Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Mit dem Sauger gegen die fiese Raupe
Die Raupen des Eichen-Prozessionsspinners sind nicht aufzuhalten. Die Stadt fährt eine klare Linie.
REMSCHEID Die gelbe Raupe mit dem Hubsteiger an Bord setzt sich ratternd in Bewegung. Während Nils Haßlinghaus das Gerät per Fernsteuerung über den Carl-GrüberWeg zum „Tatort“lotst, treffen immer mehr Schulkinder ein. „Da sind auch Raupen!“, sagt eins der Mädchen und deutet mit dem Finger auf den abgebildeten Eichen-Prozessionsspinner (EPS). Die Stadt hatte den Bereich um die betroffene Eiche am Sportplatz am Stadtpark bereits mit Flatterband abgesperrt und mit einem Infoblatt versehen.
Die Fachfirma Enbergs aus Castrop-Rauxel war mit zwei Männern und schwerem Gerät angerückt, um dem gefährlichen Eichen-Prozessionsspinner den Garaus zu machen. Die gelbe Raupe bekämpfte an diesem Morgen die graue Raupe. Für die Kinder ein ganz schönes Spektakel beim Freiluft-Sportunterricht. Allein am Sportplatz Stadtpark mussten drei Bäume behandelt werden. Die Saug-Experten waren am Montag noch an sechs weiteren Standorten im Stadtgebiet unterwegs, unter anderem an der Gemeinschaftsgrundschule Stadtpark oder dem Spielplatz Sonnenbad in
Honsberg. Für die städtischen Areale ist die Stadt in der Pflicht, Eigentümer von Privatgrundstücken müssen Nester an befallenen Eichen ebenfalls entfernen lassen – aber keinesfalls selbst, sondern von einer Fachfirma wie Enbergs. Für sie ist nun die EPS-Hochsaison gestartet. Denn der Spinner, ein unscheinbarer Schmetterling, entwickelt nach der dritten Häutung fiese Brennhaare.
Nun verpuppt sich der Baumpfleger erst mal selbst: Um den EPS absaugen zu können, muss Haßlinghaus in einen Ganzkörperanzug schlüpfen. Denn die winzig kleinen Brennhaare der Raupe können zu Hautreizungen und Atemwegsproblemen bis hin zu Fieber führen. Zusätzlich stülpt sich der Raupen-Bekämpfer Überzieher über die Schuhe und lässt sich die Handschuhe von seinem Kollegen mit Klebeband am Arm festkleben. Dann noch den Helm übergezogen – fertig ist der astronautengleiche Schutzanzug. Nun geht es auf den Hubsteiger. Der kann 30 Meter ausgefahren werden, ist am Stadtpark aber nicht nötig. Ein mobiles Stromaggregat versorgt den Korb mit Strom, denn hier kommt das wichtigste Werkzeug der Baumpfleger zum Einsatz: ein Kärcher-Industriesauger.
Nun schwebt Nils Haßlinghaus vorsichtig mit seinem Korb durch die Äste. Er hat den Röntgenblick: Der Baumpfleger sieht genau, unter welchen Zweigen sich die Nester befinden. Kein Wunder, schließlich macht er das bereits seit drei Jahren. Mittlerweile kennt er „seine Raupen“. Deren Nester sehen aus wie Spinnweben. Der eigentliche Akt geht schnell: In Windeseile hat der Experte alles abgesaugt, danach sprüht er die Stelle mit Sprühkleber ein. „Man entfernt beim Absaugen nicht jedes Haar vom Baum. Ein paar bleiben immer kleben. Der
Sprühkleber fixiert sie“, erklärt Haßlinghaus. Sein Kollege sichert vom Boden aus den Carl-Grüber-Weg ab. Gefährlich wird es, wenn starker Wind im Spiel ist oder die Nester nicht zügig abgesaugt werden, erklärt er. Fallen die Härchen dann auf den Boden, seien vor allem Hunde in Gefahr: Sie könnten bei Kontakt Verbrennungen an ihren Pfoten erleiden. Die Raupen sind nun im Sauger, die Experten fahren zum nächsten Einsatzort. Abends dürfte der Beutel voll sein. Er kommt dann in einen speziellen Container auf dem Enbergs-Betriebsgelände. Der Inhalt wird verbrannt.
Nachdem der Eichen-Prozessionsspinner im vergangenen Jahr das erste Mal in Remscheid auftauchte, verbreitet er sich nun immer mehr. Schuld ist Stadtförster Markus Wolff zufolge der Klimawandel. „Wir müssen davon ausgehen, dass wir in diesem Jahr immer mehr Fundorte ausmachen“, sagt Stadtsprecherin Viola Juric: „Wir müssen lernen, mit ihm umzugehen.“Was dabei zu beachten ist, hat Juric auf der städtischen Internetseite zusammengefasst. Dort werden auch die Fundorte genannt. Die Stadt fährt dabei eine klare Linie: Aufklärung. remscheid.de