Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Wolfgang Müllenmeister kennt sich mit Spielen aus.
Der „Holzwürmchen“-Inhaber kennt sich mit Spielzeug und Spielen aus. Er spricht über gelungene Spiele und warum er selbst kein Lieblingsspiel hat.
Herr Müllenmeister – wenn es um Spielzeug geht: Holz oder Plastik? Wolfgang Müllenmeister Ich finde den Inhalt wichtig, nicht die Beschaffenheit. Es gibt viel Mist aus Holz und viel Hervorragendes aus Kunststoff. Für mich zählt nicht das, was auf der Verpackung steht, sondern vielmehr das, was in ihr drin ist, also die Idee.
Können Sie sich noch an Ihr erstes eigenes Spielzeug erinnern? Müllenmeister Ja, sehr gut. Mein Lieblingsspielzeug als Kind war ein funkensprühender Aufziehpanzer, ein herrliches Spielzeug. An zweiter Stelle kam ein von mir handbemaltes Schwert, das ich in meiner Kinderbande als Bewaffnung brauchte. Danach bin ich übrigens Kriegsdienstverweigerer geworden, dafür bin ich bis vor das Oberlandesgericht Düsseldorf gegangen…
Was macht ein gutes Spielzeug für Sie aus?
Müllenmeister Bei einem guten Spiel oder Spielzeug kann man die Regeln nicht unterschiedlich auslegen. Wenn der eine sagt: Ich verstehe das als Grün, der andere aber Blau oder Türkis sieht – dann wird es schon schwierig. Die Regeln müssen also klar sein.
Ab welchem Alter sollte man Kindern Spielzeug kaufen? Müllenmeister Wir raten ganz oft den Menschen davon ab, dem Nachwuchs in den ersten zwei Lebensjahren Spielzeug zu kaufen. Denn in diesem Alter spielen die Kinder nicht, sie entdecken. Man kann ihnen genauso gut eine Tupper-Sammlung oder sonst etwas Ungefährliches aus dem Haushalt zum Entdecken geben. Spielen, also die Akzeptanz von Regeln, wird ab etwa zweieinhalb Jahren interessant. Regeln sind die Grundlage von gesellschaftlichem Spiel.
Was können Kinder von Spielzeug und Spielen lernen? Müllenmeister Ich glaube, dass sie sehr viel über sich selbst lernen können. Ich habe beispielsweise als Kind Monopoly gespielt – und da es mir damals schon zuwider war, meine Mitspieler auszubeuten, war ich immer der Loser. Ich bin in den Spielpausen oft aufs Klo gegangen, um mich auszuheulen. Monopoly ist für mich bis heute ein absolutes Scheißspiel, das ich abgrundtief verachte. Beim Spiel kann also zum Vorschein kommen, wes Geistes Kind man ist – wenn man immer besser, mehr oder wichtiger sein will als sein Nächster, dann wird es allerdings schwierig. Ein Zitat von Platon passt hier ganz gut: Beim Spiel kann man einen Menschen in einer Stunde besser kennenlernen als im Gespräch in einem Jahr.
Wie sehen die aktuellen Trends beim Spielzeug aus? Müllenmeister Ein relativ neuer Trend sind die sogenannten Escape-Room-Spiele, etwa die Exit-Reihe vom Kosmos-Verlag. Da bekommt eine Gruppe von mindestens zwei Spielern Aufgaben gestellt, die sie gemeinsam innerhalb einer vorgegebenen Zeit lösen müssen. Man spielt also miteinander gegen das Spiel, eine sehr spannende Geschichte. Ein neues Spiel, das etwa wunderbar für einen Silvester-Abend geeignet ist, heißt „Das Verlies“. In drei Runden zu je 90 Minuten hat man hier eine Mischung
aus Rollen-, Rätsel- und Outdoor-Spiel, die dem Urprinzip des Spiels sehr nahe kommt: Nämlich, sich selbst im Spiel zu verlieren.
Gibt es hier besondere Einflüsse, etwa aus dem Bereich der Popkultur?
