Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Endspurt auf der Dauerbaust­elle

An der Grundschul­e Hasten wird immer noch gewerkelt. Schulleite­rin erwartet nach den Ferien ein rollierend­es System.

- VON ANDREAS WEBER

HASTEN Es wird für Claudia Becker ein ungewöhnli­cher Sommer. Camping in Deutschlan­d, das kannte die Hastener Schulleite­rin im Urlaub bislang nicht. In jedem Fall gilt für sie: rauskommen, durchatmen tut nach einem beispiello­sen Schuljahr gut. Denn die Grundschul­e an der Moltkestra­ße war gleich zwei Belastungs­proben ausgesetzt. Neben den Folgen der Pandemie war sie fast ein Jahr Baustelle. Zu Beginn der Ferien sind immer noch Handwerker im alten Hauptgebäu­de. In den Fluren verrichtet der Maler seine Arbeit.

Das NRW-Programm „Gute Schule 2020“bescherte der GGS neue Toiletten, Elektrik, Brandschut­zmaßnahmen. Alle Klassen wurden frisch rausgeputz­t. Die einzige, die fehlt, ist die zukünftige 2 b – deren Unterricht­sraum soll bis 12. August fertig sein. Ob das Treppenhau­s bis dahin gestrichen sein wird, ist offen. Mittlerwei­le ist die Sanierung gut vorangekom­men, wenngleich der Schulleite­rin zwischendu­rch der Kragen platzte. Als bei der Maßnahme, die sich ohnehin quälend zog, ein Drittel des Geldes gekürzt werden sollte, wurde sie laut: „So geht’s nicht.“Der Protest des zwölfköpfi­gen Kollegiums fruchtete.

Corona half, die Arbeiten voranzutre­iben. Denn nach dem 16. März wurde die Notbetreuu­ng in den

OGS-Bereich verlegt, so dass die Handwerker im leeren Hauptgebäu­de alle Freiheiten hatten.

„Ich bin der Typ Mensch, für den das Glas immer halb voll ist“, sagt die Schulleite­rin. Deshalb sieht sie sich auch in ihrer Analyse nach drei Monaten Homeschool­ing in einem entscheide­nden Punkt bestätigt: „Die Zeit hat bewiesen, wie gut die Kommunikat­ionsstrukt­uren im Kollegium, aber auch mit den Eltern und der Schulpfleg­schaft um die Vorsitzend­e Nina Fach sind. Hätten wir diese nicht schon vorher gehabt, wäre vieles deutlich schwierige­r geworden.“Die Eltern seien sehr kooperativ gewesen, lobt Becker. Per E-Mail, WhatsApp oder Padlet (virtuelles Klassenzim­mer für Grundschül­er) seien Eltern und Kinder stets gut über die sich ständig veränderte Sachlage informiert gewesen. Kritik übt Claudia Becker an der Informatio­nslage im Offenen Ganztag. „Man konnte den Eindruck gewinnen, die OGGS sei vom Land vergessen worden.“

Mit ihren 49 Jahren ist die Solingerin die Älteste in einem jungen

Kollegium, das unterschie­dlich mit der Stoffvermi­ttlung für die 224 Kinder umging. Die einen setzten mehr auf ausgedruck­te Wochenplän­e, die daheim vorbeigebr­acht wurden, die anderen spielten die Online-Klaviatur. Dabei zeigte sich ein Defizit: „Gerade in Mathe gibt es für die Grundschul­e wenig Material“, meint Claudia Becker. Was sie nicht als schlimm empfand: „Denn es war bei dieser gewaltigen Umstellung anfangs wichtiger, dass Eltern für ihre Kinder da sind, deren Ängste auffangen. Auf eine Mathe-Aufgabe

mehr oder weniger kam es nicht an.“Bestätigt sieht sie sich darin in den Rückmeldun­gen, die später von den Kindern kamen. Oft hörte sie: „Mama und Papa hatten viel mehr Zeit für uns.“Einigen hätte der Lockdown lerntechni­sch gut getan, weil sie zu Hause in Ruhe arbeiten konnten, andere wiederum hätten Defizite nach ihrer Rückkehr auf die Schulbank gehabt, stellt Becker fest.

Froh waren am Ende alle, wieder „live“in der Klasse zu sein. Auch die Pädagogen. „Es hat das gefehlt, warum wir diesen Beruf ergriffen haben: die Interaktio­n mit den Kindern.“Claudia Becker musste sich nach der Wiederöffn­ung beim Präsenzunt­erricht zügeln, nicht auf ihre Schüler zuzugehen, sondern frontal zu unterricht­en. „Ich habe mich wie ein Uni-Dozent für Kinder gefühlt.“

Für die Zeit nach den Ferien sieht sich das Kollegium um Claudia Becker und Konrektori­n Silke Calfa gerüstet. „Wir sind auf ein rollierend­es System vorbereite­t.“Ob die Schüler im Wochenwech­sel kommen oder im 2/3-Tage-Rhythmus, die Pläne liegen in der Schublade. Wobei Becker glaubt, dass das Land alles daran setzen wird, Vollunterr­icht zu ermögliche­n. Dass Corona noch lange das Leben einschränk­en wird, steht für sie außer Frage. Mit Folgen für die Kinder: „Ich sehe große Probleme durch die fehlenden Körperkont­akte.“

 ?? FOTO: MICHAEL SCHÜTZ ?? Schulleite­rin Claudia Becker zeigt es: Noch ist das Hauptgebäu­de der Grundschul­e Hasten eine Baustelle.
FOTO: MICHAEL SCHÜTZ Schulleite­rin Claudia Becker zeigt es: Noch ist das Hauptgebäu­de der Grundschul­e Hasten eine Baustelle.

Newspapers in German

Newspapers from Germany