Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Nicht alles geht später noch
Großeltern haben viel zu erzählen. Verpasst es nicht, ihnen zuzuhören!
Als letzt geborenes Enkelkind mit großem Abstand zu den älteren Geschwistern hatte ich dasd ist an zier teste Verhältnis zu meiner Oma und meinem Opa. Nie habe ich dort alleine übernachtet, nie mit ihnen telefoniert.Nur mit meiner großen Schwester zusammen war ich bereit, bei meinen Großeltern zu schlafen.
Eine wirkliche Nähe stellte sich nie ein. Dabei waren beide liebe, warmherzige und großzügige Menschen. Mein Opa ward er stille Part, der das Gespräch lieber beobachtete. Meine Oma dagegen war quirlig und lebendig, immer in Bewegung. Sie sprach mit diesem unverwechselbaren Dialekt: einer Mischung aus Sächsisch aus ihrer erzgebirgischen Heimat und Plattdeutsch, das sie in Schleswig-Holstein von meinem Opa gelernt hatte. Wenn wir bei ihnen zur Tür hereinkamen, sagte sie: „Na, min Deern“, und ließ uns stundenlang Märchen filme auf dem Wohnzimmerteppich sitzend ansehen.
Während meine Geschwister in den folgenden Jahren einfach mal spontan bei meinen Großeltern vorbeifuhren, hatte ich selbst das immer auf später geschoben. Irgendwann würde ich erwachsen sein, mit meinem eigenen Auto hinfahren und Kuchen mitbringen. Leider kam es nie dazu. Mein Opa starb relativ plötzlich und ließ meine Oma verwirrt zurück.
Als wir das Haus meiner Großeltern ausräumten, fiel mir ein Buch in die Hände, indem eine„ Bund Deutscher Mädel “- Führerin von ihrer Verehrung für den Nationalsozialismus und ihrer Abkehr davon berichtete. Ich wusste, dass meine Oma auch beim BDM gewesen war, doch wie sie diese Zeit erlebt, was sie damals gefühlt und gedacht, ob sie bei Fahrten und Aktionen mitgemacht hatte, dies alles wusste ich nicht. Und bereute es nun.
Heute denk eich oft an sie und vermisse ihr Lachen und die spießig gemütliche Behaglichkeit ihres Hauses. Vieles würde ich sie gerne noch fragen, doch dafür ist es nun zu spät.