Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Im Notfall zählt das Augenmaß
Thomas Neuhaus, Leiter des Krisenstabes, kann sich einen neuerlichen Shutdown nicht vorstellen.
REMSCHEID Die Arbeit des Remscheider Krisenstabes geht weiter, auch wenn das Infektionsgeschehen in der Stadt sich zurzeit in einem überschaubaren Rahmen bewegt. Es gilt, jeden Tag die Lage neu zu bewerten. Der Bund und das Land haben die Verantwortung im Umgang mit möglichen lokalen Infektionswellen in die Hand der Kommune verlegt. „Wir müssen immer schauen, dass wir eine dem Vorfall angemessene Lösung finden“, sagt Thomas Neuhaus, Leiter des Krisenstabes. Er könne sich aber zum heutigen Zeitpunkt nicht vorstellen, dass in der Stadt wieder ein Shutdown verhängt wird.
Der Krisenstab setzt sich aus Vertretern verschiedener Abteilung zusammen. Dazu zählen unter anderem Feuerwehr, Ordnungsamt, Gesundheitsamt, Ärzte und Sana-Klinikum. Besonders heikel wird es, wenn in einer Woche mehr als 50 Infizierte festgestellt werden. Dann herrscht Alarm. Die Gefahr besteht, die Infektionsketten nicht mehr nachvollziehen zu können, was eine ungebremste Ausbreitung des Virus wahrscheinlich macht.
Frank Neveling, Leiter des Gesundheitsamtes, will auch in Zukunft die Entscheidung von der Lage vor Ort abhängig machen. Darin hat Remscheid bereits Erfahrung. Bereits vor dem Shutdown gab es an der Hilda-Heinemann-Schule einen Coronafall. Sofort sei die Schule geschlossen worden. Intensive Tests und eine genaue Analyse des Geschehens dienen als Grundlage für Maßnahmen. Sollten zum Beispiel zwei Schüler an der Sophie-Scholl-Schule erkranken, werde nicht gleich die ganze Schule geschlossen, sondern Klassen und Bezugspersonen getestet und unter Quarantäne gestellt. So habe man es auch bei Ausbruchsfällen in Altenheimen
gehandhabt.
„Wir wollen keine Gruppe von Menschen mit Einschränkungen überstrapazieren“, sagt Neveling. Um den Kreis so klein wie möglich zu halten, ist die Telefonzentrale des Gesundheitsamtes gefragt. Inzwischen hat die Stadt dort 24 Stellen eingerichtet, um schnell die Kontaktpersonen ausfindig zu machen. Zurzeit sind sechs Personen im Dienst, der Lage entsprechend. Laut Neuhaus gibt es einen Stufenplan, um eine zügige Nachverfolgung sicherzustellen, falls die
Zahlen steigen. In Kooperation mit verschiedenen Diensten werden dann externe Mitarbeiter als Verstärkung dazugeholt.
Die Neuenkamper Sporthalle dient immer noch als Notfallkrankenhaus. Die Stadt hat bei der Bezirksregierung inzwischen angefragt, wie lange sie noch diesen Puffer vorhalten muss. Die leeren 100 Betten kosten der Stadt zusätzliches Geld. Sie beschäftigt einen Sicherheitsdienst, um die Halle vor Einbrechern zu schützen. Neuhaus würde ein Abräumen der Betten begrüßen. „Wir sind nun in der Lage, das Notfallkrankenhaus innerhalb von wenigen Tagen wieder aufzubauen“, sagt Neuhaus.
Anfang April forderte das Bundeskanzleramt die Kommunen auf, die Zahl der Betten und Intensivbetten zu verdoppeln. Laut Bedarfsplans für Krankenhäuser hält das Sana-Klinikum 500 Betten und 16 Intensivbetten in normalen Zeiten vor. Diese Anzahl ist auf 1000 beziehungsweise 36 erhöht worden. Nur die zugesagten 15 Beatmungsgeräte seien bisher nicht angekommen.