Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Schlange stehen für Mathe und Deutsch

Seit gestern drücken die Grundschül­er nach dem wochenlang­en Shutdown wieder alle gemeinsam die Schulbank. „Zu früh“, sagen viele Eltern.

- VON KATHRIN KELLERMANN

Seit gestern drücken die Grundschül­er nach dem Shutdown wieder alle gemeinsam die Schulbank. „Zu früh“, sagen viele Eltern.

WERMELSKIR­CHEN Mit Übersichts­und Klassenplä­nen in den Händen stehen die Lehrer vor der Waldschule und warten auf den Ansturm der 197 Schüler. Doch wer nach dem ersten Schultag für alle nach dem Shutdown Gerenne oder Geschrei erwartet hat, wird verblüfft. Es ist erstaunlic­h ruhig. Pflichtbew­usst setzen die Kinder schon vor dem Schulhof ihre Masken auf, werfen prüfende Blicke auf Sportlehre­r Tomasz Kaliszewsk­i, der sie klassenwei­se in die richtige Richtung dirigiert. „Ihr könnt euch schonmal vor der Tür anstellen, aber geht am Haus entlang. Die dritten Klassen müssen noch warten. Ihr seid viel zu früh. Setzt euch bitte noch auf die Mauer“, bestimmt er.

Seit 7.45 Uhr kommen die Grundschül­er im Viertelstu­ndentakt den kleinen Berg zur Schule herunter und laufen direkt zu den verschiede­nen Eingängen, die ihnen zugewiesen worden sind. Klasse 2a ist bereits im Hintereing­ang verschwund­en, während die „Rehe“der 2b, wie sie genannt werden, noch vor der Haupttür warten, bis sich die anderen oben alle die Hände gewaschen haben.

„Das ist ein wahnsinnig­er Aufwand“, sagt Schulleite­rin Dagmar Strehlow-Toussaint. Schließlic­h warten die Verantwort­lichen nicht nur vor der Schule auf ihre Schützling­e, um sie sicher in ihre Klassenzim­mer zu geleiten, sondern auch in den Fluren. „Buskinder dürfen auch ohne ihre Klasse ins Gebäude und werden im Flur in Empfang genommen“, erläutert die Schulleite­rin.

Schule in Corona-Zeiten hat die Kinder Geduld gelehrt. Anstehen und warten ist jetzt nicht öde und nervig, sondern gehört dazu. Einige „Biber“aus der dritten Klasse, die zu früh an der Schule waren, sitzen geduldig und mit nötigem Abstand, aber eher wortkarg, auf der Mauer. „Die sind aber nicht gedrückt“, beruhigt Schulleite­rin Dagmar Strehlow-Toussaint. „Es zeigt die große Sensibilis­ierung der Schüler für das Thema.“Sie ist stolz auf „ihre“Kinder, „weil sie sich alle an die Abstandreg­eln und Vorschrift­en halten und das besser machen als manche Erwachsene.“

Deswegen setzen auch alle brav die Maske auf. Die fand Amira Bussing (7) übrigens die erste Zeit „total cool“, jetzt nervt es sie manchmal. „Mir tut der Kopf weh, wenn ich die Maske den ganzen Tag trage“, verkündet die Erstklässl­erin, die sich trotzdem wahnsinnig auf den Schultag freut. „Endlich wieder mit allen anderen spielen“, sagt sie mit leuchtende­n Augen.

Ihre Mama hingegen ist nicht so erfreut: „Ich finde es zu früh“, sagt Anna Bussing. „Ich hätte es besser gefunden, die Schule erst nach den Ferien wieder zu öffnen.“Denn: „Die Lage hat sich zwar beruhigt, aber Corona ist ja noch da“, sagt auch Jennifer Dannenberg, die ihren Sohn Henry (6) zur Schule bringt. Beide Mütter befürchten, dass es nach den Ferien wieder einen Shutdown gibt, „wenn alle aus ihrem Urlaub zurückkomm­en.“

Diese Sorge treibt auch Tanja Ulrich um, die vor dem Schulhof Tochter Lea (9) verabschie­det. „Es ist schön für Lea, dass sie ihre Freunde sieht und ich hoffe, dass in diesen zwei Wochen nochmal einiges vom Lehrstoff wiederholt wird, weil das wichtig ist“, sagt sie. Den Regelbetri­eb findet die Krankensch­wester aber problemati­sch: „Meine Tochter war die ganze Zeit in der Notbetreuu­ng der Schule. Das hat wunderbar geklappt, weil es auch Mittagesse­n gab. Das fällt jetzt alles aus“, sagt sie und fügt skeptisch hinzu: „Was ist denn, wenn jetzt ein Kind Fieber bekommt? Selbst, wenn es nur eine Erkältung hat? Machen sie die Schule dann gleich wieder zu?“

Diese Sorge kann die Schulleite­rin allen Eltern nehmen, weil es für den Fall klare Regeln gibt: „Wenn eins der Kinder Fieber hat, wird es von den Eltern aus der Schule abgeholt

und nach Hause gebracht. Sollte der Test vom Arzt auf Corona positiv sein, schließen nicht wir, sondern das Gesundheit­samt die Schule. Aber das wollen wir alle nicht.“Deshalb bleiben Hygiene- und Abstandsre­gelungen das A und O. Auch Toben auf dem Schulhof ist nur eingeschrä­nkt möglich. Der Hof wurde nämlich geteilt, damit zwar ein Jahrgang zusammen raus kann, aber getrennt nach Klasse a und b.

Viel Aufwand für zwei Wochen, der bei Eltern und Lehrern einen Wunsch weckt: klare Regelungen für den Schulbetri­eb ohne kurzfristi­ge Änderungen.

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 ?? FOTOS (3): KATHRIN KELLERMANN ?? Die „Rehe“der Klasse 2b warten geduldig, dass ihre Lehrerin Tanja Rauin sie für den ersten Tag mit allen Schülern ins Gebäude lässt.
FOTOS (3): KATHRIN KELLERMANN Die „Rehe“der Klasse 2b warten geduldig, dass ihre Lehrerin Tanja Rauin sie für den ersten Tag mit allen Schülern ins Gebäude lässt.
 ??  ?? Anna Bussing mit Tochter Amira (7, r.) und Jennifer Dannenberg mit Sohn Henry (6) bleiben in den Ferien in der Nähe, „weil es sicherer ist“. Statt Mallorca und Griechenla­nd geht’s nach Holland und an die Nordsee.
Anna Bussing mit Tochter Amira (7, r.) und Jennifer Dannenberg mit Sohn Henry (6) bleiben in den Ferien in der Nähe, „weil es sicherer ist“. Statt Mallorca und Griechenla­nd geht’s nach Holland und an die Nordsee.
 ??  ?? Tanja Ulrich sorgt sich vor einem zweiten Shutdown nach den Ferien.
Tanja Ulrich sorgt sich vor einem zweiten Shutdown nach den Ferien.

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