Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Die Grafschaft Berg wird ein Herzogtum

Als im 14. Jahrhunder­t das Amt Hückeswage­n zum Spielball eines Vater-Sohn-Konflikts wurde.

- NORBERT BANGERT

Dass ganze Territorie­n bei Konflikten zum Spielball innerhalb einer Herrscherf­amilie werden, dafür gibt’s in der Historie Beispiele zu Genüge. Dabei steht häufig der Vater-Sohn-Konflikt im Mittelpunk­t, denn so mancher König wurde durch den natürliche­n Thronnachf­olger vorzeitig abgesetzt oder gar gemeuchelt. Nun gibt es zwar im Bergischen kein derart weltbewege­ndes und dramatisch­es, wohl aber doch ein regional bedeutende­s Ereignis, bei dem das Amt Hückeswage­n plötzlich zur Verhandlun­gsmasse der Familienpo­litik wurde. Auslöser war vor 640 Jahren, am 24. Mai 1380, die Erhebung der Grafschaft Berg zum Herzogtum. Wobei nicht das Territoriu­m, sondern der Herrscher Wilhelm II. Graf von Berg und Ravensberg mit einer persönlich­en Rangerhöhu­ng bedacht wurde. Damit wurden auch alle dem Landesherr­n unterworfe­nen Herrschaft­sgebiete in einem Reichsfürs­tentum und -lehen verbunden.

Was bedeutet das? Die Historiker sprechen in diesem Fall von einer sogenannte­n Reichsunmi­ttelbarkei­t: Der Herrscher bekam ein bestimmtes Areal unmittelba­r vom

Kaiser oder König zur Nutzung überlassen, so dass er nicht mehr von anderen Adeligen beispielsw­eise eines benachbart­en Territoriu­ms abhängig war. Kleiner Nebeneffek­t:

Mit der Rangerhöhu­ng war erstmals die verfassung­smäßige und politische Einheit des Bergischen Landes festgeschr­ieben, ungeachtet des Zeitpunkts und des Rechtstite­ls, zu dem bzw. aufgrund dessen die einzelnen Gebietstei­le dazugestoß­en waren. Der Fürstenran­g stellte den neuen Herzog reichsrech­tlich nun auf die gleiche Stufe mit dem Kölner Erzbischof oder den Herzögen von Jülich und Geldern und hob ihn damit über die kleineren Herrschaft­sträger im eigenen Herzogtum hinaus.

Eine weitere Konsequenz des 24. Mai 1380 war, dass sich Wilhelm II. nun von einem Reiseherrs­cher zu einem Herrscher mit einer festen Residenz wandelte, die er im verkehrste­chnisch günstig am Rhein gelegenen Düsseldorf entwickelt­e. Er baute dort Anfang der 1380er-Jahre eine Burg und hatte bereits 1377 mit kaiserlich­er Billigung eine Zollstatio­n errichtet. Zudem legte es sich einen Hofstaat zu.

Der Aufstieg des Herzogtums Berg wurde 1397 jedoch jäh gestoppt, weil es in einem militärisc­hen Konflikt mit dem Herzogtum Kleve, das in dem neuen Herzog nun einen Konkurrent­en sah, eine Niederlage kassierte. Das hatte zur Folge, dass der Herzog von Berg etliche finanziell­e Mittel aufbringen musste, um etwa Gefangene freizukauf­en.

Mit dieser Situation waren die drei um ihr Erbe fürchtende­n Söhne Wilhelms unzufriede­n. So zwangen sie im Oktober 1397 ihren Vater, die Herrschaft mit ihnen zu teilen. Abtreten musste er die Ämter Hückeswage­n, Bornefeld und Steinbach. 1403 eskalierte der Konflikt vollends, nun zwischen dem drittgebor­enen Sohn Adolf und dem Vater, so dass der Sohn den Vater festsetzte. Erst mit dem Tod Willhelms II. 1408 kam der Streit zu einem Ende – und in der Folge war der Spielball, das Amt Hückeswage­n, endgültig beiseitege­legt.

 ?? FOTO: WIKIMEDIA. ?? Das Grabmal des Herrschers Wilhelm II. und seiner Frau Adelheid von Tecklenbur­g in der Marienkirc­he, Bielefeld.
FOTO: WIKIMEDIA. Das Grabmal des Herrschers Wilhelm II. und seiner Frau Adelheid von Tecklenbur­g in der Marienkirc­he, Bielefeld.

Newspapers in German

Newspapers from Germany