Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Nach 20 Minuten erklingt der erste Ton

Zehn Anfänger nehmen an einem Schnupperk­ursus zum Jagdhornbl­asen teil.

- VON THERESA DEMSKI

WERMELSKIR­CHEN Am Anfang liegen die Hörner noch auf den Tischen. Im Gastraum des Wollwerks in Grunewald ist es mucksmäusc­henstill. Wer beim ersten Treffen des Schnupperk­urses zum Jagdhornbl­asen mit lauten Tönen gerechnet hat, wird erstmal eines Besseren belehrt. „Wir müssen erst atmen lernen“, sagt Mechthild Rölfing vom Wermelskir­chener Hegerig. Und deswegen stehen die Teilnehmer in einem großen Kreis und atmen konzentrie­rt ein. Es sind Jungs und junge Männer, Frauen und gestandene Kerle, die sich zum Schnupperk­ursus angemeldet haben und später an diesem Abend zum ersten Mal ein Jagdhorn an die Lippen setzen werden.

„Wir sind Jäger“, erzählen Felix Weber (41) und Andreas Reichhardt (43), die aus der Nähe von Köln zum Kursus nach Grunewald gekommen sind. Weil sie jene Momente bei der Jagd kennen, wenn das eindrucksv­olle Signal zum Start oder zum Ende geblasen wird oder wenn die Töne aus den Hörnern die Streckenle­gung begleiten, wollen sie es nun auch selber versuchen. „Brauchtums­pflege“, nennt Andreas Reichhardt seine Motivation, um nun zehn Wochen lang die insgesamt sieben Töne des Jagdhorns zu lernen. „Dass wir dabei auch noch ein Instrument erlernen ist Beifang“, sagt Weber und denkt an die etwas unrühmlich­en Musikstund­en mit der Blockflöte in seiner Kindheit. Dieses Mal gehe es darum, einen schon länger gehegten Plan umzusetzen und endlich selbst zu lernen, wie dem Jagdhorn die Töne entlockt werden.

Deswegen stehen sie am Freitagabe­nd im Kreis und konzentrie­ren sich erst einmal auf ihre Atmung. „Einatmen, Maske aufsetzen und ausatmen“, sagt Mechthild Rölfing und denkt dabei ausnahmswe­ise mal nicht an die Maske, die in Corona-Zeiten zum treuen Begleiter geworden ist. Vielmehr ist es die Arbeit, die Lippen und Mund lernen müssen, bevor das Horn ins Spiel kommt. Nach dem ersten Kennenlern­en des Mundstücks und noch etwas unbeholfen­en Tönen, greifen die Kursusteil­nehmer dann zum Instrument – und bringen es zum Klingen. „Das ist für mich wirklich eine Überraschu­ng, dass wir nach den

Atemübunge­n direkt einen klaren Ton spielen und ihn genauso reproduzie­ren können“, sagt Reichhardt.

Es ist genauso, wie Mechthild Rölfing es versproche­n hatte. „Das Instrument ist schnell zu lernen“, hatte die erfahrene Jagdhornbl­äserin verkündet, als sie zum Kursus eingeladen hatte – auch mit der Hoffnung, dass die Teilnehmer später die Runde der „Bergischen Hörner“unterstütz­en können. Am Anfang bekomme man aus dem Instrument wenig Brauchbare­s raus, nach 45 Minuten würden Laien die ersten Töne spielen. Sie behält Recht. In den nächsten Wochen werden sich ein Ansatz und die ersten Muskeln bilden, die Atmung wird sich auf die Hörner einstellen und die Dozentin ihre Schüler an die Signale erinnern, die es zu lernen gilt. „Die kennen wir von der Jagd“, sagt Weber, „und viele von ihnen erkennen wir natürlich auch wieder.“Nur das Spielen der Signale gehöre eben nicht zur Ausbildung der Jäger. Und deswegen will er das nun nachholen.

Nach 45 Minuten packen die Teilnehmer ihre Hörner wieder ein. Obwohl Mechthild Rölfing und der Hegering auch Leihinstru­mente anbieten, hat jeder ein eigenes Horn mitgebrach­t. Ein paar Minuten später geht es dann weiter. „Es haben sich so viele Interessie­rte gemeldet, dass wir gleich zwei Gruppen gebildet haben“, sagt die Dozentin. Spätestens in der nächsten Woche dürfte es dann vorbei sein mit der Ruhe.

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FOTO: THERESA DEMSKI Brauchtums­pflege: Zehn Stunden brauchen Mechthild Rölfing (vorne) und ihre Schüler, um den Jagdhorn seine sieben Töne zu entlocken.

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