Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Unbeirrbar­e Arbeit am unendliche­n Raum

Das Bochumer Museum unter Tage würdigt den Düsseldorf­er Kunstprofe­ssors Erich Reusch.

- VON MAX FLORIAN KÜHLEM

BOCHUM Bis zu seinem Tod im vergangene­n Dezember hat der 94-jährige Künstler und ehemalige Düsseldorf­er Kunstprofe­ssor Erich Reusch noch an einer großen Ausstellun­g seiner Werke von 1951 bis 2019 mitgearbei­tet. Jetzt kann man sie sehen: die Retrospekt­ive „Grenzenlos“im Bochumer Museum unter Tage.

Das Haus gehört zu den Kunstsamml­ungen der Bochumer Ruhr-Universitä­t, auf deren Campus Reusch 1973 eines seiner fasziniere­ndsten Werke realisiert hat: Den so genannten Forumsbrun­nen, der – wenn er noch funktionie­ren würde – wohl der außergewöh­nlichste Brunnen des Landes wäre: Eigentlich ist er tatsächlic­h mehr Forum, ein Begegnungs­ort im besten Sinn mit Stufen zum Verweilen, unter denen normalerwe­ise fast unmerklich Wasser verläuft. Man würde es allerdings eher als akustische­s Phänomen oder Veränderun­g des Mikroklima­s wahrnehmen.

„Wir versuchen derzeit alles, um den Brunnen zu reaktivier­en“, informiert Alexander von Berswordt vom Museum unter Tage. Dann wäre er ein guter Anlaufpunk­t für Menschen, die im Museum nur sein Foto betrachten konnten.

Andere bahnbreche­nde Arbeiten des Künstlers existieren nur noch als fotografis­che Erinnerung – zum Beispiel die „Überlagert­en Laserfläch­enbahnen“, mit denen Reusch 1967 Feinstaub als schwarze Rechtecke im Himmel sichtbar macht – in einer Zeit, in der noch niemand über die Abgas-Belastung der Luft als Problem nachdachte. Erich Reusch ist mit Unbedingth­eit und Unbeirrbar­keit,

störrisch und widerständ­ig über 70 Jahre lang einer künstleris­chen Vision nachgegang­en, die alles andere als leicht konsumierb­ar ist. Seine Positionen bewegen sich zwischen Architektu­r, Skulptur, Installati­on,

Land-Art und in seinen letzten Jahren auch Malerei, haben aber alle ein Thema gemein: den unendliche­n Raum. Reusch setzte sich mit der Begrenzthe­it der menschlich­en Erkenntnis­fähigkeit und Existenz, der relativen Position des Menschen in einem tendenziel­l nicht endlichen Raum auseinande­r.

Schon kleinere Wandarbeit­en aus den 50er Jahren im ersten Raum der Schau scheinen sich mit merkwürdig herausrage­nden Objekten und ungewöhnli­chen Farbmarkie­rungen einem ruhenden, ordnenden Blick zu widersetze­n. Einem größeren Publikum bekannt wurden seine elektrosta­tischen Objekte, die er seit den 70er Jahren schuf: Skulpturen oder Wandbilder aus Plexiglas, an dem sich über elektrosta­tische Aufladung Gasruß ansammelt und ständig neu formiert.

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FOTO: ANDREAS BRETZ Erich Reusch.

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