Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Schlange stehen für Mathe und Deutsch
Seit gestern drücken die Grundschüler nach dem wochenlangen Shutdown wieder alle gemeinsam die Schulbank. „Zu früh“, sagen viele Eltern.
Seit gestern drücken die Grundschüler nach dem Shutdown wieder alle gemeinsam die Schulbank. „Zu früh“, sagen viele Eltern.
WERMELSKIRCHEN Mit Übersichtsund Klassenplänen in den Händen stehen die Lehrer vor der Waldschule und warten auf den Ansturm der 197 Schüler. Doch wer nach dem ersten Schultag für alle nach dem Shutdown Gerenne oder Geschrei erwartet hat, wird verblüfft. Es ist erstaunlich ruhig. Pflichtbewusst setzen die Kinder schon vor dem Schulhof ihre Masken auf, werfen prüfende Blicke auf Sportlehrer Tomasz Kaliszewski, der sie klassenweise in die richtige Richtung dirigiert. „Ihr könnt euch schonmal vor der Tür anstellen, aber geht am Haus entlang. Die dritten Klassen müssen noch warten. Ihr seid viel zu früh. Setzt euch bitte noch auf die Mauer“, bestimmt er.
Seit 7.45 Uhr kommen die Grundschüler im Viertelstundentakt den kleinen Berg zur Schule herunter und laufen direkt zu den verschiedenen Eingängen, die ihnen zugewiesen worden sind. Klasse 2a ist bereits im Hintereingang verschwunden, während die „Rehe“der 2b, wie sie genannt werden, noch vor der Haupttür warten, bis sich die anderen oben alle die Hände gewaschen haben.
„Das ist ein wahnsinniger Aufwand“, sagt Schulleiterin Dagmar Strehlow-Toussaint. Schließlich warten die Verantwortlichen nicht nur vor der Schule auf ihre Schützlinge, um sie sicher in ihre Klassenzimmer zu geleiten, sondern auch in den Fluren. „Buskinder dürfen auch ohne ihre Klasse ins Gebäude und werden im Flur in Empfang genommen“, erläutert die Schulleiterin.
Schule in Corona-Zeiten hat die Kinder Geduld gelehrt. Anstehen und warten ist jetzt nicht öde und nervig, sondern gehört dazu. Einige „Biber“aus der dritten Klasse, die zu früh an der Schule waren, sitzen geduldig und mit nötigem Abstand, aber eher wortkarg, auf der Mauer. „Die sind aber nicht gedrückt“, beruhigt Schulleiterin Dagmar Strehlow-Toussaint. „Es zeigt die große Sensibilisierung der Schüler für das Thema.“Sie ist stolz auf „ihre“Kinder, „weil sie sich alle an die Abstandregeln und Vorschriften halten und das besser machen als manche Erwachsene.“
Deswegen setzen auch alle brav die Maske auf. Die fand Amira Bussing (7) übrigens die erste Zeit „total cool“, jetzt nervt es sie manchmal. „Mir tut der Kopf weh, wenn ich die Maske den ganzen Tag trage“, verkündet die Erstklässlerin, die sich trotzdem wahnsinnig auf den Schultag freut. „Endlich wieder mit allen anderen spielen“, sagt sie mit leuchtenden Augen.
Ihre Mama hingegen ist nicht so erfreut: „Ich finde es zu früh“, sagt Anna Bussing. „Ich hätte es besser gefunden, die Schule erst nach den Ferien wieder zu öffnen.“Denn: „Die Lage hat sich zwar beruhigt, aber Corona ist ja noch da“, sagt auch Jennifer Dannenberg, die ihren Sohn Henry (6) zur Schule bringt. Beide Mütter befürchten, dass es nach den Ferien wieder einen Shutdown gibt, „wenn alle aus ihrem Urlaub zurückkommen.“
Diese Sorge treibt auch Tanja Ulrich um, die vor dem Schulhof Tochter Lea (9) verabschiedet. „Es ist schön für Lea, dass sie ihre Freunde sieht und ich hoffe, dass in diesen zwei Wochen nochmal einiges vom Lehrstoff wiederholt wird, weil das wichtig ist“, sagt sie. Den Regelbetrieb findet die Krankenschwester aber problematisch: „Meine Tochter war die ganze Zeit in der Notbetreuung der Schule. Das hat wunderbar geklappt, weil es auch Mittagessen gab. Das fällt jetzt alles aus“, sagt sie und fügt skeptisch hinzu: „Was ist denn, wenn jetzt ein Kind Fieber bekommt? Selbst, wenn es nur eine Erkältung hat? Machen sie die Schule dann gleich wieder zu?“
Diese Sorge kann die Schulleiterin allen Eltern nehmen, weil es für den Fall klare Regeln gibt: „Wenn eins der Kinder Fieber hat, wird es von den Eltern aus der Schule abgeholt
und nach Hause gebracht. Sollte der Test vom Arzt auf Corona positiv sein, schließen nicht wir, sondern das Gesundheitsamt die Schule. Aber das wollen wir alle nicht.“Deshalb bleiben Hygiene- und Abstandsregelungen das A und O. Auch Toben auf dem Schulhof ist nur eingeschränkt möglich. Der Hof wurde nämlich geteilt, damit zwar ein Jahrgang zusammen raus kann, aber getrennt nach Klasse a und b.
Viel Aufwand für zwei Wochen, der bei Eltern und Lehrern einen Wunsch weckt: klare Regelungen für den Schulbetrieb ohne kurzfristige Änderungen.