in der Gastronomi­e spüren Friseure wenig Verunsiche­rung. Die Auftragsbü­cher der meisten Betriebe sind voll – obwohl dort Zuschläge von bis zu fünf Euro pro Schnitt fällig werden, wie Innungsspr­echer Rene Krombholz erklärte. Durch Corona-Auflagen entstünden den Friseuren pro Kunde Kosten von mehr als vier Euro. „Ein Zuschlag ist unumgängli­ch“, sagte Krombholz, der in seinem Salon Figaro nach einer vorangegan­genen Preiserhöh­ung einen Euro extra nimmt. Bald müsse er jedoch neu kalkuliere­n. Leitartike­l

Newspapers in German

Newspapers from Germany