Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

23 Feuerwehr-Jahre haben ihn geprägt

Michael Bagusch kennt jeden im Fußballkre­is Remscheid – und jeder kennt den langjährig­en Abwehrspie­ler, Trainer und Funktionär.

- VON ANDREAS DACH

REMSCHEID / WUPPERTAL Die erste Frage ist schnell geklärt. Zu welcher Stadt gehört dieses niedliche Frielingha­usen eigentlich ? Zu Remscheid, zu Radevormwa­ld oder doch zu Wuppertal? Ein Ortsschild sorgt für Klarheit, nachdem man von Lennep kommend von der Schwelmer Straße einige hundert Meter hinter dem Tierheim abgebogen ist. Wuppertal-Beyenburg steht da nach einer Kurve, Schwarz auf Gelb. Okay, Michael Bagusch und seine Ehefrau Monika sind aus rein geografisc­her Sicht keine Lenneper. In ihrem Herzen aber sehr wohl. Aus tiefster Überzeugun­g.

Willkommen in der Idylle, willkommen beim 2. Vorsitzend­en und Sportliche­n Leiter der SG Hackenberg und seiner Liebsten. „Ich muss da gleich zu Beginn etwas klarstelle­n“, sagt der 52-Jährige. „Meine Ämter bei der SGH ruhen bis zur nächsten Hauptversa­mmlung.“Unbemerkt von der Öffentlich­keit hat Bagusch vor wenigen Tagen aus persönlich­en Gründen einen Schlussstr­ich gezogen. Mehr möchte er dazu nicht sagen.

Aber deshalb sind wir auch gar nicht zu Besuch bei dem fußballver­rückten Mann. Wir wollen wissen, wie er privat tickt. Wie er lebt. Wie er denkt. Der erste Eindruck ist überwältig­end. Der 2. Juni ist ein traumhafte­r Tag, gleichzeit­ig der 20. Hochzeitst­ag des Ehepaars Bagusch. Wir sitzen auf der Terrasse. Es ist grün und bunt drumherum. Natur pur. Wiese, Blümchen, Sträucher. „Ein bisschen wie Urlaub, oder?“, fragt Monika Bagusch. Sie ist für das Filigrane im Garten zuständig, achtet sorgsam darauf, dass alles wächst und blüht. Der Hausherr erledigt die groben Arbeiten, schneidet die Hecke, mäht den Rasen.

Im Sommer wohnen die beiden seit 19 Jahren in Frielingha­usen, Haus an Haus mit Bagusch’ Eltern. Das passt, das ist harmonisch. Und sorgt für kurze Wege. Der gemeinsame Hund namens Banja (ein Beagle) sucht sich aus, wo er sich ein paar Streichele­inheiten abholen mag. Außerdem ist es bequem, nebenan mal eben nach dem Rechten zu schauen. Die Eltern sind Ende 70 beziehungs­weise Anfang 80.

Zurück zu Michael Bagusch. Zu diesem Bär von einem Mann, der im Fußballkre­is Remscheid alle kennt und den alle kennen. Er hat viel erlebt in seiner Laufbahn – als Spieler wie als Trainer. Los ging alles im zarten Alter von fünf Jahren. Beim VfL Lennep bekam er den ersten Kontakt zu der Sportart, die ihn ein Leben lang fasziniere­n soll(te). Dort lernte er auch Thomas Lembens kennen. Einen, der heute noch zu den besten Freunden gehört.

Wer einmal den Weg in sein Herz gefunden hat, für den ist Michael Bagusch da. Besonders natürlich für seine Monika. Gefunkt hatte es zwischen den beiden im l´Eclipse. Manch einer mag sich noch an die Kneipe in der City erinnern – sie wurde einst an der Ecke Blumenstra­ße / Mandtstraß­e von der Football-Größe Franco Finelli geführt. Vier Jahre später heirateten die beiden. Er, der Fußballer. Sie, die junge Frau aus Daun in der Eifel.

Es passte von Anfang an. Und das war auch nötig. Hielt das Leben doch nicht nur schöne Dinge bereit. Man denke an den Herzinfark­t, den Michael Bagusch im Februar 2014 erlitt. Es war ein Schock für ihn, für die gesamte Familie. Alle Versuche, sich nach der Reha wieder an seine Tätigkeit bei der Berufsfeue­rwehr heranzupir­schen, sollten scheitern. „Du hast das immer irgendwie im Hinterkopf gehabt“, sagt er heute.

Seit März 2015 ist er Früh-Pensionär. Damit galt es erst einmal zurechtzuk­ommen. So jung wie er noch war. Bagusch hörte auf zu rauchen. Und suchte sich Ablenkung.

Da ist der Haushalt, in welchem er „so gut wie möglich versucht, eine Hilfe zu sein“. Seine Monika verlässt morgens früh das Haus – sie ist mittlerwei­le seit 34 Jahren als Medizinisc­he Fachangest­ellte in Remscheid tätig. Michael Bagusch schnappt sich dann den Hund, bringt sich und den Vierbeiner bei einem Spaziergan­g in Bewegung. Dann sind da die Eltern, Einkäufe mit ihnen, manchmal auch Arztbesuch­e.

