Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
„Im direkten Vergleich haben nachhaltige Aktienfonds in allen Regionen weniger an Wert verloren als ihre konventionellen Mitbewerber“
Beim Wiederaufbau der Wirtschaft dürften nach Ansicht vieler Experten Nachhaltigkeitskriterien eine mindestens so starke Rolle spielen wie vor der Krise. Anleger würden davon profitieren. Eine aktuelle Analyse zeigt bereits: Nachhaltige Investments erweis
Die Corona-Krise hat andere Themen aus den Schlagzeilen gedrängt, zum Beispiel die Klimadebatte. Vor der Krise hatten die Bemühungen großen Raum eingenommen, die Wirtschaft mehr an ökologischen Zielen zu orientieren. Überhaupt stand Nachhaltigkeit ganz oben in politischen Auseinandersetzungen und unternehmerischen Anstrengungen. Dabei ging es nicht nur um Klima und CO2-Reduzierung. Nachhaltigkeitsziele umfassen neben der ökologischen Verantwortung auch Themen der sozialen Gerechtigkeit und der nachhaltigen Unternehmensführung, die die Verantwortung von Unternehmen gegenüber Mitarbeitern und der Gesellschaft insgesamt in den Blick nehmen soll.
Im Zuge dieser Gesamt-Umorientierung der Wirtschaft haben auch Anleger und Investoren das Thema für sich entdeckt – und umgekehrt damit auch die Unternehmen beeinflusst. Allein in Deutschland hatte die Summe nachhaltiger Geldanlagen im vergangenen Jahr laut Zahlen des Forums Nachhaltige Geldanlagen mit 219 Milliarden Euro einen neuen Höchststand erreicht. Nachhaltige Fonds und Mandate verzeichnen ihr größtes Wachstum seit Beginn der Erhebung und legten um insgesamt 41 Milliarden Euro zu. 2018 hatten nachhaltige Fonds und Mandate 2018 erstmals einen Marktanteil von 4,5 Prozent erreicht. Die Investoren können damit auch Einfluss auf die Wirtschaft ausüben. Unternehmen müssen Nachhaltigkeitsregeln implementieren, wenn sie für die entsprechenden Fonds und Geldgeber in Frage kommen sollen.
Spielt dies alles nun in Corona-Zeiten keine Rolle mehr? Ein Blick auf die Schlagzeilen reicht für eine Beurteilung nicht aus – im Gegenteil: „Ein sorgfältiger und vorausschauender Geschäftsleiter tut gut daran, das Thema Nachhaltigkeit in und vor allem nach der Corona-Krise im Fokus zu behalten. Vielleicht ist gerade jetzt die Zeit zum Umdenken gekommen“, sagen Experten der Wirtschaftskanzlei Beiten Burkhardt in einem Sonder-Newsletter vom April 2020. Die Krise zeige, „wie wichtig es ist, künftige Krisen, die durch ein nicht hinreichend nachhaltiges Wirtschaften ausgelöst oder begünstigt werden könnten, nach Möglichkeit zu vermeiden“. Zudem habe die EU-Kommission „bereits recht deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie auch angesichts der Corona-Krise weiterhin an dem European Green Deal und dem Ziel der Klimaneutralität bis 2050 festhalten will“.
Damit bleibt das Thema auch für Anleger relevant. Doch wie haben sich ihre Investments in der Krise bislang verhalten? Könnte hier nicht eine schlechtere Bilanz das Interesse an nachhaltigen Geldanlagen bremsen? Auch auf diese
Frage haben Experten eine klare Antwort: Nachhaltige Aktienfonds zeigen sich in der Corona-Krise widerstandsfähiger als ihre konventionellen Pendants. Dieses Fazit ziehen jedenfalls die Marktbeobachter des Analysehauses Scope Analysis aus einer Untersuchung von Daten des ersten Quartals dieses Jahres.
Sie analysierten neben global ausgerichteten Fonds auch solche, die speziell in Europa, Nordamerika oder in den Schwellenländern investieren. Einbezogen wurden neben aktiven auch passive Produkte, allesamt mit Zulassung in Deutschland. Die Analysten nahmen mehr als 2000 Aktienfonds mit einem verwalteten Vermögen von rund einer Billion Euro unter die Lupe.
Die Ergebnisse fallen klar, aber auch differenziert aus. Im Durchschnitt schlugen Produkte mit globalem, europäischem und nordamerikanischem Investmentfokus ihren Vergleichsindex. Die höchste Outperformance erzielten global orientierte Nachhaltigkeitsfonds. Dagegen schnitten Aktienfonds ohne Nachhaltigkeitsfokus mit Ausnahme globaler Produkte im Schnitt deutlich schlechter ab als ihre Benchmarks. Schwellenländer-Fonds entwickelten sich insgesamt mäßig. Nachhaltige Fonds blieben im Durchschnitt knapp hinter ihrem Vergleichsindex zurück, konventionelle Schwellenländer-Aktienfonds indes sogar deutlich.
„Im direkten Vergleich haben im ersten Quartal 2020 nachhaltige Aktienfonds in allen Regionen (Welt, Europa, Nordamerika & Schwellenländer) weniger an Wert verloren als ihre konventionellen Mitbewerber“,
heißt es in einer Mitteilung von Scope. „Besonders markant fiel dieser Effekt in Europa aus.“Auffallend ist zudem, dass sich in den Kategorien „Welt“, „Europa“und
„Schwellenländer“nachhaltige Aktienfonds mit aktivem Management im Durchschnitt besser hielten als entsprechende passive Nachhaltigkeitsprodukte. In Nordamerika hatten aktive nachhaltige Aktienfonds allerdings das Nachsehen gegenüber passiven Strategien.
Es bleibt also dabei: Anleger investieren bei sorgfältig ausgewählten Nachhaltigkeits-Produkten
nicht nur näher an ihren ethischen Maßstäben, sondern durchaus auch rentabel. Gutes tun und Rendite erzielen muss sich nicht widersprechen.