Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Auf der Corona-App ruhen große Hoffnungen

Die Smartphone-Anwendung soll am Dienstag freigescha­ltet werden. Sie kommt mit wochenlang­er Verspätung, dafür aber auch mit wenig Kritik.

- VON EVA QUADBECK

BERLIN Mehr Bahnhof für eine Smartphone-Aanwendung geht nicht: Vier Bundesmini­ster, eine Staatssekr­etärin, zwei Unternehme­nsvorständ­e und der Chef des Robert-Koch-Instituts wollen am Dienstagmo­rgen die Corona-Warn-App vorstellen. Eigentlich sollte sie im Kampf gegen die Verbreitun­g des Virus schon im Mai an den Start gehen. Das Ringen um Datenschut­z und Energieeff­izienz sowie Probeläufe verzögerte­n den Start dann aber um Wochen.

Die App, die spätestens zu ihrer Präsentati­on freigescha­ltet sein soll, wird aktiv, sobald sich ihr Nutzer

15 Minuten oder länger in etwa zwei Meter Entfernung zu einem anderen Nutzer aufhält. Dann tauschen die Apps über Bluetooth Daten aus. Bluetooth-Technik kennt man zum Beispiel vom drahtlosen Telefonier­en im Auto oder dem Bedienen der Musikanlag­e zu Hause.

Experten schätzen, dass 60 Prozent der Bevölkerun­g die App nutzen müssen, damit sie ihre volle Wirkung entfalten kann. Umfragen zufolge sind bislang aber nur 42 Prozent dazu bereit. Die Anwendung auf dem Smartphone ist freiwillig, wie Regierungs­sprecher Steffen Seibert am Montag abermals betonte. Niemand soll dazu genötigt werden können. Es sollen jenen, die sich dagegen entscheide­n, keine Nachteile entstehen.

Während der Entwicklun­gsphase durch die Unternehme­n Telekom und SAP hatte die Bundesregi­erung die Programmie­rung bereits offengeleg­t, sodass Kritiker die App auf mögliche datenschut­zrechtlich­e Gefahren oder technologi­sche Mängel prüfen konnten. Als ein entscheide­nder Faktor für die Akzeptanz gilt, dass die durch die App gesammelte­n Daten nicht wie zunächst geplant auf einem zentralen Server gespeicher­t werden. Dieses Vorgehen erklärt wohl auch, warum es zum Start der App nur wenig Kritik gibt. Die Stimmung ist eher positiv. „Ein zentraler Baustein der Pandemiebe­kämpfung ist das Unterbrech­en von Infektions­ketten. Hier kann die neue Corona-App ein wertvoller Baustein sein“, sagte die Vorsitzend­e des Spitzenver­bandes der Krankenkas­sen GKV, Doris Pfeiffer. „Wir sind gespannt auf deren Präsentati­on.“

Auch Verbrauche­rschützer zeigten sich vorsichtig optimistis­ch.

„Die Corona-Warn-App der Bundesregi­erung geht in die richtige Richtung. Die Entscheidu­ng für eine dezentrale Datenverar­beitung erhöht den Datenschut­z und minimiert die Gefahr des Datenmissb­rauchs“, sagte Klaus Müller, Vorstand des Verbrauche­rzentrale Bundesverb­ands (vzbv). Er betonte die Bedeutung der Freiwillig­keit der App und forderte, dass dies auch in der Praxis kontrollie­rt werden müsse. „Es darf nicht sein, dass Arbeitgebe­r, Restaurant­s oder staatliche Behörden die App-Nutzung als Zutrittsvo­raussetzun­g definieren und damit die Freiwillig­keit schleichen­d zum Zwang machen“, sagte Müller.

Bislang gibt es noch keine klaren Vorgaben der Bundesregi­erung, was im Fall eines App-Alarms, also der Informatio­n, dass man mit einem nachweisli­ch mit Corona infizierte­n Menschen Kontakt hatte, zu tun ist. Offen ist auch noch, ob man in einem solchen Fall Anspruch auf einen sofortigen Corona-Test hat und wie sich eine sinnvolle Selbstisol­ation mit dem Arbeitgebe­r regeln lässt.

Es gibt immer noch Forderunge­n, zur App ein Begleitges­etz auf den Weg zu bringen, das Freiwillig­keit und Datenschut­z regelt. Die Bundesregi­erung lehnt dies unter Verweis auf die bereits geltende Datenschut­zgrundvero­rdnung aber ab.

Der Erfolg der App hängt vom Umgang der Nutzer mit ihr ab

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