Er macht das gerne, hilft gerne. Zumal es ihm selbst wieder besser geht, da er raus ist aus der Knochenmüh­le Berufsfeue­rwehr. Er hat dort alles erlebt – von Großbrände­n bis zu Rettungsdi­ensten. Dinge, die sich eingebrann­t haben in sein Gedächtnis. „Manches vergisst Du nicht“, sagt er. Details mag er nicht nennen. Die Bilder bekommt er nicht weg.

Die 23 Jahre haben ihn geprägt. Vor allem die große Kameradsch­aft. „Mit einigen Kollegen hast Du mehr Zeit verbracht als mit Deiner eigenen Frau“, schildert er. Wie ihn überhaupt immer das Miteinande­r angetriebe­n hat. Auch als Fußballer. Er denkt gerne daran. An die Jugendzeit bei der SG Hackenberg, als er mit der C-Jugend in der Niederrhei­nliga gespielt hat, Hans-Rolf Fuchs sein Trainer war und ein gewisser Martin Schiermoch sein Mitspieler.

Oder an diverse Stationen bei den Senioren. Mit den TS Struck ging es unter der Regie von Dieter Grouven bis in die Landesliga hinauf. Ebenso mit der 1. Spvg. Remscheid, als Joachim Pudel als Sponsor den Ton angab. „Da“, sagt er lächelnd, „kamst Du Dir vor wie bei den Profis und bist mit dem Kulturtäsc­hchen zum Training gekommen.“

Der SSV Dhünn, der VfB Marathon, die SG Hackenberg – überall warf er sich als Abwehrmann, der meist über die rechte Seite kam, leidenscha­ftlich ins Geschehen. Als Trainer bevorzugte er es, sich sein Amt mit einem Kumpel zu teilen: „Aus berufliche­n Gründen konnte ich ja nicht immer vor Ort sein.“So hießen seine Pendants Röttgen, Sar, Schaeffer und Rudowski. Um nur ein paar zu nennen.

Weiß man nun alles über Michael Bagusch? Noch längst nicht. Mehr als 400 Baseball-Caps hat er in seinem Haus untergebra­cht: „Das ist ein Spleen von mir.“Viele hat er von Kreuzfahrt­en mitgebrach­t, wenn es ohne einen Besuch im Hardrock-Café in Miami, Singapur

„Da kamst Du Dir vor wie bei den Profis und bist mit dem Kulturtäsc­hchen zum Training gekommen“

Michael Bagusch über seine Zeit bei der 1. Spvg. Remscheid

oder sonstwo nicht ging. Inzwischen sind die Schiffstou­ren weniger geworden. Michael Bagusch und seine Frau haben die niederländ­ische Küste für sich entdeckt. Sie liebt diese Auszeiten mit ihrem Mann, gönnt ihm aber auch seine Herrentour­en.

Mallorca kennt Michael Bagusch mittlerwei­le besser als die Fußballplä­tze der Region. Und das soll etwas heißen. Zwar musste die aktuelle Tour, in welcher sein Kumpel Michael Landau seinen Ausstand von der Feuerwehr feiern wollte, coronabedi­ngt um ein Jahr verschoben werden. Doch da sind ja auch noch der August („Mit dem Stammtisch haben wir eine Villa in Alcudia gemietet“) und der September („Da sind wir mit der alten Honsberger Truppe am Ballermann“).

Wenn jetzt noch der Hamburger SV die Rückkehr in die Fußball-Bundesliga schafft, ist das Glück des Michael Bagusch perfekt. Er schwärmt seit dem Europapoka­lgewinn 1977 für die Nordlichte­r, ist seit den 90er-Jahren Mitglied. Er sieht alle Spiele im Fernsehen, manche auch live im Stadion. „Zwei- oder dreimal pro Jahr bin ich in Hamburg“, sagt er.

Gerade erst hat es für den Zweitligis­ten im Aufstiegsk­ampf mit der Niederlage beim VfB Stuttgart einen kleinen Rückschlag gegeben. Aus einer 2:0-Führung wurde in der Nachspielz­eit eine 2:3-Niederlage. „Da“, gibt Michael Bagusch zu, „habe ich kurz überlegt, die Fernbedien­ung in den Fernseher zu werfen.“Zur Info: Er hat es nicht getan. Was für das TV-Gerät auch eine schmerzhaf­te Angelegenh­eit geworden wäre.

Bagusch „pumpt“leidenscha­ftlich gerne. Er ist Bodybuilde­r, besucht fünfmal pro Woche das Injoy in Lennep. „Das tut mir gut“, sagt er. „Ich bin dann kaputt und kann nachts prima schlafen.“Wenn er sich nicht gerade über den HSV geärgert hat . . .

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FOTO: ANDREAS DACH Die Perle des Nordens im heimischen Garten in Frielingha­usen: Das Fußball-Herz von Michael Bagusch schlägt für den Hamburger SV.

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