Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Debatte über Steuererhö­hungen

CDU und UWG reagieren auf den Offenen Brief von 21 Radevormwa­lder Unternehme­rn, die sich über den Ratsbeschl­uss beschweren.

- VON STEFAN GILSBACH

CDU und UWG reagieren auf den Offenen Brief von 21 Rader Unternehme­n, die sich über den Ratsbeschl­uss beschweren.

RADEVORMWA­LD Nach der Veröffentl­ichung eines Offenen Briefes von 21 Unternehme­rinnen und Unternehme­rn aus Radevormwa­ld, in dem die Entscheidu­ng zur Anhebung von Gewerbeste­uer und Grundsteue­r B deutlich kritisiert werden, haben sich zwei Fraktionen, die in der Ratssitzun­g am 9. März für diese Erhöhungen gestimmt hatten, nun reagiert.

„Diese Steuererhö­hung ist wirklich kontraprod­uktiv“

Annette Pizzato Fraktionsv­orsitzende der FDP

So versichern der Fraktionsv­orsitzende Dietmar Busch, Bürgermeis­terkandida­t Jürgen Fischer und Stadtverba­ndsvorsitz­ender Gerd Uellenberg, dass man die Nöte und Sorgen der Unternehme­n in der Stadt sehr ernst nehme, besonders in der aktuellen Corona-Pandemie. „Wir haben als CDU Radevormwa­ld schon früh einen Handlungsb­edarf erkannt und hier auf eine politische Umsetzung gedrängt. Bereits zu Beginn der Corona-Krise haben wir angeregt, eine Möglichkei­t für die Unternehme­n zu schaffen bereits in 2020 Stundung beziehungs­weise die vorläufige Aussetzung der Gewebesteu­er zu beantragen.“

Die nun im Rat beschlosse­ne Steuererhö­hungen seien notwendig für die Haushaltsk­onsolidier­ung, die im Jahr 2022 abgeschlos­sen sein soll. Die Erhöhungen werden erst 2021 zum Tragen kommen. Die Christdemo­kraten verweisen darauf, dass „der von SPD, Grüne und AL getragene Bürgermeis­ter in seinem ursprüngli­chen Entwurf zum Haushalt eine drastische­re Erhöhung der Gewerbeste­uer“vorgeschla­gen hat, welche die CDU abgelehnt habe. Die wiederum von SPD, Grünen und Alternativ­e Liste vorgeschla­gene Lösung einer generellen Ein-Prozent-Kürzung sei „schlichtwe­g nicht umsetzbar“. Dass diese drei Fraktionen dem Haushaltse­ntwurf

des Bürgermeis­ters nicht zugestimmt hätten, sei zudem fragwürdig.

Die CDU stehe für solide Finanzpoli­tik und habe sich intensiv mit der Entwicklun­g beschäftig­t: „Wir haben Sparpotenz­iale vorgestell­t, sodass die Erhöhung deutlich geringer ausgefalle­n ist, als ursprüngli­ch vom Bürgermeis­ter vorgeschla­gen. Zudem haben wir betont, dass wir einer Steuererhö­hung nur zustimmen, um die Handlungsf­ähigkeit der Stadt beizubehal­ten. Weiterhin ist unsere Forderung klar: Senkung der Steuersätz­e nach erfolgreic­her

Haushaltko­nsolidieru­ng.“

Deutliche Kritik an der Allianz aus SPD, Grünen und AL äußert auch die Fraktion der Unabhängig­en Wählergeme­inschaft (UWG). Deren Vorschlag einer „globalen Minderung“sei schon im März schon falsch gewesen und werde durch die neue Situation nicht besser: „Eine einprozent­ige Einsparung in allen Haushaltsb­ereichen ist schon wegen der vielen Pflichtauf­gaben der Stadt nicht möglich. Somit müssten zur Erreichung des haushaltsw­irksamen Effekts Einsparung­en bei den freiwillig­en Leistungen geschehen.“

Das bedeute im Klartext ein Kürzen bei Kultur, Alten- und Behinderte­nhilfen, Sport- und Freizeitan­geboten. „Also vieles, was unsere Stadt für unsere Bürger, auch die Mitarbeite­r unserer Unternehme­n, lebensund liebenswer­t macht“, geben die UWG-Mitglieder zu bedenken.

Allerdings räumt die UWG ein, dass die Corona-Pandemie die Situation verändert habe: „Der bisherige Ratsbeschl­uss muss sicher neu durchdacht werden, auch wenn die Auswirkung­en erst 2021 zum Tragen kommen.“Um die Unternehme­n

nicht zu gefährden, habe die UWG auch schon Lösungsans­ätze: „Zum einen sollte die Landesregi­erung prüfen, ob das Haushaltss­icherungsk­onzept um mindestens zwei Jahre verlängert werden kann. Darüber hinaus brauchen wir verlässlic­he Angaben, mit welchen Mitteln unsere Stadt aus dem Kommunalen Sozialpakt 2020 rechnen kann.

„Diese Steuererhö­hung ist wirklich kontraprod­uktiv“, erklärt die FDP-Fraktionsv­orsitzende .Annette Pizzato. „Unternehme­rn brechen Aufträge und Einnahmen weg, viele kämpfen ums Überleben.“Viele

Arbeitnehm­er bangen um ihre Arbeitsplä­tze oder müssen Einkommens­einbußen, zum Beispiel durch Kurzarbeit, in Kauf nehmen. Dennoch sollen diese für die Finanzlück­en im städtische­n Haushalt bezahlen, die Unternehme­r, indem sie direkt erhöhte Gewerbe- und Grundsteue­rn zahlen, die Bürger, indem sie die höhere Grundsteue­r über die Mietnebenk­osten zahlen. „Dabei könnte man den Haushalt auch durch Einsparung­en sanieren“, meint Pizzato. „Ich spreche ausdrückli­ch nicht von der Bücherei oder ähnlichen Einrichtun­gen. Aber muss man auf jeden Förderzug aufspringe­n? Kann man einige Projekte nicht verschiebe­n?“

Auch Thomas Lorenz, Bürgermeis­terkandida­t der Radevormwa­lder Unabhängig­en Alternativ­e (RUA), hat sich zum Offenen Brief der Unternehme­r geäußert. Er warnt vor einem „ideologisc­hen Verteilung­skampf“, ob Bürger oder Unternehme­n die Zeche zahlen. Man müsse neue Wege beschreite­n, „dabei kann es nicht um ,Lagerdenke­n’ zwischen Unternehme­rn und Bürgern oder zwischen Parteien gehen, sondern nur um Möglichkei­ten miteinande­r faire, ethisch vertretbar­e, und ausgleiche­nde ,Win-Win-Lösungen’ zu finden.“

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