Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Endspurt auf der Dauerbaustelle
An der Grundschule Hasten wird immer noch gewerkelt. Schulleiterin erwartet nach den Ferien ein rollierendes System.
HASTEN Es wird für Claudia Becker ein ungewöhnlicher Sommer. Camping in Deutschland, das kannte die Hastener Schulleiterin im Urlaub bislang nicht. In jedem Fall gilt für sie: rauskommen, durchatmen tut nach einem beispiellosen Schuljahr gut. Denn die Grundschule an der Moltkestraße war gleich zwei Belastungsproben ausgesetzt. Neben den Folgen der Pandemie war sie fast ein Jahr Baustelle. Zu Beginn der Ferien sind immer noch Handwerker im alten Hauptgebäude. In den Fluren verrichtet der Maler seine Arbeit.
Das NRW-Programm „Gute Schule 2020“bescherte der GGS neue Toiletten, Elektrik, Brandschutzmaßnahmen. Alle Klassen wurden frisch rausgeputzt. Die einzige, die fehlt, ist die zukünftige 2 b – deren Unterrichtsraum soll bis 12. August fertig sein. Ob das Treppenhaus bis dahin gestrichen sein wird, ist offen. Mittlerweile ist die Sanierung gut vorangekommen, wenngleich der Schulleiterin zwischendurch der Kragen platzte. Als bei der Maßnahme, die sich ohnehin quälend zog, ein Drittel des Geldes gekürzt werden sollte, wurde sie laut: „So geht’s nicht.“Der Protest des zwölfköpfigen Kollegiums fruchtete.
Corona half, die Arbeiten voranzutreiben. Denn nach dem 16. März wurde die Notbetreuung in den
OGS-Bereich verlegt, so dass die Handwerker im leeren Hauptgebäude alle Freiheiten hatten.
„Ich bin der Typ Mensch, für den das Glas immer halb voll ist“, sagt die Schulleiterin. Deshalb sieht sie sich auch in ihrer Analyse nach drei Monaten Homeschooling in einem entscheidenden Punkt bestätigt: „Die Zeit hat bewiesen, wie gut die Kommunikationsstrukturen im Kollegium, aber auch mit den Eltern und der Schulpflegschaft um die Vorsitzende Nina Fach sind. Hätten wir diese nicht schon vorher gehabt, wäre vieles deutlich schwieriger geworden.“Die Eltern seien sehr kooperativ gewesen, lobt Becker. Per E-Mail, WhatsApp oder Padlet (virtuelles Klassenzimmer für Grundschüler) seien Eltern und Kinder stets gut über die sich ständig veränderte Sachlage informiert gewesen. Kritik übt Claudia Becker an der Informationslage im Offenen Ganztag. „Man konnte den Eindruck gewinnen, die OGGS sei vom Land vergessen worden.“
Mit ihren 49 Jahren ist die Solingerin die Älteste in einem jungen
Kollegium, das unterschiedlich mit der Stoffvermittlung für die 224 Kinder umging. Die einen setzten mehr auf ausgedruckte Wochenpläne, die daheim vorbeigebracht wurden, die anderen spielten die Online-Klaviatur. Dabei zeigte sich ein Defizit: „Gerade in Mathe gibt es für die Grundschule wenig Material“, meint Claudia Becker. Was sie nicht als schlimm empfand: „Denn es war bei dieser gewaltigen Umstellung anfangs wichtiger, dass Eltern für ihre Kinder da sind, deren Ängste auffangen. Auf eine Mathe-Aufgabe
mehr oder weniger kam es nicht an.“Bestätigt sieht sie sich darin in den Rückmeldungen, die später von den Kindern kamen. Oft hörte sie: „Mama und Papa hatten viel mehr Zeit für uns.“Einigen hätte der Lockdown lerntechnisch gut getan, weil sie zu Hause in Ruhe arbeiten konnten, andere wiederum hätten Defizite nach ihrer Rückkehr auf die Schulbank gehabt, stellt Becker fest.
Froh waren am Ende alle, wieder „live“in der Klasse zu sein. Auch die Pädagogen. „Es hat das gefehlt, warum wir diesen Beruf ergriffen haben: die Interaktion mit den Kindern.“Claudia Becker musste sich nach der Wiederöffnung beim Präsenzunterricht zügeln, nicht auf ihre Schüler zuzugehen, sondern frontal zu unterrichten. „Ich habe mich wie ein Uni-Dozent für Kinder gefühlt.“
Für die Zeit nach den Ferien sieht sich das Kollegium um Claudia Becker und Konrektorin Silke Calfa gerüstet. „Wir sind auf ein rollierendes System vorbereitet.“Ob die Schüler im Wochenwechsel kommen oder im 2/3-Tage-Rhythmus, die Pläne liegen in der Schublade. Wobei Becker glaubt, dass das Land alles daran setzen wird, Vollunterricht zu ermöglichen. Dass Corona noch lange das Leben einschränken wird, steht für sie außer Frage. Mit Folgen für die Kinder: „Ich sehe große Probleme durch die fehlenden Körperkontakte.“