Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Eine Wanze auf der Lauer
Das Westdeutsche Tourneetheater präsentierte im Teo Otto Theater den Insektenkrimi „Die Wanze“.
REMSCHEID „Ich heiße Muldoon, genauer gesagt Wanze Muldoon. Und ich bin ein Schnüffler“, so stellte sich der Privatdetektiv, angeblich der Einzige, der in diesem Garten noch lebt, am Sonntagnachmittag im WTT vor. „Die Wanze“, ein Insektenkrimi von Paul Shipton unter der Regie von WTT-Intendantin Claudia Sowa, stand auf dem Programm. Ein Stück für Kinder ab acht Jahren, an dem Erwachsene aber ebenfalls ihre Freude haben.
Im beigefarbenen Trenchcoat, einen braunen Hut mit Fühlern auf dem Kopf – so sitzt Muldoon (Björn Lukas), der eigentlich ein Käfer ist, auf einem Hocker an Dixies Bar und erzählt, dass er gerade den Fall eines vermissten Ohrwurms bearbeitet. Und während der Song „As Time goes by“aus dem Film Casablanca erklingt, schlürft er seinen Lieblingsdrink, gemixt aus Rosentau mit einem Schuss Lingustersaft. Und erklärt, dass es in Dixies Bar heißt: „Was nicht auf der Speisekarte steht, wird auch nicht gegessen“.
Als er den Auftrag erhält, eine Gruppe aufmüpfiger Ameisen, die den gesamten Ameisenstaat in Aufruhr versetzt, ausfindig zu machen, muss er seinen ganzen detektivischen Spürsinn aufbieten. Dabei stößt er auf geheime Verbindungen zwischen Ameisen und Wespen. Spätestens jetzt weiß Wanze Muldoon, dass diesem Garten und den dort lebenden Insekten große Gefahr droht.
Björn Lukas zeigt in diesem Einpersonenstück die ganze Bandbreite seines schauspielerischen Könnens. Ob er die halbstarken Kakerlaken oder die beiden Regenwürmer Dix und Dax mit Handpuppen spielt, in die Rolle des stotternden, immer zappelnden Jake schlüpft, der süchtig nach Zucker ist, oder die Ameisensoldaten aufmarschieren lässt – man nimmt ihm alles ab. Blitzschnell verändert er Stimme, Gestik, Mimik, Gang, ändert sein Äußeres durch Schal, Krone, Sonnenbrille, silberne Schnallen oder Augenklappe, und schon sieht man statt des Privatdetektivs die kluge Ameisenkönigin, den überheblichen Kommandanten oder die schrille Wespenchefin,
die immer erst sticht, bevor sie fragt.
Zwischendurch zeigt er auf großformatigen Bildern außergewöhnliche Einblicke in die Welt der Insekten und erzählt, was sie alles können. Behauptet beispielsweise vom Goliathkäfer: „Die Larven sind mit bis zu 15 Zentimetern Länge sehr große Verwandte der uns bekannten Engerlinge. Er verlässt sich auf seinen Grips.“Das Bühnenbild verändert sich während des rund 75 Minuten langen Stücks nicht. Aber der Schauspieler schafft es trotzdem, die langen Wege zu seinen unterschiedlichen Einsatzorten zu gehen. Wenn er ans Regenrohr gerufen wird, wo sich die Ameisen – nur die Einzigartigen – zu ihrer Talentshow treffen, oder in den Thronsaal der Ameisenkönigin, dann wandert er rechts um den Bartresen, dann wieder links. Sogar singen kann er. Erst herrlich schräg, wenn die Ameisen „Einer statt viele“ trällern, dann harmonisch und voller Wärme, wenn er als Ameise „Clarissa“von der großen Traurigkeit singt.
All die witzigen, teils liebenswürdigen, teils bösen Charaktere spielt der Protagonist so gekonnt, dass sich das Publikum herrlich amüsiert. Ein Stück für die ganze Familie.
Große Themen wie Freundschaft, Loyalität, Mut oder auch Zusammenhalt werden so lustig, unterhaltsam und charmant behandelt,
dass es großen Spaß macht. Die Zahl der Zuschauer im Teo Otto Theater war wegen der Corona bedingten Einschränkungen überschaubar. Der Applaus für diese grandiose schauspielerische Leistung wollte aber nicht enden.
Das Stück „Die Wanze“, das bereits vor acht Jahren im WTT Premiere gefeiert hatte, ist zurzeit das einzige „Corona-Kinderstück“, das das Ensemble zeigen kann. „Unser neuer Spielplan, der ab August gilt, wird Anfang des kommenden Monats fertig. Wir überlegen gerade noch, ob wir das Kinderstück „Oh, wie schön ist Panama“Corona fähig machen können“, sagt Schauspieler Björn Lenz. Zwar sind seit Montag weitere Beschränkungen für die Menschen aufgehoben worden, für Theaterbühnen würde das aber nicht gelten. „‚Das Tagebuch von Adam und Eva‘ ist ein Zweipersonenstück. Das können wir ebenfalls trotz der Einschränkungen spielen“, sagt der Schauspieler.