Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Coronasemester I
Das neue Semester hat mit zwei Wochen Verzögerung begonnen und ein vorsichtiges Resümee erübrigt sich: Es hapert an allen Ecken und Enden.
Jeder, der sich als Teil des Lehrbetriebs an der HHU versteht, dürfte spätestens bei der Ansage, den Semesterstart zunächst digital anlaufen zu lassen, aufgehorcht haben. Bei den Dozenten, so scheint es, sorgte die Umstellung für immense Herausforderungen. Die einen mussten ihre analogen Gewohnheiten über Bord werfen, die anderen füllten ihre Online-Lernräume mit deutlich mehr Materialien als ohnehin schon und ergänzten ihr Kursangebot um hoffnungslos überlastete Webex Meetings, entgegen der Vorgabe des Rektorats.
Jedoch muss man die Dozenten auch in Schutz nehmen. Innerhalb von zwei Wochen war es nötig in einem Kraftakt ein ganzes Semester einer Universität, welche sich der Präsenzlehre verschrieben hat, mit über 30.000 Studenten, komplett online stattfinden zu lassen. Auf der anderen Seite ist das Angebot der Sprechstunden per Webcam sowie die allgemeinen Onlinesitzungen nämlich eine große Chance für die Studenten das Semester einigermaßen ordentlich zu absolvieren, da hierbei der rege Austausch zwischen Kursleiter und -teilnehmern gewährleistet ist und Nachfragen geduldig besprochen werden können.
Einige Sitzungen stellten sich sogar als sehr unterhaltsam heraus, sorgte die Situation vor den heimischen Computern doch meistens für eine lockere Atmosphäre und auch den ein oder anderen Lacher, wenn beispielsweise vermeintlich stummgeschaltete Mikros angingen oder jemand versehentlich in den öffentlichen Chat schrieb, statt in den privaten an einen Kommilitonen.
So locker geht es allerdings bei weitem nicht in allen Kursen zu. Nämlich solche, in denen vom Kursleiter weder Video, noch Audiospur, ja noch nicht einmal eine PowerPoint Präsentation bereitgestellt werden. Diese Seminare und Vorlesungen sind überwiegend von großer Unübersichtlichkeit gekennzeichnet, zumal das Workload insgesamt massiv erhöht wurde und es einem damit deutlich erschwert wird mehrere Kurse parallel zu bewältigen.
Diese Situation ist denkbar ungünstig, werden derlei Kurse wohl kaum von vielen Teilnehmern abgeschlossen werden können. Da hilft auch der dringende Appell ans Selbststudium nicht. Schade, da hierbei offensichtlich das Potenzial von digitaler Lehre nicht verstanden oder einfach verkannt wurde.