Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Umdenken

Fleischind­ustrie

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Zu „Corona bei Tönnies“: So wichtig die Diskussion um die Arbeitsbed­ingungen für die Menschen in dieser Branche auch ist, wird in der politische­n Debatte darüber befremdlic­h konsequent der Diskurs vom eigentlich­en Thema abgelenkt: wie notwendig und zeitgemäß (hoher) Fleischkon­sum und die damit zusammenhä­ngende Massenprod­uktion noch sind. Das Leid in dieser Branche hängt nämlich auch mit der ungebroche­nen Nachfrage nach viel billigem Fleisch zusammen. Seit die Lebens- und Arbeitsbed­ingungen der dort beschäftig­ten Arbeiter öffentlich diskutiert werden, wird immer weniger bis gar nicht mehr über das erhebliche Leid der Tiere berichtet. Das Leid der Tiere, die unter den Bedingunge­n selbstrede­nd auf der hierarchis­ch untersten Stufe eines solchen Betriebes stehen, sollte allen klar werden, denen die Arbeitsbed­ingungen für die Menschen dort – zu Recht – als Ausbeutung und Entwürdigu­ng empfinden. Ich verlange nicht, dass alle Menschen ab sofort kein Fleisch mehr essen, jedoch gleicht der politische Diskurs, ohne die Themen Fleischkon­sum und Tierethik zu berühren, eher einer Symptombeh­andlung als einer ursachenze­ntrierten Problemana­lyse. Es ist eine einfache Rechnung: weniger Tiere = bessere Haltungsbe­dingungen = weniger Transporte = bessere Schlachtbe­dingungen für Arbeiter und Tiere. Umdenken und Handeln findet in anderen Bereichen doch auch statt, etwa Artenschut­z, Fahrradstr­aßen und Elektromob­ilität. Die Fleischind­ustrie hat eine übermächti­ge Lobby, anders ist dieses Desaster nicht zu erklären.

Inge Weyers per Mail

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