Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Barocke Wasserspiele
Rund um das zauberhafte Schloss an der Dhünn in Leverkusen gibt es viel zu entdecken. Nicht nur der interaktive Brunnen „Water Island“von Jeppe Hein am Museum Morsbroich hat sich zum Besuchermagneten entwickelt. Große Laubbäume laden zum Picknick ein.
LEVERKUSEN Wer trockenen Fußes auf die mittlere Plattform gelangen will, der muss den richtigen Moment abpassen. Denn der interaktive Brunnen speit Wasser in verschiedenen Segmenten – mal links, mal rechts, mal sprühen alle Düsen gleichzeitig. 2010 wurde die interaktive Skulptur „Water Island Morsbroich“des dänischen Künstlers Jeppe Hein eingeweiht und hat sich seitdem zum Besuchermagneten vor Schloss Morsbroich entwickelt.
„So hat Jeppe Hein dem barocken Schloss sein Wasserspiel zurückgegeben“, sagt Fritz Emslander, kommissarischer Leiter des Museums Morsbroich, einem überregional bedeutenden Haus für Gegenwartskunst. Die Brunnenschale gab es schon vorher. Nun ergänzt der Brunnen bestens das Wasserschloss aus dem 18. Jahrhundert, bildet die Mittelachse des rund angelegten Ensembles mit Wassergraben. Im Graben selbst, der an die Dhünn angeschlossen ist, ziehen träge Karpfen und ein ausgesetzter Koi ihre Bahnen, warten darauf, dass Besucher sie füttern.
Besonders schön sei das Wasserspiel des Brunnens, wenn die Sonne scheint und es einen Regenbogen gibt, sagt Fritz Emslander. „Ohne Wind kann man, ohne nass zu werden, in dem Kreis aus Wasser stehen und dort das Spiel der Farben im feinen Nebel fast schon spüren“, sagt der Museumsdirektor. „Auch für das Kind in uns ist das eine schöne Sache“, ergänzt er schmunzelnd. Viele Brautpaare nutzen die begehbare Skulptur vor der barocken Kulisse als Fotostandort. Eine Herausforderung für den Bräutigam ist es, die Braut auf die Brunnen-Plattform zu tragen – ohne Kleid und Brautschmuck zu wässern. Seit Juni sind Trauungen im Schloss wieder gestattet.
Der dänische Künstler ( Jahrgang 1974) hat die Achsen der Wege, die zum Schloss führen, auf seiner Brunnenskulptur verlängert. Über diese kann man die Plattform betreten und ist dort zeitweise komplett von Wasser umgeben. Das Wasser wird regelmäßig ausgetauscht und gechlort – gerade in Corona-Zeiten wichtig. Das Projekt, das einen spielerischen Umgang mit Kunst ermöglicht, hatten zum Großteil die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen des Museums-Shops 2010 finanziell ermöglicht. Dafür können sie sich täglich am Blick auf das Wasserspiel vor dem Schloss erfreuen. Es ist auch ohne Museumseintritt jederzeit zugänglich.
Viele kennen Leverkusen vor allem als großes Autobahn-Kreuz. Dass die Stadt auch zahlreiche Parks und Grünanlagen hat, wissen nur wenige. Die Dhünn zieht sich mit ihren waldigen Uferbereichen wie ein grünes Band durch die Stadt. Auch Schloss Morsbroich liegt direkt an der Dhünn. Im 19. Jahrhundert entstanden nicht nur die Seitenflügel des ehemaligen Jagdschlosses, sondern auch die 2,5 Hektar große Parkanlage im Stil eines englischen Landschaftsgartens. Die Dhünn wurde damals aufgestaut zu einem Teich. Künstlich angelegte Kaskaden, typisch für einen barocken Garten,
plätschern friedlich dahin. Über Trittsteine gelangt man über den kleinen Wasserfall und hat dabei einen schönen Blick aufs Schloss, das die Stadt Leverkusen 1974 von der Familie von Diergardt erwarb.
Wenn man den Park mit seinen Wiesen- und Waldabschnitten durchwandert, ergeben sich immer wieder schöne Ausblicke auf das Gebäude-Ensemble. 18 Skulpturen sind in Schlosshof und Park verstreut, gehen mit der Natur einen schönen Dialog ein. Eine App, die man sich im App Store oder von Google Play („Schloss Morsbroich“) aufs Handy herunterladen kann, erlaubt einen Rundgang durch den Park mit Erklärungen zu den einzelnen Kunstwerken, die man entweder selbst lesen oder sich vorlesen lassen kann.
Große alte Laubbäume laden zum Picknick ein. Die majestätische, vermutlich im späten 18. Jahrhundert gepflanzte Blutbuche ist zurzeit allerdings von einem Zaun umgeben, denn sie ist krank und man befürchtet, dass sie umfallen könnte. Doch der gesamte Park wird sich bald verändern. Im Zuge einer Umgestaltung werden dort Berliner Landschaftsarchitekten Lichtungen schlagen und bis 2023 sogenannte „Aktionsorte“für einen Bürgerpark anlegen. Ein Labyrinth etwa, eine „Spiel- und Bewegt-Lichtung“, eine „Picknick- und Relax-Lichtung“und eine hölzerne Terrasse am Teich, die zur Rast einladen soll. 1,2 Millionen Euro soll das Ganze kosten, von denen der Großteil aus Bundesmitteln stammt. Der Museumsverein Morsbroich hatte die Aktion mit angeschoben als Teil eines neuen, erweiterten Nutzungskonzeptes von Schloss und Park, das letztlich auch das von der Schließung bedrohte Museum rettete.
Direkt von Schloss Morsbroich aus erschließt sich zudem ein großes Fahrradnetz, das einen westlich direkt zum Rhein führt und östlich bis nach Odenthal und weiter bis zum Altenberger Dom. Leihfahrräder stehen an dem Parkplatz parat. Vor Corona-Zeiten fanden viele Veranstaltungen in Schloss und Park statt. Vor allem der beeindruckende Spiegelsaal des ehemaligen Lustschlosses bietet eine stilvolle Kulisse für Konzerte aller Art. Neben dem Saal befindet sich das in Altrosa gehaltene „Damenzimmer“, das heute als Trausaal dient. Diagonal gegenüber in dem symmetrisch angelegten Schloss liegt das „Jagdzimmer“, in dem sich früher eher die Herren aufhielten. Es ist Fritz Emslanders Lieblingsraum mit Kamin und Holzkassettendecke, wo sich der Kunsthistoriker gerne für Gespräche trifft.
Und so lohnt sich ein Ausflug nach Museum Morsbroich gleich mehrfach: für einen Besuch des Museums mit seiner exquisiten Sammlung der Gegenwartskunst, für einen Rundgang durch den schönen Landschaftspark mit seinen teils monumentalen Skulpturen, der, auch wenn er zurzeit etwas verwildert ist, reizvoll und entspannend ist, für einen Fahrrad-Ausflug und natürlich für einen Trip auf die „Insel des Wassers“mit den sprühenden Fontänen auf Jeppe Heins „Water Island Morsbroich“.