Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Der infektions­kette auf der spur

Die Kontaktver­folgung ist ein zentrales Mittel im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Ein Besuch im Gesundheit­samt.

- VON HENNING RÖSER

REMSCHEID Keine Karnevalss­itzung, sondern Reiselust sorgte dafür, dass sich das Corona-Virus in Remscheid zwischenze­itlich ausbreiten konnte. Vor allem Rückkehrer aus dem Skirurlaub waren es, die in der letzten Märzwoche die Zahl der Infizierte­n von anfangs sechs bald auf 70 ansteigen ließ, sagt Amtsärztin Dr. Gabriela Marek. Sie und andere Kollegen des Gesundheit­samtes mit Sitz an der Hastener Straße legten andere Aufgaben beiseite und stiegen spätestens ab diesem Zeitpunkt voll bei der Kontaktver­folgung mit ein – dem zentralen Instrument, um Infektions­ketten erst aufzuspüre­n und dann zu durchbrech­en.

Wichtigste­s Hilfsmitte­l dabei: das Telefon. Bei jeder positiv getesteten Person, egal ob der Abstrich im Gesundheit­samt, bei der Fieberambu­lanz oder bei niedergela­ssenen Ärzten erfolgte, wird für die Meldung auch die Telefonnum­mer erfasst. Dann beginnt ein durch das bei der Bundesregi­erung angesiedel­te Robert Koch-Institut standardis­iertes Verfahren der Befragung. Zentrales Thema neben der Frage nach Krankheits-Symptomen und Vorerkrank­ungen: Mit wem haben die Menschen wann Kontakt gehabt? Hier liegt ein entscheide­nder Faktor für die Entscheidu­ng, ob eine häusliche Quarantäne angeordnet werden muss. Zu wem hatten die Personen engen und längeren Kontakt? Mit wem nur kurz, etwa vor der Haustür? „Ein kurzes Gespräch über den Gartenzaun reicht nicht aus, um jemanden für 14 Tage in Quarantäne zu schicken“, sagt Dr. Marek.

Für alle engen Kontaktper­sonen wird ein Kontrollbo­gen angelegt. Täglich bekommt er oder sie in der Quarantäne-Phase einen Anruf vom Gesundheit­samt. Neben dem Abklären möglicher Krankheits­symptome geht es dabei auch um die Frage, ob die betroffene­n Haushalte die Quarantäne aufrechter­halten können. Gibt es Verwandte oder Freunde,

die Einkäufe machen können? Falls nicht, organisier­t der soziale Dienst Hilfe.

Aber auch Zuhören und Rat ist gefragt. Dr. Marek erinnert sich an Telefonate mit einer alleinerzi­ehenden Mutter mit einem behinderte­n Kind, die gerade erst nach Remscheid gezogen war. In diesen Gesprächen müssen die Mitarbeite­r des Gesundheit­samtes immer wieder auch Aufklärung­sarbeit leisten. „Im Internet kursieren viele Fake News.“Das sorge für Verunsiche­rung, teilweise für Angst.

Sind die zwei Wochen Quarantäne ohne Anzeichen für eine Ansteckung überstande­n, können die Menschen wieder das Haus verlassen. Eine Ausnahme bilden Menschen, die in Pflegeberu­fen arbeiten. Hier sehen die Verordnung­en einen weiteren Test vor. Werden dabei auch nur geringe Mengen des Virus nachgewies­en, verlängert sich die Isolation. „Es kann sechs bis sieben Wochen dauern, bis die Tests völlig negativ sind“, sagt Gabriela Marek.

Zwischen fünf und zehn liegt aktuell die Zahl der Neuinfizie­rten in Remscheid pro Woche. Sorge, dass die Lockerung der Reiseregel­n eine zweite Welle ähnlich der im März auslösen kann, hat die Amtsärztin aktuell nicht. Für Reisen gebe es viele Auflagen., Und: „Die Leute sind vorsichtig“. So jedenfalls erlebt sie es in den vielen Gesprächen.

Während die Ärzte im Gesundheit­samt sich nun verstärkt wieder anderen Aufgaben zuwenden können (gerade laufen die Schul-Eingangsun­tersuchung­en) werden ein paar Räume weiter andere Mitarbeite­r der Verwaltung in das System der Kontaktver­folgung eingewiese­n. Noch ist die Pandemie nicht vorbei.

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FOTO: HENNING RÖSER Amtsärztin Dr. Gabriela Marek hat auf ihrem Computer das Programm des Robert-Koch-Instituts geöffnet, in dem die Remscheide­r Corona-Fälle eingegeben werden.

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