Müllenmeister Das geht oft ineinander über, da oft zusammen mit Filmen auch Spiele im Rahmen des Merchandisings veröffentlicht werden. Aber nur selten bildet sich dann ein Kult-Klassiker heraus – etwa beim Film „Zurück in die Zukunft“, für den es aktuell eine neue Playmobil-Ausgabe gibt. Das passiert aber nicht oft.
Setzen Eltern beim Spielzeug eher auf Nachhaltigkeit? Müllenmeister Wir haben hier eine besondere Kundschaft, die reflektiert durchs Leben geht und Ansprüche an die Qualität, die Nachhaltigkeit, die Produktbeschaffenheit und auch die Philosophie hinter dem
Spiel stellt. Die Ansprüche sind durchaus hoch. Auch meiner Frau und mir sind Wertefragen wichtiger als kurzfristige Hypes. Es ist oft eine Gratwanderung: Wir können uns nicht jedem Trend verwehren, weil gerade die Kinder das auch haben wollen. Wir machen aber auch nicht jeden Mist mit.
Wie wichtig ist die Beratung beim Spielzeugkauf?
Müllenmeister Beratung ist sehr subjektiv. Denn sie wird immer von dem Menschen gegeben wird, den man fragt. So berate ich nicht in Sachen Gesellschaftsspielen – nach meiner Ur-Erfahrung mit Monopoly wäre das wohl keine gute Idee. Aber ich sammle Feedbacks meiner Kunden. Und da wir zu 90 Prozent Stammkunden haben, bekomme ich viel Rückmeldung über die diversen Spiele. Wie haben sie das Spiel erlebt, in welcher Gruppe wurde es gespielt, wie war die Stimmung und so weiter. Dadurch kann ich dann den Kunden gute Rückmeldung dazu geben. Ich verkaufe den Kunden aber auch nur dann, wenn ich davon überzeugt bin, dass es auch richtig ist. Ich sage oft, dass ich dieses oder jenes Spiel nur ungern verkaufen würde, weil ich der Überzeugung bin, dass es nicht passt.
Gibt es auch Spielzeug, das nicht für alle Kinder gleich gut geeignet ist?
Müllenmeister Ja, ich drücke es immer so aus: Nicht jedes Geschenk freut sich über das Kind.
Kommen auch Erwachsene, um für sich selbst Spielzeug oder Spiele zu kaufen?
Müllenmeister In der Tat. Unsere vier besten Berater sind erwachsene Spielefreaks. Deren echtes Hobby ist es, auf die Spiele-Messen in Nürnberg oder Essen zu gehen, um neue Gesellschaftsspiele auszutesten. Die kommen dann mit vollem Herzen und vollem Mund zurück und empfehlen mir diverse unterschiedliche Spiele. Wir hatten beispielsweise schon mehrere spätere Spiele des Jahres von diesen Beratern empfohlen bekommen. Ich merke dann, dass sie alle vollkommen davon überzeugt sind und dann stelle ich diese Spiele im Geschäft auch mit einer entsprechenden Empfehlung und einer Spielzusammenfassung aus.
Welchen Stellenwert haben etwa Gesellschaftsspiele für Erwachsene? Müllenmeister Bei uns gehen etwa 40 Prozent der Spiele an Erwachsene, 60 Prozent an Kinder. Gerade im Herbst und Winter sind Gesellschaftsspiele für Erwachsene besonders stark nachgefragt. Viele wollen das Spiel des Jahres, aber auch die genannten Escape-Room-Spiele werden oft nachgefragt. Das zieht sich dann altersmäßig auch durch – vom Studenten bis zum Rentner sind Gesellschaftsspiele befragt.
Haben Sie nicht doch ein Lieblingsspiel?
Müllenmeister Nein, wirklich nicht – in der Familie eines guten Freundes von mir, der 300 Kilometer weit weg wohnt, gibt es eine ausgeprägte Spielekultur. Wenn ich ihn besuche, dann muss ich natürlich doch immer wieder mal mitspielen. Aber mir ist es herzlich egal, ob ich dann gewinne oder verliere. Mein liebstes „Spielzeug“ist mein Mountainbike. Ich spiele schon seit klein an mit allem, was einen Lenker hat – und bin am liebsten im schwierigen Gelände unterwegs. Da schaffe ich es, mich ganz bei mir zu befinden.