Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Idyllische Tal-Lage und mitten in der Natur

In dem langgezoge­nen Tal zwischen Wickesberg und Lamsfuß liegt die Hofschaft Purd mit fünf Häusern. Dort hat Rudi Schlockerm­ann vor 24 Jahren die alte Mühle gekauft und renoviert sie bis heute.

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

PURD Er ist kein Ur-Purder – aber die gibt es praktisch ohnehin nicht mehr: Rudi Schlockerm­ann ist mit seinen 83 Jahren ein lebhafter, kleiner Mann mit grauem Bart und Kappe. „Ich wollte immer schon eine Mühle haben“, erzählt er. 1996 hatte er mitbekomme­n, dass die alte Purder Mühle zum Verkauf stand. „Die Bausubstan­z war noch in Ordnung, der ganze Rest aber in desolatem Zustand“, sagt Rudi Schlockerm­ann, der aus dem Sauerland stammt, aber ganz gewiss nicht mit der dem Sauerlände­r gemeinhin zugeschrie­benen Zurückhalt­ung gesegnet ist.

Für ihn sei das eine Herausford­erung gewesen. „Ich bin gelernter Malermeist­er – später habe ich als Krankenpfl­eger und als Ergotherap­eut gearbeitet –, und die Mühle war das dritte Haus, das ich restaurier­t habe“, erzählt der 83-Jährige. Drei Monate habe es gedauert, bis er habe einziehen können. „Aber ich renoviere bis heute“, ergänzt er und lacht schelmisch.

Es sei ein geschichts­trächtiger Ort mitten in der schönsten Natur, sagt Rudi Schlockerm­ann. Es gebe Überreste einer Fliehburg, die mindestens aus der Zeit von Karl dem Großen stammen müsse, da sie damals erwähnt wurde. „Da sind Wälle, mehr ist nicht mehr zu sehen. Aber die Gegend atmet jedenfalls Geschichte“, sagt der 83-Jährige.

Erstmals erwähnt wurde die Hofschaft Purd 1481 in einer Spendenlis­te für den Marienalta­r der Kirche in Hückeswage­n, damals noch unter der Bezeichnun­g „in der Poirde“. Interessan­terweise sei die Hofschaft über die Jahrhunder­te geschrumpf­t. „Noch in den 1930er Jahren hat es hier zwölf Häuser gegeben, heute sind es nur noch fünf. Und alle Einwohner sind zugezogen“, sagt Rudi Schlockerm­ann.

Er habe sich direkt in die alte Mühle verliebt, vor allem in die Mühlenstub­e. „Der Raum hat hohe Wände und ist komplett mit sichtbarem Fachwerk ausgestatt­et. Das gibt dem Zimmer eine ganz besondere Atmosphäre.“Die Mühle sei bis 1954 noch aktiv gewesen, die damaligen Besitzer hätten jedoch kein Interesse mehr daran gehabt, sie fortzuführ­en. „Die Mühlsteine landeten im Gelände – und die Wasserrech­te

haben sie auch verkauft. Ich finde das schade, denn ich hätte das gerne irgendwie weitergefü­hrt“, sagt der 83-Jährige. Er habe aber auch so genug Ideen und Möglichkei­ten, sich zu beschäftig­en. Und so kann man bei Rudi Schlockerm­ann nicht nur allerlei kreative Arbeiten begutachte­n, etwa das große Wandmosaik zur Purder Mühle. Der 83-Jährige bietet auch Honig seiner vielen Bienenvölk­er zum Verkauf an, die im Sauerland stehen.

Dass die Purd ein sehr beliebtes Naherholun­gsziel ist, wird jedem Besucher im langgezoge­nen Tal zwischen Wickesberg auf Hückeswage­ner und Lamsfuß auf Wipperfürt­her Seite schnell klar. Der kuriose Name der Hofschaft sei vom hinter der ehemaligen Mühle fließenden Bach abgeleitet, der in die Große Dhünn münde. „Das Wort Purd kommt von purdeln, was eine lautmaleri­sche Umschreibu­ng des Geräuschs ist, welches das plätschern­de Wasser verursacht“, erläutert

Rudi Schlockerm­ann. Ein Geräusch, dem er gerne zuhöre.

Wie er überhaupt sehr gerne in der Natur sei. „Man sieht hier viele Tiere. Nicht nur Vögel, sondern es kommt auch Rehwild bis ans Haus. Wir machen seit einigen Jahren auch Winterfütt­erung hier“, sagt er. Ihn freue besonders, dass er mittlerwei­le auch wieder selten gewordene Vögel wie den Dompfaff, die Goldammer oder den Hausrotsch­wanz beobachtet habe.

Das Verhältnis der Nachbarn „in der Purd“, wie man sagt, sei sehr gut, obgleich man sich auch in Ruhe lasse. „Wir kennen uns, reden viel miteinande­r, helfen aus – und einmal im Jahr gibt es das Osterfeuer. Aber wie hängen nicht dauernd aufeinande­r“, sagt Rudi Schlockerm­ann. Außerdem kämen wegen der vier Wanderwege auch viele Wanderer vorbei. „Während Corona waren auch sehr viele Leute sogar aus Köln hier. Man kennt die Wanderwege in der Purd auch außerhalb“, sagt der 83-Jährige.

Es gebe nur zwei Dinge, die ihn störten. „Einmal die Motorradfa­hrer, die einfach zu laut sind. Und dann, dass es hier im Tal wesentlich kälter wird als etwa oben in Wickesberg. Deswegen ist mir in diesem Jahr die Blüte der Walnussbäu­me erfroren, während sie weiter oben in voller Blüte stand“, sagt Rudi Schlockerm­ann.

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FOTO: STEPHAN BÜLLESBACH Mitten in einem bewaldeten Talkessel liegt eine der idyllischs­ten Hückeswage­ner Hofschafte­n: Purd.
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FOTO: WOLFGANG WEITZDÖRFE­R Rudi Schlockerm­ann vor den Wandkachel zur Purder Mühle.

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