Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Wenn der Bestatter die Polizei begleitet
Sobald ein nicht natürlicher Todesfall geschieht, rückt die Kriminalpolizei aus. Mit dazu kommt ein Bestatter – in Wermelskirchen ist dies seit Dezember 2019 Udo Andriessen mit seinem Team.
WERMELSKIRCHEN Beim Tatort passiert es jeden Sonntagabend mindestens einmal. Dann handelt es sich aber um einen mehr oder weniger fantasievoll verübten Mord. In der Kriminalistik spricht man dann zunächst einmal von einem „nicht natürlichen Tod“.
Zu den Fällen, in denen noch geklärt werden muss, ob es sich um einen natürlichen oder nicht natürlichen Tod handelt, zählen aber auch all jene, bei denen es kein offensichtliches Fremdverschulden gibt. „Darunter fallen Suizide, ein tödlicher Arbeitsunfall oder zum Tode führende Behandlungsfehler. Das Feld der nicht natürlichen Todesfälle ist sehr groß“, sagt Maike Alvarado von der Pressestelle der Kreispolizeibehörde. 328 Fälle dieser Art hat es im Rheinisch-Bergischen Kreis im vergangenen Jahre 328 gegeben, bei denen sich polizeiliche Ermittlungen anschließen.
Wer holt den Verstorbenen ab?
Ebenfalls involviert ist ein Bestattungsunternehmen, das im Rahmen einer Leistungsvergabe von der Kreispolizeibehörde damit beauftragt wird, im Falle eines nicht natürlichen Todesfalls den Leichnam zur Gerichtsmedizin nach Köln zu bringen. In Wermelskirchen hat das Unternehmen von Udo Andriessen diese Aufgabe seit Dezember zunächst auf ein Jahr befristet übernommen. „Ich habe mich mit meinem Team besprochen, ob sie die Arbeit mittragen würden. Denn alleine könnte ich sie nicht machen“, sagt Andriessen.
Zum einen bestehe für jeweils ein Dreier-Team pro Woche eine Rufbereitschaft rund um die Uhr – und auch die Arbeit sei nicht immer einfach. „Wir müssen etwa auch dann ausrücken, wenn Verstorbene nach mehreren Wochen in ihren Wohnungen aufgefunden werden. Wenn der biologische Prozess seinen Lauf genommen hat, ist die Bergung des Verstorbenen nicht mehr schön“, sagt der Bestatter.
Was sind die klassischen Fälle ?
Der typische Tatort-Fall kommt in Wermelskirchen nur selten vor. Auch der Rheinisch-Bergische Kreis ist diesbezüglich ein recht sicheres Pflaster. „Wir hatten 2019 einen Mord und vier Totschläge, davon einen Versuch. In Wermelskirchen gab es einen Totschlag“, sagt Maike Alvorado. Im laufenden Jahr habe es bis Ende April im
Kreisgebiet zwei Tötungsdelikte – einen Mord und einen versuchten Totschlag – gegeben.
„Wir waren bei 26 Einsätzen im vergangenen halben Jahr. Bei den meisten wird ein Mensch nach einer gewissen Zeit verstorben zu Hause aufgefunden“, sagt Andriessen. Ebenfalls typisch sei, dass ein Arzt bei der Totenschau „nicht natürliche Todesursache“ankreuzen müsse. „Etwa, wenn er den Verstorbenen und seine Krankheitsgeschichte nicht kennt. Dann muss er ‚nicht natürlich‘ auf dem Totenschein ankreuzen“, sagt der Bestatter.
Funktioniert die Zusammenarbeit gut?
Ein Einsatz erfordere schnelles Ausrücken, egal wie spät der Anruf der Kriminalpolizei komme. „Spätestens 25 Minuten nach dem Anruf fährt unser Wagen am Bestattungsinstitut an der Berliner Straße los“, bestätigt Andriessen.
Maike Alvorado sagt: „Die Zusammenarbeit mit den bestellten Bestattern im Kreis funktioniert reibungslos. Durch die zahlreichen Todesermittlungen haben sich die Abläufe soweit verfestigt, dass es kaum zu Unstimmigkeiten kommt.“
Andriessen kennt diese Abläufe zudem aus seiner Tätigkeit in Oberhausen.
„Ich habe dort für ein großes Bestattungsinstitut gearbeitet, das auch immer von der Kriminalpolizei gerufen wurde. Ich kann sagen, dass ich wohl schon eine ganze Menge an verschiedenen Todesarten gesehen habe.“
Wie läuft ein Einsatz ab ?
Wenn das Telefon klingelt, rücken Andriessen und seine Mitarbeiter schnellstmöglich aus. Ihre Aufgabe ist es dann, den von der Kriminalpolizei beschlagnahmten Körper zunächst in das eigene Institut zu bringen. „Es ist tatsächlich so, dass ein Verstorbener, dessen Tod als ‚nicht natürlich‘ angegeben werden muss, von uns so lange beschlagnahmt wird, bis er von der Staatsanwaltschaft wieder freigegeben wird“, sagt Maike Alvorado. Andriessen ergänzt: „Wir legen den Körper in eine Unfallhülle, um zu vermeiden, dass er durch Spuren zusätzlich verunreinigt wird. Im Institut haben wir eine eigene Klimakammer, in denen der Verstorbene zunächst gelagert wir, bis er in die Gerichtsmedizin nach Köln kommt.“Sollte die Bestattung auch über sein Institut laufen, holt Andriessen den Toten nach der Freigabe durch die Staatsanwaltschaft auch wieder ab.
Wie geht es nach diesem Jahr weiter?
„Es ist nicht immer ein einfacher Job. Aber man muss sich auch in unserem Segment den nötigen Aufgaben, etwa für die Polizei, stellen“, sagt Andriessen. Er arbeite gerne mit den Behörden zusammen. Ende November laufe der Vertrag mit der Kreispolizeibehörde aus. „Wir werden uns voraussichtlich wieder bewerben“, betont der Bestatter.