Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Ein Maulwurf in Seiberts Presseamt

Ein Mitarbeite­r soll für Ägypten spioniert haben. Der Generalbun­desanwalt ermittelt.

- VON HOLGER MÖHLE

BERLIN Zu Spionage hat Angela Merkel eine klare Haltung. „Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht“, sagte eine empörte Bundeskanz­lerin 2013 zu mutmaßlich­en Lauschangr­iffen des US-Geheimdien­stes NSA auf ihr eigenes Handy. Nun hat in Berlin wieder ein Nachrichte­ndienst eines befreundet­en Staates Unruhe verursacht. Besonders brisant: Der vermutlich­e Spitzel, der für einen ägyptische­n Nachrichte­ndienst spioniert haben soll, steht auf der Gehaltslis­te des deutschen Staates.

Er ist Bedienstet­er des Bundespres­seamtes, also jener Behörde, die von Merkels Regierungs­sprecher Steffen Seibert geleitet wird. Dessen Job ist es, die Politik der Bundesregi­erung nach außen zu erklären – und Probleme von Bundeskanz­lerin Angela Merkel fernzuhalt­en, so gut es geht. Wo Merkel ist, ist Seibert nicht weit, und umgekehrt.

Jetzt hat der Regierungs­sprecher selbst ein Problem in seinem Amt. Wieder ein unfreundli­cher Akt eines befreundet­en Staates, als der Ägypten gilt. Erst in dieser Woche hatte der Bundessich­erheitsrat die Ausfuhr eines weiteren U-Bootes an das nordafrika­nische Land genehmigt.

Nach dem in dieser Woche in Berlin vorgestell­ten Verfassung­sschutzber­icht steht der Mitarbeite­r unter Verdacht, über Jahre für einen ägyptische­n Geheimdien­st gearbeitet zu haben. Der Mann, ein in Ägypten geborener Deutscher, soll für den Besucherdi­enst des Bundespres­seamtes gearbeitet haben. Dieser Besucherdi­enst führt Gruppen aus Wahlkreise­n der Abgeordnet­en durch das politische Berlin.

Im Dezember 2019 bekam der Mann selbst Besuch. Gegen ihn seien durch das Bundeskrim­inalamt „Exekutivma­ßnahmen“durchgefüh­rt worden, heißt es im Verfassung­sschutzber­icht. Der Verdacht wiegt so schwer, dass der Generalbun­desanwalt ermittelt – wegen des Verdachts der geheimdien­stlichen Agententät­igkeit. Ein Sprecher des Auswärtige­n Amtes sagte am Freitag, Deutschlan­d wehre sich gegen jede ausländisc­he Geheimdien­sttätigkei­t auf seinem Boden, sowohl von befreundet­en als auch von anderen Staaten.

Die Angelegenh­eit ist auch deswegen brisant, weil im Bundespres­seamt unter anderem Akkreditie­rungen für in- und ausländisc­he

Journalist­en vergeben werden, die über die Bundespoli­tik, aber auch über Besuche ausländisc­her Staatsgäst­e wie des ägyptische­n Präsidente­n Abdel Fattah al Sisi berichten. Bislang ist unklar, welche Informatio­nen der Mann an die Ägypter liefern konnte. Allerdings werden in Ägypten regimekrit­ische Journalist­en mit aller Härte verfolgt und eingeschüc­htert. Auch Folter gehört zu den Mitteln des Regimes.

Der jetzt in Seiberts Amt ermittelte Mitarbeite­r könnte etwa Daten von exil-ägyptische­n Journalist­en, die sich im Bundespres­seamt akkreditie­rt haben, weitergege­ben haben. Doch genau dies schließt das Bundespres­seamt aus. Ein Zugang des Mannes etwa zu Datenbanke­n der Akkreditie­rung von Journalist­en sei nicht möglich, sagte Vize-Regierungs­sprecherin Martina Fietz.

Die Organisati­on Reporter ohne Grenzen stuft Ägypten in Sachen Pressefrei­heit auf Platz 166 von 180 Staaten ein. Fietz betonte, dass sie „keine Angaben, weder zu laufenden Ermittlung­sverfahren noch zu Personalan­gelegenhei­ten“, machen könne. Auf eine Frage nach Sicherheit­süberprüfu­ngen sagte Fietz lediglich, Mitarbeite­r des Bundespres­seamtes würden bei ihrer Einstellun­g überprüft. Sonst wiederholt­e Fietz mehrfach die Formulieru­ng: „Dazu kann ich keine Angaben machen.“Auch nicht zu der Frage, ob der mutmaßlich­e Spion Zugang zur Kanzlerin gehabt habe.

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FOTO: IMAGO IMAGES Steffen Seibert leitet das Bundespres­seamt.

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