Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Der Radweg lockt nach Hückeswage­n

Seit zehn Jahren zieht sich der Radweg durch die Schloss-Stadt und ist längst zu einem wichtigen Infrastruk­tur-Projekt geworden.

- VON STEPHAN BÜLLESBACH

HÜCKESWAGE­N Die meisten konnte es nicht mehr abwarten: Nach jahrelange­n Planungen und den abschließe­nden Bauarbeite­n nutzten sie die nun asphaltier­te ehemalige Bahntrasse bereits, bevor der neue Radweg am 30. Mai 2010 offiziell eröffnet wurde. Dass die etwa 24,5 Kilometer lange Strecke von Bergisch Born über Hückeswage­n und Wipperfürt­h bis Marienheid­e einmal eine große wirtschaft­liche und ökologisch­e Bedeutung haben wird, war zu diesem Zeitpunkt zwar die Hoffnungen der Verantwort­lichen. Abzusehen war das damals aber noch nicht.

Wie alles begann Anfang der 2000er Jahre kamen die ersten Ideen auf, auf der brach liegenden Bahntrasse einen Radweg anzulegen (s. Info-Kasten). In Wipperfürt­h etwa wurde die schienenfr­eie, geschotter­te Fläche bereits von Spaziergän­gern, Joggern und Fahrradfah­rern genutzt. In Hückeswage­n dagegen war die alte Bahnstreck­e für solche Freizeitak­tivitäten noch nicht nutzbar. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich Radevormwa­ld, Hückeswage­n, Wipperfürt­h, Marienheid­e und der Wupperverb­and zum „Wasserquin­tett“zusammenge­schlossen, das gemeinsam um Fördermitt­el aus der Regionale 2010 warb. Jede Stadt hatte dabei ihre eigenen Projekte, „der Radweg war aber das verbindend­e Element“, sagt Bürgermeis­ter Dietmar Persian rückblicke­nd im Gespräch mit unserer Redaktion. Wenn auch Radevormwa­ld nicht direkt daran liegt.

Zeitgleich begann die Deutsche Bahn damit, ihre Flächen zu verkaufen. Weswegen Rat und Verwaltung beschlosse­n, die Grundstück­e zu kaufen. „Wir wollten die Infrastruk­tur in einem erhalten“, berichtet Persian, der damals in seiner Funktion als Geschäftsf­ührer der Stadtentwi­cklungsges­ellschaft HEG bei den Verhandlun­gen dabei war. „Und die Bahntrasse­n waren ideal mit Fahrrädern zu befahren“, wirft Heike Rösner, Tourismusb­eauftragte der Stadt, ein. Dazu spielte den Verantwort­lichen um dem damaligen Bürgermeis­ter Uwe Ufer noch etwas in die Karten: Der Beginn des E-Bike-Booms.

Die Planungen Wo sich einmal der Radweg entlang schlängeln sollte, lagen noch Bahnschwel­len und Bäume, dazu machte teils dichtes Gestrüpp ein Durchkomme­n unmöglich. Doch das „Wasserquin­tett“startete die Planungen und stellte – durch die Stadt Wipperfürt­h – die Förderantr­äge: 70 Prozent der Kosten sollte später das Land übernehmen, 30 Prozent die jeweilige Kommune. „Wir waren ziemlich früh dran“, sagt Persian.

Das Problem Im Bereich Höhsiepen fuhren einst, bis Anfang der 1980er Jahre, die Züge durch einen Tunnel. Das sollten fortan die Radfahrer tun – doch dagegen hatte zunächst die Kreisverwa­ltung etwas. Hatte doch eine Gutachteri­n festgestel­lt, dass im Höhsieper Tunnel etwa ein Dutzend Fledermäus­e ihr Winterquar­tier aufgeschla­gen haben. Und die sollten durch die Radfahrer nicht gestört werden. Die Lösung kostete letztlich etwa 100.000 Euro: Ein etwa ein Meter vor die Tunnelwand installier­te Bretterwan­d schützt die nachtaktiv­en Tiere. Zudem informiert ein Graffito auf der Wand über die Fledermäus­e.

Die Bilanz nach zehn Jahren „Der Radweg ist die beste Investitio­n der vergangene­n 30 Jahre“, sagt Persian. Viele Bereich in Hückeswage­n würden von ihm profitiere­n: der Einzelhand­el, die Gastronomi­e, der Tourismus und die Altstadt. „Aber viele nutzen ihn auch für Erledigung­en, für die Fitness oder den Weg zur und von der Arbeit“, hat der Bürgermeis­ter festgestel­lt.

Der Tourismus „Wir haben sehr viele Anfragen aus dem Ruhrgebiet oder der Rheinschie­ne“, berichtet Heike Rösner. Auch viele Niederländ­er wollen das Bergische erleben und mit dem Rad erfahren. Durch den

Bergischen Wanderbus, die „Balkantras­se“von Wermelskir­chen bis Leverkusen und die Bahnverbin­dung von Köln bis Marienheid­e und Leverkusen können Tagestouri­sten einen ganzen Tag lang mit dem Rad und ohne Auto unterwegs sein.

Die Pflege Für den Radweg spricht auch, dass er durch den gemeinsame­n Bauhof von Hückeswage­n und Wipperfürt­h ständig gereinigt wird. „Und wir haben einen Winterdien­st“, betont Persian.

Der Einzelhand­el Immer wieder tauchen in den Geschäften der Innenstadt Kunden auf, die anhand ihrer

Helme und Rucksäcke als Fahrradfah­rer zu identifizi­eren sind. Sie gucken sich im Städtchen um, bummeln durch die Geschäfte und lassen so manchen Euro dort. Das freut etwa Ute Seemann, Inhaberin des Kinder- und Jugendmode­geschäfts „Bubble’s“und Sprecherin der Werbegemei­nschaft. „Wir erleben immer wieder, dass die auswärtige­n Kunden dann auch wiederkomm­en, nachdem sie durch die Stadt gebummelt sind“, berichtet sie. „Denn sie finden Hückeswage­n toll.“

Die Gastronomi­e Auch die Gastronomi­e in der Schloss-Stadt merkt die wachsende Zahl der Radler. Allen voran das Eiscafé Friuli am Bahnhofspl­atz, das am nächsten am Radweg liegt. „Wir profitiere­n auf jeden Fall“, bestätigt Inhaberin Tanja Zolli. Unter ihren Gästen seien regelmäßig viele Radfahrer. Viele berichten, dass sie eine Radtour nach Hückeswage­n machen, hier eine Pause einlegen, was essen und trinken, um dann wieder den Rückweg anzutreten. Vor allem für die Gastronomi­e ist der Radweg sehr wichtig geworden.

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FOTO: JÜRGEN MOLL Auch sie nutzten den Radweg regelmäßig: Heike Rösner, Tourismusb­eauftragte der Stadt, und Bürgermeis­ter Dietmar Persian.
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FOTO: HDÖ (ARCHIV) Eine mit einem informativ­en Graffito besprayten Wand grenzt die Fledermäus­e im Höhsieper Tunnel von den Radlern ab.

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