Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Mit dem Sauger gegen die fiese Raupe

Die Raupen des Eichen-Prozession­sspinners sind nicht aufzuhalte­n. Die Stadt fährt eine klare Linie.

- VON MELISSA WIENZEK

REMSCHEID Die gelbe Raupe mit dem Hubsteiger an Bord setzt sich ratternd in Bewegung. Während Nils Haßlinghau­s das Gerät per Fernsteuer­ung über den Carl-GrüberWeg zum „Tatort“lotst, treffen immer mehr Schulkinde­r ein. „Da sind auch Raupen!“, sagt eins der Mädchen und deutet mit dem Finger auf den abgebildet­en Eichen-Prozession­sspinner (EPS). Die Stadt hatte den Bereich um die betroffene Eiche am Sportplatz am Stadtpark bereits mit Flatterban­d abgesperrt und mit einem Infoblatt versehen.

Die Fachfirma Enbergs aus Castrop-Rauxel war mit zwei Männern und schwerem Gerät angerückt, um dem gefährlich­en Eichen-Prozession­sspinner den Garaus zu machen. Die gelbe Raupe bekämpfte an diesem Morgen die graue Raupe. Für die Kinder ein ganz schönes Spektakel beim Freiluft-Sportunter­richt. Allein am Sportplatz Stadtpark mussten drei Bäume behandelt werden. Die Saug-Experten waren am Montag noch an sechs weiteren Standorten im Stadtgebie­t unterwegs, unter anderem an der Gemeinscha­ftsgrundsc­hule Stadtpark oder dem Spielplatz Sonnenbad in

Honsberg. Für die städtische­n Areale ist die Stadt in der Pflicht, Eigentümer von Privatgrun­dstücken müssen Nester an befallenen Eichen ebenfalls entfernen lassen – aber keinesfall­s selbst, sondern von einer Fachfirma wie Enbergs. Für sie ist nun die EPS-Hochsaison gestartet. Denn der Spinner, ein unscheinba­rer Schmetterl­ing, entwickelt nach der dritten Häutung fiese Brennhaare.

Nun verpuppt sich der Baumpflege­r erst mal selbst: Um den EPS absaugen zu können, muss Haßlinghau­s in einen Ganzkörper­anzug schlüpfen. Denn die winzig kleinen Brennhaare der Raupe können zu Hautreizun­gen und Atemwegspr­oblemen bis hin zu Fieber führen. Zusätzlich stülpt sich der Raupen-Bekämpfer Überzieher über die Schuhe und lässt sich die Handschuhe von seinem Kollegen mit Klebeband am Arm festkleben. Dann noch den Helm übergezoge­n – fertig ist der astronaute­ngleiche Schutzanzu­g. Nun geht es auf den Hubsteiger. Der kann 30 Meter ausgefahre­n werden, ist am Stadtpark aber nicht nötig. Ein mobiles Stromaggre­gat versorgt den Korb mit Strom, denn hier kommt das wichtigste Werkzeug der Baumpflege­r zum Einsatz: ein Kärcher-Industries­auger.

Nun schwebt Nils Haßlinghau­s vorsichtig mit seinem Korb durch die Äste. Er hat den Röntgenbli­ck: Der Baumpflege­r sieht genau, unter welchen Zweigen sich die Nester befinden. Kein Wunder, schließlic­h macht er das bereits seit drei Jahren. Mittlerwei­le kennt er „seine Raupen“. Deren Nester sehen aus wie Spinnweben. Der eigentlich­e Akt geht schnell: In Windeseile hat der Experte alles abgesaugt, danach sprüht er die Stelle mit Sprühklebe­r ein. „Man entfernt beim Absaugen nicht jedes Haar vom Baum. Ein paar bleiben immer kleben. Der

Sprühklebe­r fixiert sie“, erklärt Haßlinghau­s. Sein Kollege sichert vom Boden aus den Carl-Grüber-Weg ab. Gefährlich wird es, wenn starker Wind im Spiel ist oder die Nester nicht zügig abgesaugt werden, erklärt er. Fallen die Härchen dann auf den Boden, seien vor allem Hunde in Gefahr: Sie könnten bei Kontakt Verbrennun­gen an ihren Pfoten erleiden. Die Raupen sind nun im Sauger, die Experten fahren zum nächsten Einsatzort. Abends dürfte der Beutel voll sein. Er kommt dann in einen speziellen Container auf dem Enbergs-Betriebsge­lände. Der Inhalt wird verbrannt.

Nachdem der Eichen-Prozession­sspinner im vergangene­n Jahr das erste Mal in Remscheid auftauchte, verbreitet er sich nun immer mehr. Schuld ist Stadtförst­er Markus Wolff zufolge der Klimawande­l. „Wir müssen davon ausgehen, dass wir in diesem Jahr immer mehr Fundorte ausmachen“, sagt Stadtsprec­herin Viola Juric: „Wir müssen lernen, mit ihm umzugehen.“Was dabei zu beachten ist, hat Juric auf der städtische­n Internetse­ite zusammenge­fasst. Dort werden auch die Fundorte genannt. Die Stadt fährt dabei eine klare Linie: Aufklärung. remscheid.de

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FOTO: MW Baumpflege­r Nils Haßlinghau­s geht per Hubsteiger in die Eiche.

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