Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Liebesgedichte für Ritter und Könige
Er war witzig, sprachgewandt und immer für eine Überraschung gut: Walther von der Vogelweide. Dieser Dichter wurde vor 850 Jahren geboren.
Er arbeitete an den Höfen mächtiger Fürsten und Herzöge. Und am Ende stand er sogar im Dienst eines Königs. Walther von der Vogelweide war schon zu seiner Zeit so etwas wie ein Popstar. Herrscher, die etwas auf sich hielten, holten den berühmten Dichter an ihren Hof und ließen ihn für sich singen. Gelebt hat Walther von der Vogelweide vor etwa 800 Jahren. Puh, das ist schon lange her, trotzdem kennen heute noch viele Menschen seinen Namen. Das liegt daran, dass Walther von der Vogelweide der wohl berühmteste Dichter des Mittelalters ist. „Walther war ein echter Sprachkünstler. Er war gebildet und geistreich, spitzfindig und witzig – und seine Gedichte haben sich nie wiederholt“, erklärt die Literaturforscherin Ricarda Bauschke, was an ihm so herausragend war. Ähnlich wie andere Dichter zog auch Walther von der Vogelweide von Hof zu Hof. Einmal zum Beispiel war er beim Landgrafen
von Thüringen zu Gast. Doch so richtig toll scheint es dort nicht gelaufen zu sein. Die betrunkenen Ritter hätten einen Heidenlärm gemacht und keiner habe ihm zuhören wollen, beschwerte sich der Dichter. Schade eigentlich, denn er war unter anderem für seinen Minnesang berühmt.
„Minne“ist ein altes Wort für Liebe. Walther schrieb also Liebesgedichte! „Die wurden aber nicht vorgelesen, sondern immer gesungen“, erzählt die Expertin. Sehr häufig ging es in diesen Liedern um dasselbe: Ein Ritter himmelt ein edles Fräulein an. Doch seine Liebe ist aussichtslos, denn die Dame ist von höherem Stand und deshalb unerreichbar. Dem Ritter macht das aber nichts. Er erwartet nicht mal, dass seine Liebe erwidert werden könnte. „Walther hat sich über dieses starre Muster hinweggesetzt. Für ihn war die Liebe etwas Gegenseitiges“, erklärt die Expertin. Walther von der Vogelweide ist auch deshalb bis heute berühmt, weil man über sein Leben recht viel weiß. „Von vielen mittelalterlichen Dichtern wissen wir nicht einmal den Namen“, sagt Ricarda Bauschke. Bei Walther ist das anders. Von ihm gibt es sogar ein historisches Zeugnis: eine Rechnung des Bischofs von Passau. Auf der steht, dass er dem Sänger fünf Geldstücke gegeben hat. dpa