Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Steiniger Weg ans schnelle Netz

Seit beinahe zehn Jahren läuft das Projekt, die Rhewum GmbH ans schnelle Internet anzuschlie­ßen. Nun gibt es endlich eine Lösung.

- VON MANUEL BÖHNKE

REMSCHEID Eine handgeschr­iebene Auflistung liegt vor Carsten Spratte. „Das ist die Chronologi­e der Versuche, die Firma ans schnelle Netz zu bekommen“, sagt der Mitarbeite­r der Rhewum GmbH. Seit beinahe zehn Jahren läuft das Projekt. Doch wegen der ungünstige­n Lage des Unternehme­ns in Lüttringha­usen sind alle Vorstöße gescheiter­t – bislang. Nun zeichnet sich allerdings eine Lösung ab, die den Siebmaschi­nenherstel­ler infrastruk­turell in die Gegenwart befördern würde.

Das Firmengelä­nde an der Rosentalst­raße macht einen modernen Eindruck. 2019 wurde das Hauptgebäu­de saniert. Ein Verwaltung­sbau sowie das Technikum entstanden bereits 2018 neu, berichtet Kira Pelz. Sie ist bei Rhewum für das Marketing verantwort­lich. Nicht auf der Höhe der Zeit sind allerdings die Kupferkabe­l, die das Unternehme­n mit Internet versorgen. Die Geschwindi­gkeit liegt Spratte zufolge bei 10 Megabit pro Sekunde in Upund Download. Bis 2015 waren in beide Richtung nur zwei Megabit möglich.

„Beide Werte sind für ein produziere­ndes, Gewerbeste­uer zahlendes Unternehme­n im Jahr 2020 nicht mehr tragbar“, betont Carsten Spratte. Das haben die Rhewum-Verantwort­lichen nicht zuletzt während der Corona-Krise bemerkt, wenn das Bild bei Video-Konferenze­n ruckelte. Auch unabhängig von den pandemiebe­dingten Einschränk­ungen läuft die Auftragsab­wicklung mit internatio­nalen Kunden heutzutage online. Große Datenpaket­e, etwa mit Konstrukti­onsplänen, werden verschickt. Und das dauert bei Rhewum. „Die Zeit haben wir nicht“, betont Spratte. Kira Pelz ergänzt: „Wir sind mächtig eingeschrä­nkt.“

Das Problem ist nicht neu. Dementspre­chend lange läuft die Suche nach einer Lösung. „Bisher war es immer so: Es gab Kontakt zu einem Internetan­bieter, sie wollten uns anschließe­n, bis rauskam, dass die Kosten dafür zu hoch sind“, sagt Spratte. Neunmal sei das der Fall gewesen. Die Anbieter wollten den Anschluss nicht übernehmen, auch Rhewum waren die Ausgaben von knapp 85.000 Euro zu hoch. Ein weiteres Problem waren behördlich­e Auflagen, weil die Leitung die Bahnlinie

unterquere­n muss. Im Laufe des Prozesses bat das Unternehme­n laut eigenen Aussagen die Verwaltung­sspitze mehrfach um Hilfe, eruierte, ob man bestehende Leerrohre oder den Anschluss der benachbart­en Firma Dirostahl nutzen könnte – ohne Erfolg. „Das war schon frustriere­nd. Überall wird vom Breitbanda­usbau berichtet, aber hier, mitten in der bergischen Industrier­egion, kommt man einfach nicht weiter. Man fühlt sich von der Politik vergessen“, blickt Spratte zurück.

Nach fast zehn Jahren hat nun dem 46-Jährigen zufolge 1&1 Versatel eine für beide Seiten akzeptable Lösung gefunden, Rhewum ans schnelle Netz anzuschlie­ßen. Zum Jahresende sollen den rund 120 Mitarbeite­rn bis zu 1000 Megabit pro Sekunde zur Verfügung stehen. „Das erleichter­t uns die Kommunikat­ion mit unseren Vertriebsb­üros in den USA und Indien deutlich“, sagt Spratte. Auch die Zusammenar­beit mit Kunden wird verbessert. Unterlagen, Daten oder Erklärvide­os erreichen zukünftig deutlich schneller ihr Ziel.

Das könnte Christian Marré zufolge demnächst auch bei bis zu 729 anderen Betrieben in Remscheid der Fall sein. Sie gelten als unterverso­rgt. 23 Millionen Euro stellen Bund, Land und Telekom bereit, um diese „weißen Flecken“verschwind­en zu lassen. Die Förderrich­tlinien sind bei der Firma Rhewum dem städtische­n Gigabitkoo­rdinator zufolge auf dem Papier nicht erfüllt. Anders ist das bei 6294 Haushalten, 37 Schulen und 26 sonstigen Institutio­nen. Sie profitiere­n vom Programm zum Breitbanda­usbau. Voraussetz­ung ist, dass die Eigentümer dem Anschluss ihrer Immobilie ans schnelle Netz zustimmen. Die Bauphase hat inzwischen begonnen. Mit der Walter-Hartmann-Grundschul­e, der Grundschul­e Eisernstei­n sowie dem Leibniz-Gymnasium fanden die ersten Arbeiten an Remscheide­r Schulen statt.

Bis Mitte 2022 läuft das Projekt der Telekom in Remscheid. Christian Marré zufolge stehen weitere Vorstöße für Gewerbegeb­iete und „graue Flecken“, Haushalte ohne gigabitfäh­iges Netz, quasi in den Startlöche­rn. Deshalb empfiehlt er Firmen, die mit ihrer Anbindung unzufriede­n sind, mit der Stadt in Kontakt zu bleiben. Die Rhewum GmbH hat das Problem auf eigene Faust gelöst. „Wir sind guter Dinge, dass es hoffentlic­h beim zehnten Anlauf endlich gelingt“, sagt Kira Pelz: „So weit waren wir noch nie.“

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FOTO: ROLAND KEUSCH Kira Pelz hofft, dass die Zeit des langsamen Internets bei der Rhewum GmbH zum Jahresende vorbei ist.

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