Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
JVA: „Es wird eine Begegnung ohne Kontakt sein“
REMSCHEID Hält man es hinter den Mauern der Justizvollzugsanstalt in Lüttringhausen nicht so genau mit der Einhaltung der Corona-Hygieneregeln ? In einem Brief an unsere Redaktion berichtet ein Gefangener von seiner Ansicht nach grob fahrlässigem Verhalten des Personals, was den Umgang mit Mundschutzpflicht und Abstandsgebot betrifft.
Anstaltsleiterin Katja Grafweg weist diesen Vorwurf auf Nachfrage zurück. Man habe die Abläufe im Haus an die neuen Regeln angepasst. Was die JVA allerdings von anderen Einrichtungen unterscheide, sei, dass die Inhaftierten im Umgang untereinander keinen Mundschutz brauchen. Die Allermeisten säßen schon seit lange vor dem Ausbruch der Pandemie ein, könnten also nicht infiziert sein. Neu in die Haftanstalt verlegte Personen werden 14 Tage separat untergebracht (man nennt das Absonderung), bevor sie zu den anderen Häftlingen kommen.
Die Abläufe seien so organisiert, dass beim Aufeinandertreffen von Personal und Inhaftierten immer dann Mundschutz getragen werden muss, wenn der Abstand von 1,50 Meter nicht eingehalten werden kann. Das sei etwa bei Körperdurchsuchungen der Fall. Zu dem Thema gebe es klare Anweisungen.
Der Briefautor erklärt, das durch das seit dem 16. März geltende Besuchsverbot die Stimmung in der JVA in Lüttringhausen „sowieso auf einem sehr niedrigen Niveau“sei, Das „Missverhalten“des Personals verschlimmere die Situation. Der derzeit mögliche Kontakt zu den Angehörigen über die Videotelefonie-App „Skype“sei keine Hilfe.
Katja Grafweg ist sich bewusst, wie belastend das nun schon zwei Monaten geltende Besuchsverbot für die Häftlinge ist. Dazu komme, dass wegen der Pandemie auch die ehrenamtlichen Betreuer nicht mehr in die JVA kommen. Aktuell arbeite man an Lösungen, um Besuche wieder möglich zu machen.
Die dafür vorgesehenen Räume sollen unter anderem mit Acrylglas-Scheiben und anderen Schutzmaßnahmen ausgestattet werden. Das sei eine Verbesserung, aber ihr sei auch klar, dass es kein Ersatz für die üblichen Zusammenkünfte mit Familien oder Partnern sein werde. „Die Menschen haben das Bedürfnis, ihr Gegenüber in den Arm zu nehmen.“Das aber sei nicht möglich. „Es wird eine Begegnung ohne Kontakt sein. Und das ist richtig doof.“
Um den Austausch mit den Insassen zu intensiveren, trifft sich die Anstaltsleiterin derzeit nicht wie sonst alle sechs Wochen, sondern wöchentlich mit Vertretern der Gefangenenmitverantwortung. Das ist eine Art Bindeglied zwischen Leitung und Inhaftieren. Auch in diesen Runden bekomme Katja Grafweg die Rückmeldung, dass die aktuelle Situation immer mehr auf die Stimmung drückt.