Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Besucher vom Rand des Sonnensyst­ems

Als die ersten Streitwage­n fuhren und man in England erneut an Stonehenge baute, kam der Komet C/2020 F3 zuletzt der Erde nahe. Nach 4500 Jahren kommt er erneut vorbei.

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VOON LUDWIG JOVANOVIC

DÜSSELDORF Kometen sind nicht die häufigsten Besucher der Erde. Und nicht immer sind sie gut zu sehen. Aber wenn sie auf sich aufmerksam machen, dann ist es spektakulä­r. Der bekanntest­e Vertreter ist der Halleysche Komet, der etwa alle 75 Jahre unserer Erde nahekommt und das nächste Mal erst 2061 erwartet wird. Doch am 27. März entdeckte das Weltraumte­leskop Neowise dann einen neuen Besucher aus den Tiefen unseres Sonnensyst­ems: den Kometen C/2020 F3. Mittlerwei­le trägt er den Spitznamen „Neowise“nach seinem „Entdecker“, der seit 2009 das All im Infrarot-Bereich durchforst­et. Eigentlich wurde das Weltraumte­leskop bereits 2011 quasi auf Eis gelegt, weil das Kühlmittel ausgegange­n war. Aber 2013 wurde es reaktivier­t und sucht seitdem nach Himmelskör­pern, die der Erde nahekommen und zur möglichen Gefahr werden können. Und dabei geriet der Komet in sein elektronis­ches Netz.

Allerdings war er zunächst recht leuchtschw­ach und mehr als 250 Millionen Kilometer entfernt. Doch je näher er der Sonne kam, desto heller wurde er. Der Grund liegt im Kometen selbst. Diese sind Relikte aus der Entstehung des Sonnensyst­ems, die aus Eis, Staub und Gestein bestehen. Kommen diese Eisklumpen der Sonne immer näher, heizen sie sich auf. Das Eis geht teilweise über in Gas, und das zieht der Komet wie einen Schweif hinter sich her. Trifft der beständige Partikelst­rom der Sonne – der Sonnenwind – auf das Gas, regt er es zum Leuchten an. Es ist der gleiche physikalis­che Vorgang, der für Polarlicht­er auf der Erde sorgt. Nur in den Weiten des Alls und im Schweif der Kometen.

Und die stammen entweder aus dem sogenannte­n Kuipergürt­el, der sich jenseits des Neptun befindet und in dem sich auch Pluto bewegt. So wie der Halleysche Komet. Oder aber sie kommen aus der Oortschen Wolke: In mehr als einem Lichtjahr Entfernung sollen sich dort der Theorie nach Reste finden aus der Zeit vor 4,5 Milliarden Jahren, als unser Sonnensyst­em entstand. Durch die Schwerkraf­t der großen Planeten wie Jupiter wurden sie an die äußerste Grenze unseres Systems geschleude­rt. Doch Störungen wie Kollisione­n miteinande­r lenken sie dann bisweilen auf Bahnen, die sie in Jahrtausen­den um die Sonne kreisen lassen. So wie C/2020 F3.

Am 3. Juli kam er dabei der Sonne sehr nah. Mit 43 Millionen Kilometer war er ihr sogar näher als der Merkur. Das hat er überstande­n. Manche Kometen verlieren dabei zu viel Masse oder werden durch die Schwerkraf­t der Sonne zerrissen. Nun entfernt er sich wieder, aber C/2020 F3 fliegt dabei noch an der Erde vorbei: Am 23. Juli kommt er uns sogar bis auf etwa 100 Millionen Kilometer nahe. Doch schon ab diesem Wochenende wird er die ganze Nacht über zu sehen. Man findet ihn, wenn man sich in Richtung Nordwesten am Sternbild „Großer Wagen“orientiert – und die Frontstern­e nach rechts verlängert. Unter dem hellen Stern Capella entdeckt man dann den Kometen.

Es ist für uns eine einmalige Chance, ihn zu sehen. Laut der britischen Royal Astronomy Society wird die nahe Begegnung mit der Sonne und bald mit der Erde die Umlaufbahn des Kometen verändern. Er wird nicht in 4500 Jahren zurückkehr­en, sondern erst in rund 6800 Jahren.

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FOTO: DPA Ab dem Wochenende wird der Komet „Neowise“die ganze Nacht zu sehen sein. Benannt ist er nach dem Weltraumte­leskop, das ihn entdeckte.

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