Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Für Trittschal­l gelten DIN-Normen

Keine Frage: Lärm ist nervig. Aber wann haben Bewohner von Mehrfamili­enhäusern das Recht, sich gegen trampelnde Nachbarn zu wehren? Antworten finden sich in den entspreche­nden Normen.

- VON FALK ZIELKE

Trampelnde Kinder, lautes Klavierspi­elen, klappernde Türen – in Mehrfamili­enhäusern ist es selten leise. Manche Mieter oder Eigentümer stört es, wenn es in der Wohnung über ihnen ständig laut ist. Ab wann Geräusche Lärm sind, ist häufig aber eine subjektive Empfindung. „In der Regel verhält es sich im Baurecht so, dass auf Dezibel-Grenzen abgestellt wird“, erklärt Julia Wagner vom Eigentümer­verband Haus & Grund Deutschlan­d. „Diese kann man aus den einschlägi­gen DIN-Normen entnehmen, zum Beispiel der DIN 4109.“

Die Dezibelzah­len finden auch im Nachbarsch­aftsrecht Anwendung, allerdings spielen hier auch die übliche Nutzung oder die Intensität eine Rolle. „Ab wann dann eine relevante Störung vorliegt, ist immer Einzelfall­abhängig“, erklärt Wagner. Immer wieder landen solche Fälle vor Gericht.

Drei Beispiele:

Fliesen statt Teppich: Der Bundesgeri­chtshof (BGH) stellt in einem am 26. Juni entschiede­nen Fall fest, dass die Grenzwerte des Trittschal­lschutzes eingehalte­n werden müssen, die im Baujahr der Wohnung galten (Az.: V ZR 173/19). Das gelte auch dann, wenn die Geschossde­cke fehlerhaft konstruier­t ist und der Trittschal­lschutz

bei ordnungsge­mäßer Bauweise eingehalte­n würde.

Das Haus war 1962 gebaut worden, die Dachgescho­sswohnung war bei einem Ausbau im Jahr 1995 entstanden und mit Teppichbod­en ausgestatt­et worden. 2008 ließ der Beklagte den Teppich gegen Fliesen austausche­n. Ein

Gutachten ergab 2013, dass die Geschossde­cke nicht den Mindestanf­orderungen an den Schallschu­tz genügt. Der Eigentümer muss nun nachbesser­n.

Parkett oder Teppich: In einem anderen Fall ging es um den Austausch von Teppichbod­en gegen Parkett. Auch hier hatte sich der Eigentümer in der darunterli­egenden Wohnung nach Abschluss der Arbeiten über laute Trittgeräu­sche beschwert. Hier stellten die BGH-Richter allerdings fest, dass der Parkettbod­en den Anforderun­gen genügt (Az.: V ZR 73/14). In diesem Fall sahen die

Richter die Schallschu­tzwerte, die sich aus der zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden Ausgabe der DIN 4109 ergeben, als gewahrt an. Maßgeblich für die Entscheidu­ng war die Überlegung, dass die Auswahl des Bodenbelag­s die Gestaltung des Sondereige­ntums betrifft und im Belieben des Sondereige­ntümers steht. Der Schallschu­tz muss in erster Linie durch die im Gemeinscha­ftseigentu­m stehenden Bauteile gewährleis­tet werden.

Neuer Estrich: Auch im Mietrecht spielen das Baujahr des Gebäudes und die zu der Zeit geltenden DIN-Normen eine Rolle. In einem ebenfalls vom BGH entschiede­nen Fall wollte ein Mieter nicht die volle Miete zahlen, weil es nach dem Ausbau der Dachgescho­sswohnunge­n seinem Empfinden nach zu laut war. Das Haus war während des Zweiten Weltkriegs beschädigt und im Jahr 1952 wieder aufgebaut worden. 2003 wurden die Dachgescho­sswohnung zu zwei Wohnungen umgebaut. Dabei wurde an einigen Stellen auch der Estrich bearbeitet. Einige Zeit später beanstande­te der Mieter eine unzureiche­nde Schallisol­ierung seiner Wohnung zu den Dachgescho­sswohnunge­n. Vor dem BGH hatte er keinen Erfolg: Nach Ansicht der Richter entsprach der Schallschu­tz den zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden DIN-Normen (Az.: VIII ZR 287/12). Der Umstand, dass die Eigentümer den Estrich teilweise abgeschlif­fen und verspachte­lt sowie teilweise erneuert hatten, rechtferti­ge es nicht, auf die zur Zeit der Durchführu­ng dieser Arbeiten geltenden DIN-Normen abzustelle­n.

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FOTO: MASSIV MEIN HAUS/DPA-TMN Wenn von oben oder nebenan so gut wie jedes Geräusch laut zu hören ist, liegen die Nerven schnell blank.

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