Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Planinsolvenz soll den 1. FC Kaiserslautern retten
Was sich nach dem Ende des Traditionsvereins anhört, ist in der Corona-Krise zur Chance für den Drittligisten geworden.
DÜSSELDORF Viermal Deutscher Meister, zweimal DFB-Pokalsieger, Gründungsmitglied der Bundesliga – der 1. FC Kaiserslautern ist ein Traditionsverein. Für besonderes Aufsehen sorgten die Roten Teufel mit ihrem Durchmarsch als Aufsteiger zum Deutschen Meister 1998. Doch das ist lange her. Zuletzt machte Lautern mit dem sportlichen Abstieg in die 3. Liga und seiner finanziellen Misere Schlagzeilen. Letztere ist so gravierend, dass seit Monaten das Damoklesschwert Insolvenz über dem Verein schwebt. Schon für die laufende Saison brauchte die 1. FC Kaiserslautern GmbH & Co. KGaA, in der die Profiabteilung organisiert ist, eine Finanzspritze von 2,6 Millionen Euro, um die nötigen Mittel für die Drittliga-Lizenz stellen zu können. Der luxemburgische Immobilieninvestor Flavio Becca sprang im Mai 2019 mit einem Darlehen ein. Doch die wirtschaftliche Lage des Vereins hat sich in der Saison 2019/20 verschärft – auch durch die Corona-Krise. Nach Berichten des „Kicker“und des „SWR“sollen die Pfälzer mittlerweile mehr als 20 Millionen Euro Schulden haben. Für die Saison 2020/21 sollen 15 Millionen Euro fehlen. Neue Investoren seien demnach erst nach einem Schuldenschnitt bereit, in den Verein zu investieren. Den konnten die Geschäftsführer des FCK bisher eigenständig mit den drei Hauptgläubigern aber nicht erzielen.
Deswegen wird das Szenario „Insolvenz in Eigenverantwortung“nun konkret. Am Montag hat der Verein beim Amtsgericht Insolvenz angemeldet. Was sich zunächst nach dem Ende des Traditionsvereins anhört, ist aktuell bei Weitem kein Horrorszenario mehr für den Drittligisten. Sportlich hat die sogenannte Planinsolvenz für den Verein keine Folgen. Der Deutsche Fußballbund (DFB) hat wegen der Corona-Krise den im Fall einer Insolvenz fälligen Neun-Punkte-Abzug ausgesetzt. Dem Zwölften der 3. Liga droht also kein Abstieg durch Punktabzug. Gleichzeitig könnte sich der Verein in Eigenregie und ohne größere Eingriffe in seine Struktur binnen weniger Monate sanieren und dadurch für neue Investoren wieder interessant werden.
„Niemandem von uns ist diese Entscheidung leichtgefallen.
Mit dieser Option auf eine mittelund langfristige wirtschaftliche Sanierung können wir jedoch unsere Handlungsspielräume spürbar erweitern und dem Spielbetrieb den Rücken freihalten“, sagte FCK-Geschäftsführer Soeren Oliver Voigt. Das liegt an der besonderen Form des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung: „Sie hat aus Sicht des Unternehmens den Vorteil, dass kein externer Insolvenzverwalter die Führung der Geschäfte übernimmt und die Dinge daher ohne grundlegende Zäsur fortlaufen können“, sagt Professor Christoph Thole, Direktor des Instituts für Verfahrensrecht und Insolvenzrecht an der Universität Köln. Voigt kann also im Amt bleiben, die Verträge der Spieler laufen weiter, allen Mitarbeitern steht für drei Monate ein Insolvenzgehalt zu, das das Arbeitsamt bis zu einer Grenze von 6900 Euro im Monat pro Arbeitnehmer übernimmt.
Das oberste Ziel des Verfahrens sei es aber, die Gläubiger zu befriedigen. Dazu werde bei diesem Verfahren ein unabhängiger Sachwalter vom Gericht bestellt, erklärt Thole. Das biete für die Gläubiger den Vorzug, dass – anders als bei einer Einigung außerhalb eines Insolvenzverfahrens – eine geordnete und gerichtlich überwachte Abwicklung des Verfahrens erfolge. Es wird ein Insolvenzplan erarbeitet, der Lösungen für die unterschiedlichen Gläubiger vorsieht. „Im Fall des 1. FCK wird es jetzt vermutlich darum gehen, einen solchen Plan zu erarbeiten, der dann auch die notwendigen Mehrheiten der Gläubiger erreicht“, sagt Thole. Nur wenn die Mehrheit der Gläubiger zustimmt, kann das Verfahren abgeschlossen werden. Das sei dann wahrscheinlich, wenn die Gläubiger ohne den Plan wirtschaftlich noch schlechter dastünden, sagt der Insolvenzrechtsexperte. Gelingt das beim FCK, könnte der Pfälzer Traditionsverein schon in vier bis zwölf Monaten schuldenfrei sein.